Audi A4 2.8, BMW 328i, Mercedes C 280
Mit fünf Ventilen pro Zylinder und mehr Leistung stellt Audi den A4 2.8 auf eine Stufe mit dem BMW 328i und dem Mercedes C 280. Beim Vergleich dieser ebenso schnellen wie kultivierten Sechszylinder-Limousinen im Kompaktformat stellt sich vor allem eine Frage: Was will man mehr?
Autos wie diese sind etwas für Kenner. Daran hat sich seit der Erfindung der Sportlimousine nichts geändert. Wer klassische Interpretationen dieser Gattung sucht, wird hier fündig. Sie sind außen unscheinbar, innen hochkarätig, kompakt in den Abmessungen, üppig in der Leistung, nicht eben billig, aber auch nichts für Angeber. Die dürften fürs gleiche Geld lieber eine Klasse höher einsteigen. Von den Krawallos der GTI-Zunft unterscheiden sie sich durch ihre innere Reife. Vordergründige Kraftmeierei verkneifen sie sich zugunsten gepflegter Sportlichkeit. Da ist der feine Sechszylinder unter der Haube ein Muß. Vor allem ihm verdanken der neu motorisierte Audi A4 2.8, der Klassiker 328i von BMW und der Mercedes C 280 ihre Reize. Und die sind verführerisch. Angesichts der Qualitäten dieser luxuriös motorisierten Kompaktlimousinen muß ein weiterer Aufstieg in der Modellhierarchie wenig verlockend erscheinen. Dazu sind sie einfach zu gut. Da mangelt es an nichts, schon gar nicht an Leistung.
Alle drei Konkurrenten warten nicht nur mit gleichem Hubraum auf, sondern auch mit der exakt gleichen PS-Zahl: 193. Auch im Drehmoment herrscht weitgehend Einigkeit. Audi und BMW haben 280 Nm, Mercedes 270 Nm, wobei das maximale Drehmoment beim Audi.Motor schon bei 3200 Touren anliegt. Größere Unterschiede gibt es dagegen in der Bauweise dieser Sechszylindermotoren. Bei BMW und Mercedes stehen die Zylinder in Reihe, bei Audi aber in V-Form. Aus der Reihe fällt beim Audi auch die Zahl der Ventile: Als einziger gönnt er sich fünf Ventile pro Zylinder, bei den anderen tun es vier. Das Ergebnis ist in jedem Fall vom Feinsten.
Alle drei 2,8 Liter-Motoren reagieren eifrig aufs Gas und stoßen ebenso freudig wie kraftvoll bis zur Drehzahlgrenze vor, das Ganze gepaart mit vorzüglicher Laufkultur. Schön auch, daß sich jeder seinen eigenen Charakter bewahrt. Der Audi. V6 glänzt als diskreter Säusler. Bis 5500/min ist er kaum zu hören, erst darüber läßt er den sensiblen Fahrer wissen, daß ein V6, speziell in puncto Vibrationsarmut, kein Reihensechszylinder ist. Akustisch rauher, aber besonders herzlich gebärdet sich der BMW.Motor. Mit seinem allzeit kraftvollen Antritt, dem anregenden Sound und seinem Drang zum Jubeln ist er der Sportlichste im Trio.
Als perfekter Kompromiß empfiehlt sich der Mercedes. Sein Aggregat verbindet hohe Geschmeidigkeit und kräftigen Durchzug mit der typischen Drehwilligkeit eines Reihensechszylindermotors. Nie war er so gut wie heute, schade nur, daß er im Juni nächsten Jahres seinen Platz in der C-Klasse zugunsten eines gleich großen V6 räumen muß. Sportliche Fahrer greifen vorzugsweise noch immer zum Schaltgetriebe, was auch im vorliegenden Fall grundsätzlich nicht falsch ist. Angesichts der etwas knochigen und hakeligen Schaltungen im Audi und im Mercedes haben dort aber auch die wahlweise angebotenen Fünfgang-Automatikgetriebe ihre Reize, während man das knackig zu schaltende und sportlich abgestufte Getriebe im BMW nicht missen möchte. Einwandfrei dagegen die Fahrleistungen: Die drei Sechszylinder- Limousinen legen sich ins Zeug, als handle es sich um bessere Sportwagen.
Speziell der BMW beweist einmal mehr, daß gegen ihn so leicht nichts auszurichten ist. Seine Werte können sich auch im Kreis großkalibriger 300 PSLimousinen sehen lassen. Kaum langsamer der Audi, den in der Beschleunigung nur die schlechtere Traktion beim Anfahren zurückwirft. Etwas deutlicher ist da der Rückstand des Mercedes, was bei dessen größerem Format und dem höheren Gewicht kaum verwundert. Bei 7,7 Sekunden für den Spurt von null auf 100 km/h und 230 km/h Spitzengeschwindigkeit haben aber selbst C 280- Fahrer keinen Grund zu klagen. So gesehen geht die Einstufung als Sportlimousine völlig in Ordnung, auch wenn die Definition derselben hier etwas großzügiger ausgelegt werden muß.
