BMW Z4 30i und Jaguar F-Type P300 im Test
Zwei Roadster nach klassischem Konzept: Motor vorne, Antriebswellen hinten, Stoffdach. Im Vierzylinder-Duell trifft der neue BMW Z4 als 30i M Sport auf den Jaguar F-Type P300 Chequered Flag.
Mein lieber Herr Gesangsverein! Das musst du erst mal bringen, ein Auto eines deutschen Premium-Herstellers wie ein Sonderangebot wirken zu lassen. 56.750 Euro kostet ein BMW Z4 30i M Sport inklusive derzeit noch verpflichtendem Connected-Drive-Paket. Der Jaguar F-Type P300 Chequered Flag? 82.100 Euro. Boah.
Obwohl die Zielflaggen-Ausstattung etwa mit 20-Zöllern, Ledersitzen, Touchscreen-Navi und Parkpiepsern plus Rückfahrkamera einiges bietet, bleibt der Preis enorm mutig: Der BMW Z4 ist ausstattungsbereinigt rund 20.000 Euro günstiger. Ob’s nur an der Ausstattung liegt? Das günstigste Jaguar F-Type-Cabrio ist fast 12.000 Euro teurer als ein Porsche Boxster.
F-Type ist die coole Socke
Trotzdem hat der Jaguar Qualitäten, die ihn auszeichnen. Zunächst wird er gemeinhin als überdurchschnittlich elegant wahrgenommen. Doch andererseits ist sein Cockpit im Detail nicht nur etwas weniger sauber verarbeitet als das des BMW. Hier und da gibt es auch ein paar Stellen, an denen die Materialqualität nicht ganz ins Bild passt – wie in früheren Supersportwagen.
Mit denen gemein hat er riesige Lederflächen, sogar das obere Ende der Türverkleidungen ist mit feiner Kuhhaut überzogen. Exotisch wirkt zudem die Strebe, die das Knie des Beifahrers von der Schaltzentrale fernhält. Oder die Luftausströmer, die elektrisch aus dem Armaturenbrett fahren. Dazu kommt natürlich die nach vorne aufschwingende Motorhaube. Und die Analoginstrumente für Tempo und Drehzahl, die heute schon Seltenheitswert haben.
BMW etwa lässt sie gerade aussterben: Wenn es ein Display sein muss, wieso gibt es dann keine unterschiedlichen Modi? Einer mit zentralem Drehzahlmesser wäre gut, denn der vorhandene ist wegen des kurzen Zeigers kaum intuitiv ablesbar.
Rechts daneben zeigt BMW, wie Infotainment anständig funktioniert. Die Bedienredundanz über Dreh-Drück-Steller, Direktwahltasten und Touchscreen deckt jede Situation ab, die Gestensteuerung ist hingegen eher unnütz: oft unpräzise, meist lahm. Richtige Knöpfe für alle wichtigen Funktionen erleichtern die Bedienung weiter, genau wie die geniale Ziffernleiste, auf der die meisten Menüpunkte frei speicherbar sind.
Der Jaguar F-Type hat ein durchschnittliches Touch-System, auf dem bei starker Sonneneinstrahlung kaum etwas zu erkennen ist; das passiert im BMW Z4 selten und lange nicht so schlimm. Außerdem interessant: Apple Carplay und Android Auto liefert Jaguar mit. Die Bayern unterstützen Ersteres nicht; für die Apple-Schnittstelle drehen sie ihren Kunden ein Abo an, was auch die Wireless-Carplay-Unterstützung nicht rechtfertigt.
Zurück zum Positiven: Mit der Heizung kannst du den BMW Z4 bei Kälte und offenem Verdeck lückenlos zur Sauna umfunktionieren. Etwas weniger präzise und raumfüllend klappt das auch im Jaguar F-Type, dessen Sitzkühlung aber bei heißem Wetter angepappte Klamotten vermeidet.
Noch kleiner wird die Barriere zum Offenfahren durch die bis 50 Kilometer pro Stunde aktivierbaren Dachmechanismen. Im Stand ist das Z4-Dach laut Stoppuhr in elf Sekunden verstaut, eine knappe Sekunde länger braucht der Jaguar.
Bevor es jetzt ans Eingemachte geht, noch kurz Alltagsrelevantes: Etwas bessere Ablagemöglichkeiten hat der BMW Z4 sowie eine längere und somit für den Fahrer tatsächlich nutzbare Mittelarmlehne, die jedoch die Getränkehalter verdeckt. Außerdem hat der größere Z4-Kofferraum (281 zu 207 Liter) eine Durchlade.
Der Alltag geht weiter: mit einem Fahrer, der morgens schnell ins Büro muss und jede Lücke ausnutzt. Der Jaguar F-Type lässt dabei nichts anbrennen, wird gar ein wenig übermütig. Wenn du dann nicht immer deutlich vom Gas gehst, sobald Schalten angesagt ist, quält die Getriebe-Software den kalten Motor selbst bei relativ wenig Pedaldruck gerne bis über 3.000 pro Minute. Wieso eigentlich? Die 400 Newtonmeter ab 1.500 pro Minute reichen doch dicke aus, um bei zweieinhalb zu schalten.
