Truckers neue Heimat
Früher saßen Lkw-Fahrer auf dem Bock, heute sind sie in ein Human Machine Interface (HMI) integriert. Wir blicken auf 60 Jahre Lkw-Cockpitentwicklung von Mercedes.
Für Autofahrer ist der Pkw und damit sein Cockpit normalerweise und eine temporäre Heimat. Dennoch setzen die Autobauer hier immer stärker auf Komfort und Vernetzung. Im Lkw ist der Platz hinter dem Lenkrad für viele Trucker der Arbeitsplatz, an dem sie täglich mehrere Stunden verbringen. Entsprechend sind hier die Anforderungen an die Technik fast noch höher. Im Lastenheft einer jeden neuen Lkw-Generation stehen daher eine Verbesserung von Ergonomie, Bedienkomfort und Vernetzung.
Vom lackierten Blech zum Holzlook
In den 1960ern blickte ein Mercedes-Lkw-Pilot noch auf viel lackiertes Blech und kurbelte an einem Zweispeichen-Bakelit-Lenkrad. Informationen lieferten in Chrom gefasste Rundinstrumente – natürlich mit analoger Anzeige – sowie zahlreiche Kontrollleuchten. Für die Lüftung/Heizung gab es mechanische Schieberegler. Dreh- und Druckknöpfe sowie ein Lenkstockhebel übernahmen die weiteren Bedienfunktionen. Obligatorisch für Raucher: Der Aschenbecher.
Mit den Jahrzehnten verdrängten Cockpitverkleidungen immer mehr die Blechoberflächen. Holzapplikationen auf der Armaturentafel brachten einen Hauch von Pkw-Luxus an den Arbeitsplatz. Das Grundlayout mit den drei Rundinstrumenten – Tacho links, Drehzahlmesser zentral, Öldruck-, Tank- und Wassertemperaturanzeige rechts – blieb aber erhalten.
Die 1980er und 1990er waren die Jahrzehnte der Kunststoffverkleidungen in den Lkw-Cockpits. Garant für Robustheit und mit ihren Brauntönen absolut im Trend der Zeit.
Airbag und Digitalisierung
Einen erheblichen Modernisierungsschub brachten dann die 2000er. Der Trucker durfte sich über ein neues Lenkrad mit Pralltopf und integriertem Airbag freuen. Sitze, Lenkrad, Schalterfeld – zahlreiche Elemente ließen sich bereits individuell auf den jeweiligen Fahrer und sein Einsatzfeld hin konfigurieren. Die Türbrüstungen nahmen Tuchfühlung mit der Armaturentafel auf und sorgten so für ein behaglicheres Ambiente. Beim Anzeigenkonzept hielt die Digitalisierung Einzug. Im Zentraldisplay wurden beispielsweise die Gangwahl und die Arbeit der Assistenzsysteme visualisierte.
Die aktuellste Mercedes-Lkw-Generation (hier geht es zum neuen Mercedes Actros und hier zum neuen MAN TG) ist beim nahezu voll digitalisierten Arbeitsplatz angelangt. Hochauflösende Bildschirme ersetzen die klassische Instrumententafel. Das Zentraldisplay wird individuell vom Fahrer konfiguriert und dokumentiert durch Grafiken die Arbeit unter anderem der Assistenten oder des Antriebsstrangs. Das Sekundärdisplay ist als Touchscreen ausgelegt und lässt sich wie ein Smartphone bedienen. Das Lenkrad hat sich zur Multifunktionszentrale weiterentwickelt. und die Außenspiegel mussten Kamera-basierten Systemen weichen, die ihr Bild auf großen hochformatigen Displays an den A-Säulen wiedergeben. Nicht zu vergessen ist die umfangreiche Vernetzung. Apps überwachen die Transportaufgaben, checken die Lkw-Technik und helfen cloudbasiert die Transportlogistik zu koordinieren.
Und was bringt die Zukunft? Neben Elektro- und Wasserstoffantrieben das teilautonome Fahren und später vielleicht den völlig autonomen Lkw-Verkehr. Der macht dann allerdings ein Cockpit obsolet.