Jubiläumsrennen unter künstlicher Sonne

Schafft Mercedes in Bahrain den Hattrick? Bei den Testfahrten wurde nur kurz am letzten Tag getestet, wie das Fahren unter der künstlichen Beleuchtung klappt. In unserer Fotogalerie zeigen wir die Bilder aus dem Vorjahr - bei natürlicher Wüstensonne.
Die Fans müssen sich in Bahrain an neue Startzeiten gewöhnen.
Der Grand Prix im Golfstaat wird dieses Jahr zum ersten Mal als
Nachtrennen ausgetragen. Was das für die Piloten und Ingenieure
bedeutet, erklären wir in unserer Vorschau.
Öfter Mal was Neues haben sich die Scheichs in Bahrain offenbar gedacht und dem 5,412 Kilometer langen Wüstenkurs kurzerhand zum 10. Grand Prix-Jubiläum eine Flutlichtanlage verpasst. Was Abu Dhabi kann, kann Bahrain schließlich schon lange. Geld spielt bekanntlich keine Rolle, solange das Öl noch schier unerschöpflich aus dem Wüstenboden sprudelt. In Sachen Energieverbrauch haben wohl noch nicht alle den grünen Gedanken verinnerlicht.
Bei den Testfahrten im März bekamen die Piloten schon einen kleinen Vorgeschmack auf die künstliche Beleuchtung. Der erste Härtetest kommt aber erst im Rennen am Sonntag (6.4.2014). Start ist um 18 Uhr Ortszeit (17 Uhr MEZ). Die Piloten müssen sich auf einen Temperatursturz einstellen. Im Gegensatz zum tropischen Malaysia wird es in Bahrain spürbar kühler, sobald die Sonne am Horizont verschwindet. Das hat massive Auswirkungen auf Reifen und Fahrverhalten.
Ob sich Mercedes in der aktuellen Form von solchen äußeren Einflüssen von der Siegerstraße abbringen lassen wird, ist fraglich. Zu dominant war bisher der Auftritt der Silberpfeile in den ersten beiden Saisonrennen. Und in den 7 Tagen zwischen Malaysia und Bahrain blieb für die Ingenieure der Konkurrenz kaum Zeit an der Technik zu feilen. Die Frage lautet nur, ob Lewis Hamilton dieses Mal etwas mehr Konkurrenz aus dem eigenen Haus bekommt.
Die Strecke: Bahrain International Circuit
Nach insgesamt 8 Testtagen kennen die Ingenieure und Piloten die Strecke in Bahrain in- und auswendig. Überraschungen drohen nur durch die angesprochenen Temperaturschwankungen zwischen Start und Ende des Rennens. Das Streckenlayout hat für alle etwas zu bieten. Gleich vier Mal pro Runde beschleunigen die Autos auf über 300 km/h. Zwischen den langen Geraden sorgen viele langsame Kurven dafür, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit mit 200 km/h für Formel 1-Verhältniss nur mittelmäßig schnell ist.
Bahrain geht besonders auf das Material. Der hohe Vollgasanteil, der feine Sand in der Luft und die erhöhten Temperaturen setzen den Motoren zu. Fünf extreme Verzögerungsstellen treiben auch die Bremsen an die Belastungsgrenze. Besonders wichtig ist in Bahrain auch immer der Grip-Level. Der Wind trägt mit der Zeit eine kleine aber feine Schicht Wüstensand auf die Piste. Das hat zur Folge, dass sich die Haftung auf der Ideallinie über das gesamte Wochenende stark verbessert. Neben der Ideallinie bleibt es dagegen sehr rutschig, was das Überholen erschwert. Bahrain ist nicht gerade für actionreiche Rennen bekannt.
Das Setup:
Die kurvige Strecke in Sakhir verlangt von den Autos viel Abtrieb. Vor allem auf der Hinterachse ist Grip und Traktion beim Beschleunigen und Bremsen wichtig. Die Heckflügel werden deshalb - trotz der langen Geraden - sehr steil gestellt. Normalerweise müssen die Bremshutzen wegen der hohen Temperaturen etwas größer ausgelegt sein. Man darf gespannt sein, wie sehr die Techniker die ungewünschten Hitzeanpassungen wegen der späten Startzeit reduzieren können.
Der Asphalt ist topfeben, Bodenwellen und hohe Kerbs gibt es keine. Die Teams können somit geringe Bodenfreiheiten fahren. Um die Traktion aus den langsamen Kurven zu verbessern und den Reifenverschleiß zu begrenzen, ist aber etwas Federweg auf der Hinterachse empfohlen. Da die Temperaturen vom Start bis zum Ziel um bis zu 15°C fallen können, sind Verschiebungen des Kräfteverhältnisses im Laufe des Rennens möglich, je nachdem in welches Temperaturfenster das Setup besser passt.
