Jeep Renegade 2.0l MultiJet Automatik im Test
Der kleinste Jeep heißt seit einem Jahr Renegade. Neuester im Familienbunde ist der 140 PS-Diesel mit Automatik. Wir haben den Jeep Renegade 2.0l MultiJet Automatik im Test über Stock und Stein gejagt und wollen wissen wo seine Stärken und Schwächen liegen.
Größe ist ja bekanntlich relativ. Für einen Sechsjährigen kann es eine ziemlich fiese Herausforderung sein, sich beim Eisverkäufer überhaupt bemerkbar zu machen. Während einem Baum von Kerl wie Wladimir Klitschko vermutlich das komplette Eisverkaufsmobil schon sehr unter den Achseln zwicken würde, müsste er sich hinter den Tresen falten.
Jeep Renegade. Kompakt ist relativ
So ist das auch beim Nesthäkchen der Jeep-Familie, dem Renegade. 4,26 Meter misst der Jeep Renegade vom einen Ende bis zum anderen. Der dreitürige Jeep Wrangler ist kürzer, vom 3,3 Meter kurzen Urahn Jeep Willys einmal ganz zu schweigen, ein aktueller VW Golf exakt gleich lang. Doch in der pompösen SUV-Welt aus Fünfmeter-Brummern und Soccer-Mom-Siebensitzern gehören Typen wie er eben eher zu denen, die bei der Eisbestellung wild mit dem Finger schnippen müssen.
Dabei ist der Renegade eigentlich schon ziemlich viel Auto dafür, dass ihn manche Markbeobachter hartnäckig als „sub-kompakt“ missverstehen, erwachsen ist er allemal. Untermauert wird dies von der Version, die jetzt als letzte die Angebotspalette vervollständigt und zum Einzeltest antrat: der 140-PS-Diesel in Kombination mit der Neunstufenautomatik steht seit Sommer 2015 bei den Händlern.
Diese Version eines stadttauglich dimensionierten Diesel-SUV mit Automatik mögen besonders die Europäer gerne, die Importeure aus Fernost nicht so sehr, wo entsprechende Angebote zum Teil schlicht fehlen. Doch auch Jeep setzt eine Hürde, diese nervenschonende Fortbewegungsart zu entdecken – mit der Preisliste. Diesel-Automatik gibt es nur für den Renegade in Limited-Ausstattung oder gleich als 170-PS-Variante mit der Trailhawk-Offroad-Armierung. Ab 31.100 Euro kostet der Spaß, auf den ersten Blick viel Unterschied zu den 19.900 Euro Renegade.Basispreis. Wer genau in die Liste blickt und die nicht zu Ende gebauten Fronttriebler-Varianten (immerhin sieben von zwölf) ausblendet, empfindet den Sprung jedoch nicht mehr ganz so dramatisch. Viel Geld bleibt das dennoch, zumal man bei der Konkurrenz für ähnliche Tarife schon eine SUV-Klasse größer serviert bekommt.
Kaum lahmer als die 170-PS-Version
Eingeordnet wäre er damit also, der Renegade. Also losfahren. Das geht verhältnismäßig flott, denn der Limited hat serienmäßig den schlüssellosen Zugang und einen Startknopf an Bord, Zündschlossfummeln war gestern. Noch den 170-PS-Trailhawk im Hinterkopf, fällt schnell der erste Groschen: der hier reicht eigentlich. Denn auch mit seinen 140 PS wirkt der Zweiliter-Multijet nicht zwingend schwächlich. Dass der grundsätzlich durchzugsstarke Diesel dennoch nicht als echter Reißer in die Jeep-Geschichte eingehen wird, liegt eher an seiner Peripherie. Die bürdet ihm zum einen mit 1,6 Tonnen Leergewicht ein ordentliches Päckchen auf, zum anderen agiert die Neustufenautomatik unten herum nicht so agil, wie man das angesichts der schieren Anzahl an Gängen vermuten möchte.
