Das Verliert-Nix-E-Auto
Abgase hat ein E-Auto nicht, es sammelt auch noch alle anderen anfallenden Partikel von Reifen und Bremsen.
Die HWA AG ist 1998 aus der AMG-Rennabteilung hervorgegangen und entwickelt eigentlich Rennsportfahrzeuge. Die Schwaben nutzen ihr Know-How aber auch zur Entwicklung von nachhaltigen Mobilitätskonzepten. Zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat HWA jetzt ein Elektroauto entwickelt, das eine fast vollständig emissionsfreie Mobilität ermöglicht. Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg hat das Projekt mit sechs Millionen Euro gefördert.
Elektroautos sind zwar lokal emissionsfrei, aber nur, wenn man den reinen Antrieb betrachtet. Die Emissionen der Motoren sind aber längst nicht mehr hauptverantwortlich für die umweltbelastenden Partikelemissionen von Kraftfahrzeugen. Tatsächlich sind es Bremsen- und Reifenabrieb, die zwischen 60 und 70 Prozent der aus dem Straßenverkehr resultierenden Feinstaubbelastung ausmachen. Und genau hier setzt das ZEDU-1-Konzept an.
Der Fahrzeugprototyp ZEDU-1 – steht für Zero Emission Drive Unit Generation 1 – ermöglicht durch innenliegende, gekapselte Bremsen und ein Absaugsystem für anfallenden Feinstaub und Reifenpartikel eine weitestgehend emissionsfreie Form der Mobilität.
Bremsstaub vermeiden
Die klassische Scheibenbremse im Radkasten gibt es in diesem Konzept nicht mehr. Stattdessen befinden sich die Bremsen als Teil einer kompakten Einheit aus E-Motor, Getriebe und Bremse im Fahrzeuginneren. Diese, in sich geschlossene Einheit, ermöglicht es, anfallende Bremspartikel im Ölkreislauf zu sammeln und anschließend auszufiltern. Möglich wird die Verlagerung der Bremse durch einen hohen Anteil an Rekuperation beim Bremsen. Dieser nimmt bei Elektrofahrzeugen stetig zu, um die Effizienz der Fahrzeuge zu steigern, sodass immer weniger rein mechanische Bremsenergie anfällt.
Bei der ZEDU-1-Bremse handelt es sich um eine Lamellenbremse, die mittels eines brake-by-wire Systems betätigt wird. Die Fahrzeugsteuerung entscheidet auf Grundlage der Bremspedalkraft je nach Fahrsituation über den Wechsel zwischen elektrischer und mechanischer Bremsleistung. Eine ausreichend dimensionierte mechanische Bremse ist vor allem aus Sicherheitsgründen notwendig, sollte die elektrische Bremse einmal ausfallen.
Reifenabrieb sammeln
Die Verlagerung der Bremse ins Fahrzeuginnere ebnet zugleich den Weg für eine technische Lösung zur Reduzierung der Reifenpartikelemissionen. Basis für dieses System ist eine Kapselung der Räder. Eine Kombination aus ohnehin auftretenden aerodynamischen Effekten während des Fahrens und einer aktiven Absaugung der Partikel hinter der Radaufstandsfläche ermöglichen das "Einsammeln" der Partikel während der Fahrt.
Eine Lüftereinheit in der Frontpartie des Fahrzeugs, deren Leistungsstärke je nach Fahrgeschwindigkeit variiert, saugt die Partikel ab und fördert sie durch die im Lüftergehäuse integrierten, mehrstufigen Filter, sodass ausschließlich gereinigte Luft aus dem Fahrzeug in die Umgebungsluft austritt.
Die Wirksamkeit der Systeme wurden auf Prüfständen und zahlreiche Testfahrten auf Testgeländen bestätigt. "Was wir jetzt schon sagen können, ist, dass wir den Bremsabrieb komplett vermeiden können. Beim Reifenabrieb haben unsere Messungen gezeigt, dass wir bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h, den Reifenabrieb komplett vermeiden und bei höheren Geschwindigkeiten um 70 bis 80 Prozent reduzieren können. Nächste Schritte sind, die Technologie gemeinsam mit der Industrie weiterzuentwickeln, um sie erfolgreich in Serie bringen zu können", erklärt Projektleiter Franz Philipps vom DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte.
"Unser Konzept besitzt einen hohen Wirkungsgrad, ist ausgesprochen kompakt, alltagstauglich und vielseitig einsetzbar ist. Es lässt sich direkt auf zukünftige Pkw und Nutzfahrzeuge übertragen", sagte Prof. Tjark Siefkes, Direktor des DLR-Instituts für Fahrzeugkonzepte in Stuttgart anlässlich der Vorstellung des Prototyps.