
Elf Jahre lang - seit dem Produktionsstopp des ersten NSX - gab es immer nur Gerüchte von Fans sowie Konzeptautos von Honda. Jetzt kommt der NSX wirklich zurück. Fahrbericht.
Elf Jahre lang - seit dem Produktionsstopp des ersten NSX - gab es immer nur Gerüchte von Fans sowie Konzeptautos von Honda. Jetzt kommt der NSX wirklich zurück. Fahrbericht.
Stolz ist man auf den NSX. Das hört man bei der Präsentation im kalifornischen Palm Springs häufiger als jede andere Bemerkung.
Stolz, endlich einen Nachfolger des 1989 vorgestellten Vorgängers bauen zu dürfen, mit dem Honda damals versuchte, in der Welt der Sportwagen Fuß zu fassen.
Das Konzept des legendären Vorgängers wurde in das 21. Jahrhundert gehievt - mit radikalen Änderungen beim Antriebskonzept.
Der NSX wird von insgesamt vier Motoren befeuert. Dem komplett neu entwickelten 3,5-Liter-Biturbo-V6 mit alles andere als bescheidenen 507 PS, helfen zusätzlich noch drei Elektromotoren auf die Sprünge.
Der erste sitzt direkt an der Kurbelwelle und hilft dem Verbrenner mit seinen 35 kW und 148 Nm Drehmoment von 500 bis 2.000/min über das Turboloch hinweg. Die anderen beiden sitzen an der Vorderachse und machen den NSX somit zum Allradler.
Auch wenn die Entwickler immer wieder betonen, wie viele Runden sie mit dem Auto auf der Nordschleife für die Abstimmung verbracht haben, ist klar: Für die Entwicklung wurde – wie einst beim Vorgänger – großer Wert auf Alltagsnutzen und Komfort gelegt.
Das soll aber nicht heißen, dass der NSX nicht zur sportlichen Gangart einlädt. Deshalb: ab auf die Strecke!
Mit dem Track-Modus wird die serienmäßige Launch Control freigeschaltet, welche die Passagiere des Zweisitzers beim Kavalierstart mit den ganzen 581 PS Systemleistung und den 698 Nm Drehmoment tief ins straffe Polster der Sportsitze drückt.
Die Gasannahme per Drive-by-Wire zeigt sich erfreulicherweise sehr natürlich, nichts zu spüren von den vielen Tausend Zeilen Code, die für das harmonische Zusammenspiel der vier Motoren verantwortlich sind.
Das Interieur im NSX beherrscht den Spagat zwischen Alltagstauglichkeit, Luxus und Sportlichkeit ebenfalls perfekt.
Auch das Interieur versprüht mit reichlich Leder, Carbon und allerlei technische Raffinessen den High-Tech-Charme des NSX.
Mit dem großen Drehregler in der Mittelkonsole lassen sich vier unterschiedliche Fahrmodi wählen: Sport“, „Sport+“, „Track“ und „ Quiet“. Letzterer lässt den Japaner je nach Akkustand sogar beinahe lautlos und einige hundert Meter rein elektrisch dahinrollen.
Die gut ausgeformten Sportsitze taugen für Track und Boulevard.
„Besonders aufwendig war die Entwicklung von Aerodynamik und Kühlung“, sagt Chefkonstrukteur Ted Klaus. „Wir mussten zehn Kühler für Motoren, Batterien und andere hitzeempfindliche Teile unterbringen.
Es gibt am Auto viele kleine und große, teils gut versteckte Öffnungen in der Karosserie. Die frei stehende C-Säule leitet die Luft direkt zum Heckspoiler. Die Türgriffe sind in die Türen eingelassen – wie schon beim ersten NSX.
Dass diese Anstrengungen nicht umsonst waren, zeigt spätestens die Hörprobe. Die Dynamic Modes regeln auch die Klangstärke des V6. Anstatt synthetische Sounds aus dem Lautsprecher zu verbreiten, wird dazu eine Klappe im Ansaugrohr geöffnet, die mit dem Innenraum verbunden ist.
Die Bremsen mit optionalen Carbon-Keramik-Scheiben packen in Verbindung mit den Brembo-Vierkolben-Blöcken fein dosierbar zu.
Unterstützt wird das durch die beiden unabhängigen Frontmotoren, die unterschiedliche Drehmomente an die Vorderräder übertragen und den NSX durch Drehmomentverlagerung (Torque Vectoring) in die Kurve hineinziehen.
„Wir wollten kein Biest erschaffen, sondern uns auf die Werte des Vorgängers besinnen“, erklären uns die Honda Jungs. So brüllt der Motor beim Start nicht die ganze Nachbarschaft zusammen.
Ob der NSX deshalb langweilig ist? Keineswegs. Denn wie schon sein Vorgänger in den guten alten Zeiten spricht auch der neue NSX vor allem Technikfans mit Hang zum Understatement an.
Der erste NSX, den übrigens der dreimalige Formel-1-Weltmeister Ayrton Senna Anfang der 90er-Jahre als Dienstwagen fuhr, mischte damals die Sportwagenszene ebenfalls gehörig auf.
Statt rein auf Kraft zu setzen, machte das Gesamtpaket aus hochdrehendem V6 und damaliger High-End-Technik den besonderen Reiz des ersten NSX aus.
Und auch der neue NSX verfolgt ein solches Konzept. Er ist schlicht anders, als andere Sportwagen. Das gibt ihm aber genau jenen Charakter, der den NSX nun zum zweiten Mal einzigartig macht.
Er baut auf technische Raffinesse, wo andere bereits posieren, überzeugt mit solider Verlässlichkeit, wo andere bereits auf Dramatik setzen. Und wer ab und an doch mehr will, wechselt einfach in den Track-Modus.