Was nicht heißt, dass sich der Renegade auf der Straße nicht schnell fahren lässt. Es ist nur ein anderes „schnell“. Die gemessenen knapp elf Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 lesen sich wie Autobahn ganz rechts, doch das ist eine Fehlinterpretation. Denn vor allem das Fahrwerk, die ordentlich zupackende Bremsanlage und die zielgenau auf die Fahrerwünsche eingehende Lenkung sorgen dafür, dass man es mit dem Kompakt-Jeep in kurvigem Geläuf ordentlich fliegen lassen kann. Nach der Kurve wieder auf Marschtempo zu kommen, dauert eben einen Tick länger als anderswo.
Renegade – ein echter Jeep?
Die eigentliche Frage aber, die vor allem aus der eingeschworenen Fan-Gemeinde jedem neuen Jeep gestellt wird, lautet: ist das ein echter? Die Marketingabteilung bei Fiat-Chrylser zückt in diesem Fall gerne den „Trail Rated“-Badge, der belegen soll, dass der damit verzierte Wagen (im Serienzustand, wohlgemerkt) den Rubicon Trail bewältigt hat. Seien wir ehrlich, liebe Jeep-Chefs: das glaubt euch beim Renegade keiner, auch wenn die Trailhawk-Version diese Plakette stolz auf der Flanke trägt.
Und wo wir schon bei einem ehrlichen Wort sind: die gefühlt 50 Zitate in Form von Piktogrammen und Schriftzügen im und am ganzen Auto mit dem Bezug auf Marke sowie Markenopa Willys sind dann doch vielleicht ein bisschen dick aufgetragen, hat der Renegade doch gar nicht nötig. Denn der ist auch ohne die ganze Schminke ein echter Jeep, eben in seiner Klasse.
Charakterstark in seiner Klasse
Diese Klasse besteht aus Modellen wie dem Skoda Yeti oder dem Opel Mokka, und beiden zeigt der Jeep Renegade die – wieder ein Zitat – in Form von Weltkriegs-Willys-Benzinkanistern designten Rücklichter, sobald die Straße endet. Das liegt an ein paar ganz ordentlichen Eckwerten, allen voran die Gesamtübersetzung. Den Renegade mit Diesel und Automatik zieren sehr kurz übersetzte Achsantriebe, dazu fällt der erste Gang der Neunstufenautomatik ebenfalls besonders kurz aus.
So kann sich der Fahrer auf eine passable Kriechgeschwindigkeit im schwierigen Gelände verlassen, Drehmomentunterstützung kommt dazu vom Wandler der Automatik. Der Allradantrieb, üblicherweise schlupfabhängig automatisiert, kann außerdem verblockt werden, um beim Geländeeinsatz sofort und unmittelbar alle Räder anzutreiben. Etwas euphorisch beschriftet, doch im Gelände tatsächlich brauchbar: der Schalter für „4WD Low“. Üblicherweise aktiviert man mit so etwas eine Geländeuntersetzung, beim Renegade wird jedoch nur der erste Gang gesperrt und das Auto kann in kniffligen Situationen behutsam rangiert werden, ohne sich um die Automatik zu kümmern.
Jeep Renegade Trailhawk besser im Gelände
Tatsächlich ist der Jeep Renegade damit abseits der Straße erstaunlich kompetent. Seine echte Schwachstelle ist die überschaubare Bodenfreiheit und die ausladende Frontschürze, so dass für häufigeren Geländebetrieb dann doch kaum ein Weg an der besser präparierten Trailhawk-Version oder gleich dem großen Bruder Jeep Wrangler vorbei geht.
Weil aber im Alltag ganz andere Fähigkeiten zählen als tiefer Matsch und hohe Berge, auch hierzu noch der Faktencheck. Über den Verbrauch des Jeep Renegade mit 140-PS-Diesel und Automatik lässt sich weder positives noch negatives berichten – er liegt voll im Mittel dieser SUV-Klasse. Im Normalbetrieb dürfen 6,5 bis 7,0 Liter eingeplant werden, die Fünf vor dem Komma schafft man nur mit komatöser Fahrweise. Was dagegen aus der Masse hervorsticht, ist das Platzangebot im Jeep Renegade. Sieht man ihm von außen gar nicht an, doch tatsächlich kommen da drin vier Erwachsene durchaus passabel unter, wenn sie keine all zu großen Ansprüche an das Reisegepäck stellen – bei aufgestellten Sitzen ist der Kofferraum eher unüppig dimensioniert.