Denn wer den Begriff Sport auf die Attribute schnell, hart und laut reduziert, der kann diese Limousinen getrost abhaken. Sie sind zwar schnell, aber nicht hart und schon gar nicht laut. Natürlich könnte man hier in allen drei Fällen durch den Zukauf der auf Wunsch erhältlichen Sportfahrwerke nachhelfen. Vorzuziehen sind jedoch die serienmäßigen Abstimmungen. Sie bieten die besseren Allroundqualitäten, ohne den Spaß an der Freude zu sabotieren. Den allenthalben gern zitierten Fahrspaß pur bietet vor allem der BMW, der damit seinem Ruf bestens gerecht wird.
Selten bereitet schnelles Kurvenfahren mehr Vergnügen, was viel mit der präzisen Lenkung und dem agilen Handling zu tun hat, aber auch mit der Tatsache, daß der Dreier zu der vom Aussterben bedrohten Spezies der kompakten Hecktriebler gehört. Als solcher läßt sich sein Kurvenverhalten genußbringend mit dem Gasfuß manipulieren, wobei die serienmäßige (abschaltbare) Antriebsschlupfregelung ASC+T unfreiwillige Ausrutscher bei Nässe zuverlässig verhindert, ohne gleich den ganzen Spaß zu verderben. Daß es dabei auch an Federungskomfort nicht mangelt, macht alles noch besser.
An den Mercedes kommt der BMW in diesem Punkt freilich nicht heran. Der C 280 ist die Sänfte im Trio, schluckfreudig gefedert, aber nicht schwammig, die SKlasse im Kleinformat. Das Schöne am Heckantrieb zeigt sich bei ihm vorwiegend in der Abwesenheit von Antriebseinflüssen in der Lenkung. Powerslides und dergleichen unterbindet dagegen die streng regelnde, nicht abschaltbare Antriebsschlupfregelung (Aufpreis 2300 Mark), und auch im Handling tendiert der Mercedes zu stoischem Untersteuern.
Ziemlich genau dazwischen rangiert der Audi. Er ist deutlich handlicher als der Mercedes, aber weniger sportlich als der BMW. Seine Lenkung erfordert wenig Kraft, vermittelt aber auch etwas zuwenig Fahrbahnkontakt. Dafür überträgt sie zuweilen Antriebseinflüsse, die klarmachen, daß der Frontantrieb des A4 bei 193 PS an seine Grenzen stößt. Die in engen Kurven häufig überforderte Traktion macht die serienmäßige Antriebsschlupfregelung unverzichtbar. Das alles klingt aber schlimmer, als es in der Praxis ist. Denn im Normalfall benimmt sich der behende Audi wohlerzogen, beläßt es in Kurven bei mildem Untersteuern und schluckt Schlaglöcher, die selbst dem Mercedes zu schaffen machen. Daß er dennoch im Gesamtkomfort hinter diesem rangiert, ist die Folge seiner ausgeprägteren Karosseriebewegungen und des Stukkerns beim Überfahren von Querwellen.
Über allen Zweifel erhaben sind in dieser Runde die Bremsen. Die Verzögerungswerte liegen im grünen Bereich, weit jenseits der Schwelle von neun m/s2, Fading ist kein Thema, nur die Dosierbarkeit macht den Unterschied – zum Nachteil des Audi, dessen Bremse etwas giftig anspricht. In ihren Karosseriequalitäten unterscheiden sich diese Sechszylinder in nichts von gewöhnlichen A4, BMW Dreiern und C-Klasse-Modellen. Understatement gehört denn auch zu ihren besonders sympathischen Seiten.
Weitere Sekundärtugenden sind die hervorragende Verarbeitungsqualität und die ausgezeichnete passive Sicherheit. Das Raumangebot reicht bequem für vier Erwachsene, ist aber keineswegs verschwenderisch. Am meisten Platz bietet der Mercedes, was sich vor allem im Fond auswirkt. Für das Gepäck erlaubt er die höchste Zuladung, seine Sitze sind die bequemsten und die Windgeräusche am geringsten.
Im Kreis der kompakten Sechszylinder wirkt er also ziemlich erwachsen, was sich auch im Preis ausdrückt. Der C 280 kostet immerhin 5970 Mark mehr als ein A4 2.8 und 2370 Mark mehr als der 328i, ist aber dürftiger ausgestattet. ASR, elektrische Fensterheber vorn und Leichtmetallräder (serienmäßig bei BMW. kosten Aufpreis, alles zusammen 4111 Mark. Damit gilt besonders für den Mercedes, was sich auch von seinen Konkurrenten behaupten läßt: Zu Preisen zwischen knapp 54 000 und 60 000 Mark sind die kompakten Sechszylinder zwar ein großes, aber kein billiges Vergnügen.