Renault Avantime 3.0 V6 24V

Er sieht aus wie ein Autokonzept aus der Traumfabrik Hollywood, stammt aber aus Paris: Der Renault Avantime 3.0 V6 ist der Vorreiter einer neuen, großzügigen Designlinie.
Der erste Fahrbericht mit dem neuen Luxus-Coupé von Renault ist zunächst ein Starr-Bericht: Wo der kantige Fünfsitzer mit dem ungewöhnlichen Heck auch auftaucht, wird er angestarrt.
Der formale Bruch mit den sattsam bekannten zeitgenössischen Auto-Figuren bringt der französischen Marke jenseits aller technischen Tabellen jedenfalls den ersten Pluspunkt ein: Über den Avantime, den man im Sinne der Erfinder vorne französisch und hinten englisch „Awangtaim“ ausspricht, wird gesprochen.
„Die Welt eines Coupés“, begründet Renaults Vertriebschef François Hinfray die formale Attacke auf traditionelle Autoformen, „ ist elegant und fahraktiv. Renault möchte deshalb mit dem Avantime in diesem Segment die Rückkehr in die Luxusklasse starten.“
„Coupés“, ist auch Design-Chef Patrick LeQuément überzeugt, „ vermitteln ihren Fahrern durch ihre charakteristische Raumgeometrie vom ersten Kilometer an ein positives Gefühl der Fahrzeugbeherrschung.“ Sprach’s und beauftragte die kreative Truppe unter Thierry Metroz in Renaults Design-Studio Barcelona, ein Destillat zu entwickeln aus den Vorzügen klassischer Limousinen, geräumiger Monospace-Fahrzeuge wie dem Espace und wohldurchdachten Kombis. „Der Avantime“, umreißt Metroz das Fundament spanisch-französischer Inspiration, „entstand im Dialog mit der Architektur. Über einem soliden automobilen Fundament soll ein lichterfülltes oberes Fahrzeugteil schweben.“ Das Resultat wartet ab September beim Händler auf Kundschaft.
Es sind nicht eben die dem Mainstream verpflichteten Durchschnittskäufer, die Renault als Zielgruppe ausgemacht hat: "Dynamische Paare und kreative Menschen, die sich vom Mainstream positiv abheben und mit einem Auto nicht in erster Linie ihren Sozialstatus plakatieren wollen."
"Der Avantime", definiert Metroz das Design-Konzept, "soll seine Betrachter beim Herumgehen immer wieder verblüffen. Wer ihn von vorn anschaut, schließt kaum auf das Heck und umgekehrt."
Da ist was Wahres dran, wenn man den Avantime so betrachtet. Von vorne wirkt er wie ein facegelifteter Espace, unauffällig in einer vangewohnten Welt. Von der Seite und von hinten hat er etwas von einer Raum-Station auf Rädern. Die steil stehende, gewölbte Heck.cheibe schlägt den Bogen zu den formal atemberaubenden Renault-Coupés der dreißiger Jahre, Nervasport und Reinastella. Die Rhomben der Rückleuchten nehmen dabei die Form des Firmen-Logos wieder auf.
Der neue Avantime kommt den vier Passagieren – der fünfte Platz hinten in der Mitte ist faktisch eher ein Notsitz mit Beckengurt – einladend entgegen. Die Türen, wiewohl 1,4 Meter breit, beanspruchen bei weitem nicht soviel Platz in der Parkbucht, wie Coupé-Kenner befürchten.
Der Grund dafür sind die wirklich pfiffigen Scharniere, welche die Türen und damit den Drehpunkt etwa zehn Zentimeter von der A-Säule weg nach außen schwenken. Dadurch entsteht selbst bei moderatem Öffnungswinkel ein sehr bequemer, Platz sparender Einstiegsbereich.
Der gleiche Komfort kommt auch den hinten reisenden Mitfahrern zugute. In den Avantime-Fond fädeln sich selbst groß und rund gewachsene Mitteleuropäer nicht etwa ein; sie betreten ihn. Das liegt mit daran, dass dem Avantime die B-Säule fehlt. Die obere, das Dach tragende Leichtmetallstruktur läuft in einem Schwung von der vorderen A-Säule durch bis zum Heck.
Unsicherheitsfaktoren sind die großen Türen und die fehlende B-Säule deshalb nicht. Die vollverzinkte Bodengruppe stammt noch vom alten Espace, gehört damit zu den Top Ten ihrer Klasse nach der Euro-NCAP-Crashnorm, wird durch den Aluminium-Aufbau noch verstärkt und bietet im Verein mit den massiven Türstrukturen auch hohe Sicherheit beim Seitenaufprall.
Ellenbogen, Körper, Kopf und Knie reisen im Avantime herrlich anstandslos. Da die Sitze im Gegensatz zu Limousinen wie bei einem Van in leicht erhöhter, also ergonomisch günstiger Position montiert sind, lässt sich der Renault auch ohne quälende Ächz-und-Hock-Gymnastik schmerzfrei wieder verlassen Die Privilège-Ausstattung, mit welcher der Verkaufsstart des Avantime im Herbst beginnt, überzeugt durch sauber verarbeitetes Leder. Serienmäßig ab der Version Dynamique ist das große Glasschiebedach, für das es nicht nur einen Schalter zum Öffnen und Schließen gibt, sondern einen zusätzlichen Knopf, der alle vier Seitenscheiben und das Dach gleichzeitig aktiviert. Im Nu sitzen die Avantime-Passagiere praktisch in einem Dreiviertel-Cabrio, worin ein zusätzlicher Reiz liegt.
Der auf der Basis des bewährten Euro-V6 entwickelte Dreiliter-Sechszylinder ist eine Antriebsquelle, die gut in das Konzept passt. Mit 207 PS hinreichend kräftig, unterdrückt die aufwendige Geräuschdämmung des Avantime aufdringliche Töne bereits im Keim. Es geht mit unauffälligem Nachdruck zur Sache, weder brummig noch nervend, was den guten ersten Eindruck vom gebotenen Reise-Komfort freundlich akzentuiert.
Auch das neuentwickelte Sechsganggetriebe, das eigentlich eine Fünfgang-Box mit lang übersetztem, zusätzlichem Schongang ist, erfreut durch ein hohes Maß an Kooperation mit den Fahrerwünschen. Leicht und geräuschlos schaltbar, soll es durch eine modifizierte Verzahnung auch reibungsärmer und damit Sprit sparender laufen.
Die Schaltwege sind angenehm kurz, und in den ersten Fahrstufen geht es zügig voran. Renault nennt 8,6 Sekunden für den Spurt von null auf 100 km/h; erst bei Tempo 220 halten sich Fahrwiderstände und Leistung die Waage.
Ab November wird es den neuen Vierzylinder-Turbo mit 163 PS als Basisantrieb geben, im Frühjahr 2002 eine neue Fünfgang-Automatik, und im Sommer folgt dann der 2,2-Liter namens dCI, ein Common-Rail-Turbodiesel mit 147 PS.
Renault will von dem bei Matra mit einer Kunststoff-Haut beplankten Avantime in den ersten fünf Jahren zwischen 60.000 und 80.000 Exemplare verkaufen. Wer zugreift, bekommt ein sehr komplett ausgestattetes Auto mit angenehmen Fahreigenschaften zu einem fairen Preis (Basis knapp unter 60.000 Mark). Die Starr-Allüren der Nachbarn gibt es gratis dazu.