Die Updates:
Da Bahrain in diesem Jahr nur 7 Tage nach Malaysia stattfindet, sollte man eigentlich keine größeren Technik-Neuerungen erwarten. Doch einige Teams haben schon angekündigt, dass zumindest kleinere Updates geplant sind. So will Sauber weiter das Übergewicht reduzieren. Bei Force India sollen neue Flügel getestet werden - zumindest im Training. Auch Toro Rosso hat neue Aerodynamik-Teile angekündigt.
Bei Mercedes verriet Sportchef Toto Wolff, dass ein paar Modifikationen geplant sind. Der Österreicher konnte aber nicht versprechen, dass sie rechtzeitig fertig werden. Bahrain ist für Technik-Entwicklungen deshalb so interessant, weil durch die vielen Kilometer vor der Saison schon ordentlich Vergleichsdaten gesammelt wurden. Außerdem bleiben die Teams nach dem Rennen noch 2 Tage länger in der Wüste, um den ersten der 4 geplanten Testblöcke während der Saison zu absolvieren.
Die Favoriten für den GP Bahrain.
Wer in Bahrain auf jemand anderen als Mercedes wettet, sollte sein Geld besser abschreiben. Red Bull hat zwar in den vergangenen Wochen unglaubliche Fortschritte gezeigt, doch so schnell ist die Machtübernahme der Silberpfeile wohl nicht rückgängig zu machen. Zu dominant war der Auftritt von Lewis Hamilton in Malaysia. Sebastian Vettel hielt zwar lange mit Nico Rosberg mit, musste aber zur Rennmitte einsehen, dass der Silberpfeil immer noch einen Gang höher schalten kann, wenn nötig.
Trotzdem scheint sich Red Bull immerhin als zweite Kraft im Feld etabliert zu haben. Viele Konkurrenten strauchelten in Malaysia. McLaren haderte mit den heißen Temperaturen. Williams mit dem Regen im Qualifying. Von den Problemen profitierten Fernando Alonso und Nico Hülkenberg. Wir sind gespannt, wie die Startreihenfolge aussehen wird, wenn es am Samstag in Bahrain hoffentlich zum ersten Mal diese Saison auf trockener Piste ins Qualifying gehen wird.
Wenig Hoffnungen auf Punkte dürfte es bei Sauber geben. Der große Schritt zur Gewichtsreduzierung ist erst mit dem neuen Leichtgewichtchassis für Barcelona geplant. In Malaysia kamen zum schlechten Speed auch noch ungewohnte technische Probleme dazu. Und jetzt geht es ausgerechnet noch nach Bahrain. "Das ist für Sauber traditionell keine gute Strecke. Ich erwarte, dass es auch dieses Jahr schwierig wird", versucht Teamchefin Monisha Kaltenborn die Erwartungen niedrig zu halten.
Expertenmeinung: Paul Hembery (Pirelli-Sportchef)
"Vor Saisonbeginn haben wir schon zweimal in Bahrain getestet. Wir kennen die Strecke also sehr gut, wovon wir jetzt profitieren. Weil sie eine große Herausforderung für die Traktion darstellt, haben wir uns für die Mediums und die weichen Slicks entschieden. Die Temperatur zu Beginn des Rennens sollte noch bemerkenswert hoch sein. Doch sobald die Sonne untergeht, fällt sie rapide."
"Bis zu 15 Grad Celsius kälter kann es werden. Mit diesem sehr großen Temperaturfenster zurechtzukommen, um das Beste aus den Reifen herauszuholen, wird im Verlauf des Wochenendes für die Teams die größte Herausforderung darstellen. Taktik und Strategie werden daher eine große Rolle spielen."
So lief das Rennen im Vorjahr (GP Bahrain 2013):
In der vergangenen Saison war Sebastian Vettel der dominierende Pilot auf dem Bahrain International Circuit. Reifenschonend und schnell fuhr der spätere Weltmeister nach 57 Runden mit 9,1 Sekunden Vorsprung über die Ziellinie. Nur am Start zeigte der Heppenheimer kurz Schwächen. Doch Fernando Alonso und Nico Rosberg waren mit kompromisslosen Manövern schon nach wenigen Kurven wieder eingeholt. Danach dominierte Vettel das letzte Bahrain.Rennen in der Wüstensonne von der Spitze.
Die weiteren Plätze gingen wie schon 2012 an die beiden Lotus-Piloten. Kimi Räikkönen gewann das teaminterne Duell gegen Romain Grosjean. Von den Plätzen 8 bzw. 11 gestartet lieferten beide eine sehenswerte Aufholjagd. Auch Paul di Resta auf Rang vier konnte glänzen. Am Ende fehlten dem Force India-Piloten nur 2 Sekunden zum Podium. Das hatte auch Teamkollege Adrian Sutil in Reichweite. Doch eine Kollision in der ersten Runde mit Felipe Massa warf ihn weit zurück. Nachdem der platte Reifen gewechselt war, fuhr der Bayer allerdings schnellere Rundenzeiten als Vettel an der Spitze.
In unserer Bildergalerie zeigen wir Ihnen noch einmal die Highlights vom Bahrain Grand Prix 2013.