VW Golf GTE im Fahrbericht
Auf der Autobahn 222 km/h schnell und in der City dennoch ganz leise – der neue VW Golf GTE fungiert als Plug-in-Hybrid gleichermaßen als Langstreckenrenner wie E-Auto. Wir sind das 1,5-Liter-Auto gefahren.
Mit Kabelanschluss mehr erleben – dieser Spruch lockte Ende der Achtziger viele Kunden in die Filialen der Bundespost, bescherte Deutschland anschließend erst aufgerissene Straßen und später das lang ersehnte Kabelfernsehen. Seither ist viel passiert. Wer mag, kann inzwischen rund um die Uhr nahezu alles und überall gucken. Auf dem Sofa, am Strand und per WLAN-Hotspot sogar im Auto.
VW Golf GTE fährt 50 km rein elektrisch
Der Slogan selbst gewinnt wieder mehr Aktualität. Zu dem Ende des Jahres erhältlichen VW Golf GTE passt er beispielsweise bestens. Denn der Plug-in-Hybrid rennt auf der Autobahn mittels seines 150 PS starken 1.4-TSI-Benziners nicht nur 222 km/h, dank zusätzlichem 75-kW-E-Motor sprintet er auch in 7,6 Sekunden auf 100 km/h und fährt bis zu einer Geschwindigkeit von 130 km/h oder 50 Kilometer sogar rein elektrisch. So er denn zuvor verkabelt war. An der heimischen Steckdose wären die 120 Kilo schweren Lithium-Ionen-Batterien nach drei und 45 Minuten wieder voll. Wer aber Sehnsucht nach der Tankstelle hat, kann seinen TSI auch während der Fahrt beständig laufen lassen, um die Akkus mit einem Energiegehalt von 8,7 kWh wieder aufzuladen.
Beispielsweise wenn man sich nach flotter Fahrt im speziell geschaffenen GTE-Modus wieder den heimischen Gefilden nähert. Die Trennung fällt allerdings schwer. Denn ist GTE einmal per Taste aktiviert, strafft der Golf sämtliche Kennlinien, klingt dank Soundgenerator kerniger, und die volle Systemleistung von 204 PS sowie das maximale Drehmoment von 350 Nm stehen für alle Spurtvorhaben bereit. Das Sechsgang-DSG im VW Golf GTE arbeitet derweil bekannt schnell und ruckfrei. Neu hinzugekommen ist lediglich der B-Modus.
Einmal den Schalthebel nach hinten gezogen, schon rekuperiert der E-Motor bei Gaswegnahme so kräftig, dass ein Bremsen kaum mehr nötig ist. Ebenso erfreulich: Trotz seiner 1.599 Kilo fegt der VW Golf GTE ohne adaptive Dämpfer locker flockig durch schnelle Wechselkurven. Von frühem Untersteuern keine Spur.
Das nächste Dorf naht, schnell den E-Modus aktivieren und siehe da: Der VW Golf GTE macht fast noch mehr Laune. Der Elektromotor geht dank seiner vom Start weg dargebrachten 330 Nm mit einer beeindruckenden Vehemenz voran, dass kein GTI oder GTD folgen dürfte. Schon gar nicht so leise.
DSG mit integriertem E-Motor
Der konstruktive Aufwand hierfür ist allerdings gleichermaßen durchdacht wie aufwendig. So baut VW beispielsweise nicht einfach einen Standard-TSI ein, sondern einen optimierten Ableger mit speziell beschichteten Lagern, Kolbenringen und einigem mehr. Da es dem Turbobenziner auch mal passieren kann, dass er im Pendelverkehr wochenlang nicht läuft, dann aber plötzlich mit voller Kraft ackern muss, gehen die Wolfsburger hier auf Nummer sicher. Selbst ein spezieller luftdichter Tank kommt im VW Golf GTE zum Einsatz – der Sprit kann so nicht verdunsten. Den Vierzylinder, der um 57,5 Millimeter nach links versetzt wurde, trennt eine Kupplung von Sechsgang-DSG und permanenterregter Synchron-E-Maschine, die wiederum im Getriebegehäuse integriert ist. Drei Kühlkreisläufe sorgen schließlich dafür, dass alle Beteiligten stets ideal temperiert sind.
Im Alltag macht sich der konstruktive Aufwand schnell bezahlt. So ist vom Ankoppeln des Benziners wie auch von den Schaltvorgängen des Doppelkupplungsgetriebes nur sehr wenig zu spüren. Auch die Bremsen des VW Golf GTE lassen sich sehr gut dosieren. Bestens ablesbare Rundinstrumente, verständliche Anzeigen und klare Bedienstrukturen informieren und helfen derweil dem Fahrer bei der Wahl der gerade aktuellen Antriebsquelle. Die Batterien, für die VW eine Garantie über acht Jahre gewährt (oder 160.000 km), lagern vor der Hinterachse.
VW Golf GTE mit weniger Laderaum und hohem Preis
Womit wir auch schon bei den Nachteilen des VW Golf GTE wären. Denn um Platz für die Akkus zu schaffen, musste der um zehn Liter verkleinerte Kraftstofftank in den Kofferraum ausweichen. Anstatt 380 bis maximal 1.270 Liter müssen dem GTE-Fahrer daher 272 bis 1.162 Liter genügen. Selbst ein Polo packt mit minimal 280 Litern mehr Gepäck ein. Immerhin dürfte die erlaubte Zuladung von 496 Kilogramm locker ausreichen.
Gravierender wirkt sich der hohe Grundpreis des VW Golf GTE aus. Satte 36.900 Euro ruft VW für den nur als Viertürer erhältlichen Plug-in auf. 16-Zoll-Aluräder mit Leichtlaufreifen, LED-Scheinwerfer, Klimaautomatik, Sportsitze, Parkpiepser, Radio inklusive Touchscreen zählen zur Serienausstattung. Zudem ist alles, was beim GTI rot ist, blau gefärbt. Die Spange im Kühlergrill ebenso wie Bremssättel, die karierten Sitze und sämtliche Nähte. E sind GTI und GTD mit 31.500 sowie 32.525 Euro (inklusive Fondtüren und DSG), aber viel günstiger. Legt man den NEFZ-Fabelwert des GTE von 1,5 l/100 km (nach ECE-Norm R101) in Kombination mit dem Stromverbrauch (11,4 kWh/100 km) zugrunde, spart der Plug-in gegenüber dem GTI (6,4 l/100km) pro 100 Kilometer nur rund vier Euro. So dauert es sehr lange, bis man den Aufpreis wieder reingefahren hat – es sei denn, man fährt ständig rein elektrisch.
Was bleibt? Letztlich nur das Erlebnis, einen sportlichen, kompakten VW Golf GTE völlig leise durch Kurven scheuchen zu können. Wenn auch nur für wenige Kilometer.