Audi A4 Avant 2.8, BMW 328i Touring, Mercedes C 280 T
Die Riege der deutschen Edelkombis hat ein neues Mitglied: den Dreier von BMW. Gegen Audi A4 Avant 2.8 und Mercedes C 280 T tritt das Topmodell BMW 328i Touring an.
Der Kombinationskraftwagen, wie beamtete deutsche Sprachfolterer ihn nennen, ist noch lange nicht tot. Obschon bedrängt von den in Mode gekommenen Minivans, erfreut sich der klassische Kombi nach wie vor eines bemerkenswerten Zuspruchs.
Selbst die Kunden der Premium- Marken Audi, BMW und Mercedes zeigen einen gewissen Hang zum Laster. So entscheidet sich jeder vierte Käufer eines C-Klasse-Mercedes für die T-Version mit der großen Klappe. Beim A4 von Audi ist der Lademeister sogar noch beliebter: Fast 40 Prozent der A4-Käufer nehmen den Avant. Und BMW darf nach der Präsentation des neuen Dreier Touring hoffen, die Quote des Vorgängers (acht Prozent) zu übertreffen.
Für alle drei hat sich der Begriff Edelkombi eingebürgert, womit angedeutet werden soll, dass es sich hier um Lifestyle-Produkte handelt, die nicht für rustikale Transportaufgaben gedacht sind. Der schicke und teure Kombi, so die Botschaft, ist der beste Freund des modernen Freizeitmenschen. Zumindest beim Mercedes trifft diese Einschätzung nicht ins Schwarze.
Natürlich zeigt er sich im Innenraum ähnlich nobel wie die Konkurrenz – mit flauschig-weichem Laderaumteppich, dem man nur gepflegtes Frachtgut zumuten möchte. Aber mit 465 Liter Fassungsvermögen, bei umgeklapptem Rücksitz sogar 1510 Liter, zeigt er echtes Kombiformat. Der BMW fasst 435 beziehungsweise 1345 Liter. Dabei ist ein praktisches Zusatzfach unterhalb des Kofferraumbodens, in dem Pretiosen den Blicken potenzieller Diebesleute entzogen sind, bereits mit eingerechnet. Das Gepäckabteil des Audi verdient das Prädikat mickrig.
Wenn sich der Rücksitz in aufrechter Position befindet, passen – bis zur Fensterunterkante – nur 390 Liter hinein. Umgeklappt und dachhoch beladen, schluckt der Audi 1250 Liter. Den Laderaum zu variieren geht bei allen leicht von der Hand. Die Gepäckrollos überzeugen mit durchdachter Konstruktion und entsprechend müheloser Handhabung. Auch solide Verzurrösen zur Sicherung des Gepäcks haben alle. Den Premium-Anspruch erfüllen sie mit hochwertig anmutenden Materialien im Innenraum, mit optisch sehr sauberer Verarbeitung und mit einem lobenswerten Umfang der serienmäßigen Sicherheitsausstattung. Sidebags sind vorhanden, beim BMW sogar Kopfairbags vorn.
Audi bietet letztere gegen Aufpreis an, Mercedes wird damit erst bei der kommenden C-Generation antreten. Daneben bieten alle ein lobenswertes Maß an Ausstattungskomfort. Eine Klimaanlage beispielsweise als diesbezüglich wichtigstes Feature ist im Basispreis enthalten.
Der Wohlfühl-Faktor fällt dennoch unterschiedlich aus. Das liegt vor allem an den Sitzqualitäten. Bei BMW und Mercedes sind sie ohne Tadel. Die Sitzposition hinter dem Lenkrad wird Fahrern unterschiedlichster Statur ohne Einschränkung gerecht. Ergonomisch richtig sitzt man auch im Audi, aber die harten, wie ein Brett wirkenden Rückenlehnen beeinträchtigen vorn wie hinten den Sitzkomfort. Auch bei der Bewertung des Raumangebots muss der Audi Federn lassen. Die Messwerte bescheinigen ihm zwar ein ähnliches Format wie seinen Mitstreitern, aber bedingt durch die hohe Gürtellinie macht der A4 rein subjektiv den Eindruck, als sei er eine ganze Nummer kleiner. Dass diese Kombis nicht als Lastesel missbraucht werden wollen, unterstreicht die erlaubte Zuladung, die mit 451 kg (BMW), 458 kg (Audi) und 491 kg (Mercedes) Zurückhaltung erkennen lässt.
Das hat den Vorteil, dass sich Fahreigenschaften und Federungsverhalten bei voller Belastung nicht gravierend ändern. Die Basisqualitäten der Fahrwerke allerdings sind unterschiedlich ausgeprägt. Dabei ist ein kleiner Vorsprung des BMW vor dem Mercedes zu erkennen. Er absorbiert Bodenwellen noch eine Spur geschmeidiger und zeigt geringere Karosseriebewegungen. Die Audi.Federung agiert nicht ganz so souverän. Auf Autobahn- Querfugen neigt die Vorderachse zum Stuckern, langhubige Unebenheiten versetzen den Aufbau in pumpende Bewegungen. Trotz dieser Abstriche bleibt der Komforteindruck noch positiv. Wer nicht die Gelegenheit zum direkten Vergleich hat, wird am A4 nichts auszusetzen haben. Auch im Handling markiert der BMW die Spitze, doch erweist sich der Unterschied zum Mercedes als denkbar gering. Die Zeiten, in denen BMW selbstverständlich den Spitzenplatz in der Fahrdynamik für sich in Anspruch nehmen durfte, sind vorbei. Der Dreier lenkt sich geringfügig exakter als die C-Klasse, aber das über einen weiten Bereich neutrale, sehr sichere Kurvenverhalten ist beiden gemeinsam. Problemlose Beherrschbarkeit bis in den Grenzbereich kennzeichnet auch den Audi. Er neigt, bedingt durch Frontantrieb und die wegen des vor der Vorderachse eingebauten Motors ungünstigere Gewichtsverteilung, mehr zum Schieben über die Vorderräder.
