„Renngötter haben uns erhört“
Red Bull hatte am Rennsonntag gleich mehrmals Grund zum Jubel. Einmal aufgrund der Safety Car-Phase, dann aufgrund des Titelgewinns und später nach der Entscheidung der Sportkommissare. Max Verstappen war nervöser als vor dem Start.
Viereinhalb Stunden lang stand der WM-Titel von Max Verstappen auf der Kippe. Viereinhalb Stunden herrschte sowohl bei Red Bull als auch bei Mercedes eine Gefühlsachterbahn. Freud und Leid lagen in Abu Dhabi sehr eng beieinander. Und zwischen den Team-Pavillons der Konkurrenten nur wenige Meter.
Mercedes-Proteste abgelehnt
Am Ende ging der Energydrink-Hersteller als Sieger aus der Geschichte heraus – zumindest vorerst, denn Mercedes könnte noch Berufung einlegen. Die Sportkommissare schmetterten die beiden Proteste von Mercedes ab. Einer richtete sich gegen Verstappen, dem man ankreidete, unter dem Safety Car Lewis Hamilton überholt beziehungsweise zu weit neben ihn gezogen zu haben. Der andere bezog sich darauf, dass das Safety Car eine Runde zu früh in die Box abgebogen ist.
"Es war unwürdig, dass die Entscheidung so hinausgezögert wurde. Das sagt aber etwas über die Einstelllung eines unwürdigen Verlierers aus", polterte Red Bull-Berater Helmut Marko nach dem finalen Stand. Hinter den Kulissen wurde hart diskutiert. Von Red Bull waren Teammanager Jonathan Wheatley, Technikchef Adrian Newey und Teamchef Christian Horner an der Verhandlungsfront.
Verstappen extrem nervös
Bei Mercedes schickte man Teammanager Ron Meadows, Chefingenieur Andrew Shovlin und einen Anwalt ins Rennen nach dem Rennen. Bei Red Bull betonte ein Sprecher: "Wir sind ein Rennteam. Wir haben keinen Anwalt dabei. Wir sind nicht hier her gekommen, um zu protestieren."
Die Party-Stimmung ließ man sich im Lager der Bullen trotzdem nicht vermiesen. Nur Max Verstappen sei sehr nervös gewesen. Sogar nervöser als vor dem Start. "Ich habe unseren Leuten erklärt: Egal was raus kommt, wir sind die moralischen Sieger", so Marko, der sogar andeutet, dass man das Formel 1-Engagement überdenken wolle, wenn "das keine Auswirkungen für die zukünftigen Meisterschaften hat." Der Jurist stört sich vor allem daran, dass die Regeln keine schnelleren Entscheidungen hergeben und zu sehr variieren.
Marko findet deutliche Worte
Muss es also Personalwechsel geben? "Das ist nicht unsere Aufgabe", sagt er. "Aber nachdem so viele Fehler und hinterfragungswürdige Entscheidungen gefällt werden, gibt es sicher Handlungsbedarf. Es kommt ja ein neuer Präsident und der müsste als Erstes hier ansetzen. Die Stewards sind auf alle Fälle zu hinterfragen."
Teamchef Horner sieht es im Hinblick auf die erste Diskussion mit Rennleiter Michael Masi wegen des Überholmanövers in der ersten Runde und schließlich der Entscheidung zum Safety Car so: "Die Entscheidung am Anfang ging gegen uns, die Entscheidung am Ende war richtig. Es war die ganze Saison so. Von manchen haben wir profitiert, durch andere haben wir verloren."
Renngötter auf Red Bulls Seite
Für ihn waren die Ereignisse in Abu Dhabi auch so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit. Das Safety Car, das Nicholas Latifi mit seinem Crash in Runde 53 auslöste, war das Wunder, das nötig war. "Wir haben etwas von den Renngöttern gebraucht, und die haben uns erhört", sagt er. "In Silverstone, Budapest und Aserbaidschan war das Glück nicht auf seiner Seite. Heute war es das. Aber Max musste es auch umsetzen. Und auch Checo war außerordentlich gut."
Die Entscheidung von Masi, das Rennen nochmal für eine Runde freizugeben, wurde hinterher heiß diskutiert. Eben auch wegen der Regel-Auslegung. Natürlich findet Horner, dass es so besser war. "Wir haben immer darüber geredet, dass man sie frei fahren lässt. Und das hat er gemacht. Es war für alle Fans ein spannendes Finale."