50 Touren später liegt das gleiche Drehmoment beim BMW.Motor an, der ebenfalls an einen ZF8-Automaten gekoppelt ist. Der schaltet nicht nur zügiger und geschmeidiger, er bildet auch mit dem Vierzylinder ein eingespielteres Team.
Vierzylinder: 300 vs. 258 PS
Meeting geschafft, also geht’s los zur Vergleichsfahrt. Der BMW.Motor (258 PS) reagiert für einen Turbomotor extrem zackig – der F-Type zeigt ein ebenfalls aufgewecktes Ansprechverhalten, nur nicht ganz auf dem beeindruckenden Niveau des Z4.
Stellen wir nun die wichtige Frage: Knallt und rumst der F-Type-Auspuff wie verrückt? Nö, selbst mit offener Klappe hat das nichts mit dem amüsanten (oder prolligen) Chinageböller der großen Brüder zu tun. Was bleibt, ist ein recht rauer Klang mit leichtem Gefauche unter Volllast.
Die Maschine aus München klingt hingegen erstaunlich kultiviert, hört sich nie nach angestrengtem Vierender an – dazu gibt’s eine passende Auspuffnote. Und überhaupt: Der soll weniger Leistung haben? Sicher?
Das Messprotokoll bestätigt diesen Eindruck, so braucht der Engländer mit 6,0 Sekunden vier Zehntel länger auf 100 Kilometer pro Stunde, auch darüber spielt er seine 42 Extra-PS nie aus. Nicht ganz unschuldig daran wird sein Mehrgewicht von 143 Kilogramm sein, das auch den mit 10,1 Litern rund 17 Prozent höheren Testverbrauch mitverschuldet.
Klinisch reines Handling
Der BMW Z4 lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Zu ausgewogen ist die Gewichtsverteilung, die Traktion auf der angetriebenen Hinterachse viel zu effektiv, das Fahrverhalten neutral abgestimmt: hohe Fahrdynamik, wenig Drama.
Das bietet eigentlich Angriffsfläche, denn eine Prise Aufregung im Handling mit dezenter Rutscherei des Hecks ist ein Merkmal der V6- und V8-Modelle des Jaguar F-Type. Ohne wilde Provokation ist das aber nicht das Ding des P300. Die 295er Pirellis lassen sich nicht mal eben überrumpeln, so ist das Fahrverhalten bei Landstraßentempo ähnlich zahm wie beim Z4. Das Gripniveau der Vorderachse ist etwas niedriger, der Jaguar drückt mit der Schnauze also schon leicht nach außen, wenn der BMW noch Reserven vorhält.
Die passend direkte F-Type-Lenkung fühlt sich beim Übergang über die Mittellage gleichmäßiger an als die des BMW Z4. Insgesamt ist sie jedoch nicht sonderlich gesprächig, liefert weniger Gefühl für die Straße.
Die genauso direkte Z4-Lenkung ist stärker angebunden, zudem ist ihre Rückmeldung im Grenzbereich deutlich. Fahrbahnunebenheiten werden kaum oder nur sehr zurückhaltend als Stöße in die Lenkung übertragen. Das finden viele Fahrer exakt so richtig, andere wünschen sich diese Informationen (Entwickler nennen sie „ Störinformationen“) in ausgeprägterer Form, weil das für sie fahraktiver wirkt.
Das erreicht der Jaguar F-Type immerhin über ein knackiges Fahrwerk, das geringe Karosseriebewegungen mit anständigem Komfort vereint. Wank- und Nickbewegungen vermeidet der BMW Z4 gleichermaßen, filtert Fahrbahndefekte dafür stärker: geringfügig entkoppelteres Fahrgefühl, spürbar geschmeidigere Federvorgänge.
Das liegt auch an den ein Zoll kleineren Rädern, die im Vergleich mit dem F-Type hinten 20 Millimeter schmalere Reifen tragen. Das Traktionsniveau ist dennoch enorm. Die Z4-Hinterachse wirkt derart fest an den Asphalt geschraubt, dass die gelegentlichen Eingriffe der Traktionskontrolle unnötig erscheinen. Die stören besonders im Jaguar. Egal, die Dynamikmodi schaffen Abhilfe.
Doch wilde Hunde sind letztlich beide nicht, dafür versteht der Münchner viel von Komfort. Trotzdem ist er fahrdynamisch mehr als kompetent, ein unglaublich ausgeglichener Roadster. Der Jaguar F-Type P300 Chequered Flag hingegen ist ein richtig cooles Spaßauto, dem wir hier kein Charisma im Sinne einer versöhnlichen Freundlichkeit andichten müssen – hat er gar nicht nötig. Ja, er kriegt vom BMW Z4 speziell bei Infotainment sowie Sicherheits- und Assistenzsystemen ganz schön auf die Mappe. Wirklich problematisch ist aber nur der exorbitante Preis.