Dies wird vor allem bei Nässe auffällig und macht ihn weniger handlich. Weitere Abzüge kassiert er, weil Antriebseinflüsse bei einem starken Fronttriebler nicht ganz aus der Welt zu schaffen sind und weil die Lenkung auf Holperstrecken Stöße ins Lenkrad durchkommen lässt. Gemessen an dem Einbruch, den der A4 bei der Bremsbewertung erleidet, sind das Peanuts. Sowohl in der Kaltverzögerung wie auch in der Standfestigkeit blieb dieser A4-Testwagen weit hinter den vorzüglichen Werten zurück, die der Mercedes und erst recht der BMW vorgeben. Für den Fall zu hoher Kurvengeschwindigkeit ist der Audi aber gut gerüstet, weil dann die Fahrwerkselektronik das Kommando übernimmt. Ein kurzer Bremseneingriff erstickt einsetzendes Untersteuern ebenso im Keim wie ein Ausbrechen des Hecks, das sich, wie auch bei Mercedes und BMW, durch sehr schnell aufeinander folgende Spurwechselmanöver provozieren lässt.
Der Mercedes besitzt ebenfalls serienmäßig ESP und verspricht damit ähnliche Gutmütigkeit. Bei BMW kostet die elektronische Versicherung DSC 1500 Mark extra.
Die sind gut investiert, auch wenn nicht von der Hand zu weisen ist, dass der stabilisierende Bremseneingriff bei von Haus aus so gut liegenden Autos und einem Fahrer, der seine Sinne beisammen hat, höchst selten zum Einsatz kommen dürfte.
Spürbar wird bei forcierter Fahrweise auf kurvenreichen Strecken allenfalls der Einsatz der Schlupfregelung. Denn an Kraft herrscht bei den getesteten Modellen mit ihren 2,8- Liter-Sechszylindern kein Mangel. Höchst unterschiedlich ist die Technik, mit der die Leistung erzielt wird. Audi und Mercedes besitzen V-Motoren, wobei Mercedes der Fünfventiltechnik von Audi Zylinderköpfe mit nur drei Ventilen, aber zwei Zündkerzen pro Brennraum entgegensetzt. BMW pflegt traditionell den Reihensechszylinder. Der hat in der Theorie Vorteile hinsichtlich der Laufkultur, weil er voll ausgeglichen läuft. Samtig und vibrationsfrei dreht er bis zur Drehzahlgrenze. Das Geräusch beschränkt sich auf den wohltönenden Sound der ein- und ausströmenden Gase. Der V6 des Mercedes, der mit seinem 90-Grad-Zylinderwinkel nicht das im Handbuch des Maschinenbauers als ideal erkannte Maß von 60 Grad aufweist, aber durch eine Ausgleichswelle beruhigt wird, steht dem BMW-Motor in der Laufkultur kaum nach. Nur der Audi.V6, ebenfalls mit 90-Grad-Winkel, macht die Nachteile des V-Prinzips deutlich. Bis zum mittleren Drehzahlbereich läuft er ähnlich ruhig wie die beiden anderen Motoren. Aber oberhalb von 5000 wird er brummig und lässt leichte Vibrationen spüren. Die Bestwerte in den Fahrleistungen erzielt der BMW, der auch wegen seines spontanen Reagierens aufs Gas und seiner erstklassigen Schaltung am meisten Antriebsvergnügen bietet. Das E-Gas des Mercedes sorgt beim Gasgeben für eine kleine Verzögerung. Die hakelige Schaltung ist ein ständiges Ärgernis. Das Audi.Getriebe schaltet sich besser, fällt jedoch durch den unhandlichen Schalthebel negativ auf. An der Leistungscharakteristik des V6 gibt es nichts auszusetzen. Nur seine Lastwechselbewegungen beeinträchtigen den Antriebskomfort. Obwohl sein Verbrauch am höchsten liegt, landet der vergleichsweise preisgünstige A4 im Kostenkapitel seinen einzigen Etappensieg. Der Mercedes verliert hier an Terrain: Er ist nicht nur sehr teuer, sondern verursacht auch die höchsten Festkosten. Den Gesamtsieg erzielt der neue BMW, was angesichts des Alters von C-Klasse Kombi (seit 1996) und Audi A4 Avant (seit 1995) kein unerwartetes Ergebnis darstellt. Der Vorsprung ist aber einer auf Zeit: Im Frühjahr 2001 kommen die neuen Kombiversionen von Audi A4 und Mercedes C-Klasse.