Steht Mercedes bald ohne Batteriezellen da?
Die ersten Batteriezellen-Muster des Mercedes-Zulieferers Farasis scheinen unbrauchbar zu sein. Selbst ein Ende der Zusammenarbeit ist offenbar möglich.
Die Einführung von Elektroautos genießt bei Mercedes höchste Priorität – dies hat Daimler anlässlich einer Nachfrage wegen der aktuellen Halbleiter-Knappheit deutlich gemacht. Die Batterie gehört zu den wichtigsten Bestandteilen eines Elektroautos – viele Hersteller wollen sie selbst bauen. Aber bei der Fertigung der in den Batterien enthaltenen Zellen lassen die meisten Autobauer lieber Zulieferer ran. Daimler arbeitet hierzu mit dem chinesisch-amerikanischen Zulieferer Farasis zusammen – und der lieferte jetzt erste Musterzellen, die nach Aussagen aus Unternehmenskreisen "katastrophal" sind.
Farasis eher unbekannt
Der aktuell bekannteste chinesische Akkuhersteller ist CATL (Contemporary Amperex Technology) aus Ningde, der, unter anderem, gerade in der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt ein großes Werk für Fahrzeugbatterien hochzieht. Ebenso hat in jüngster Zeit Svolt aus Changzhou Bekanntheit erlangt – die Firma ist aus dem chinesischen Autobauer Great Wall hervorgegangen und baut im Saarland eine Akku-Produktionsstätte. Von Farasis ist zwar bekannt, dass die 2002 gegründete Firma mit Daimler zusammenarbeitet und im sachsen-anhaltinischen Bitterfeld eine Batterie-Fabrik bauen möchte, aber ansonsten blieben die Chinesen bisher eher im Dunkeln. 400 Millionen Euro hat Daimler im Juli 2020 in den Hersteller investiert und dafür drei Prozent der Anteile bekommen. Die Stuttgarter sahen damals in dem Deal einen wichtigen Schritt bei der Verwirklichung ihrer Elektroauto-Strategie – mittelfristig sollte Farasis zirka die Hälfte von Daimlers Batteriezellen-bedarf decken.
Selbst ein Ende der Kooperation steht im Raum
Jetzt hat Farasis anscheinend erste Zellmuster an Daimler geliefert – und das Entsetzen ist groß: Unternehmens-Verantwortliche sprechen von "erheblichen Problemen", ohne ins Detail zu gehen. Die Zellen sind anscheinend so schlecht, dass sogar ein Ende der Kooperation im Raum steht. Dies könnte Daimler-Chef Ola Källenius bei seinen Elektroauto-Plänen zurückwerfen.
Jede Menge E-Modelle
Das Elektro-SUV Mercedes EQC ist seit Mai 2019 im Angebot, die elektrische V-Klasse EQV gibt es seit Anfang 2020 und demnächst kommen das elektrische Kompakt-SUV EQA sowie die elektrische S-Klasse EQS. Außerdem ist ein EQB auf Basis des GLB geplant, später kommen dann weitere Fahrzeuge, die auf der Electric Vehicle Architecture (EVA) basieren. Dazu gehören die elektrische E-Klasse EQE und eine passende SUV-Variante sowie die Elektroversion des GLS. Die unmittelbare Elektro-Zukunft ist allerdings laut Daimler nicht vom Farasis-Problem betroffen.
Seitens Mercedes heißt es, "die Versorgung unserer Mercedes-EQ Elektrooffensive ist sichergestellt. Dafür hat Mercedes-Benz ein gut funktionierendes und sehr stabiles Lieferantenset für Batteriezellen aufgebaut. Die Partner fertigen innovative und leistungsfähige Batteriezellen nach unseren spezifischen Vorgaben. Voraussetzung dafür ist auch immer die Mercedes-Benz Spitzenqualität weltweit mit gleichem Maßstab. Spekulationen zur Qualität von Zellmustern können wir nicht bestätigen".
Eigene Zellfertigung bereits 2015 beendet
Im Notfall könnte Daimler immer noch versuchen, ersatzweise mehr Batteriezellen von seinem weiteren Kooperationspartner CATL zu beziehen – allerdings müsste sich CATL dann erstmal auf die erhöhte Nachfrage einstellen. Die eigene Zellfertigung mit seinem Tochterunternehmen Li-Tec aus dem sächsischen Kamenz hat Daimler 2015 aus Kostengründen eingestellt. Inzwischen fertigt die Deutsche Accumotive, eine hundertprozentige Daimler-Tochter, in Kamenz wieder E-Auto-Batterien. 2019 hat die Firma bereits ihr zweites Werk in der sächsischen Stadt in Betrieb genommen und produziert dort Akkus für Pkw und Nutzfahrzeuge – aber keine Zellen.