Das Angebot wächst weiter

Das Angebot an ausgebauten Kastenwagen mit Aufstelldach wächst zunehmend. Und die Späteinsteiger unter den Anbietern bringen spannende Neuentwicklungen auf den Markt. Ein Überblick.
Es hat eine Weile gedauert, bis die Hersteller ausgebauter Kastenwagen erkannten, dass Aufstelldächer nicht nur kompakten Campingbussen wie dem VW California einen echten Mehrwert bringen.
Pössl, Hymer und Vantourer waren unter den Vorreitern, die ein Klappdach ins Angebot ihrer Ducato-Ausbauten aufnahmen. Adria, Knaus und Malibu zählen zu den Herstellern, die erst jüngst nachgezogen haben. Zum Vergleich: Bei Bulli und Co. gibt es Aufstelldächer bereits seit vielen Jahrzehnten.
Extrabett und Aussichtsplatz
Klar, während die kompakten Campingbusse erst mit einem aufgestellten Klappdach – oder einem festen Hochdach – echte Stehhöhe im Innenraum gewinnen, ist dies bei Campern der Ducato-Klasse in der Regel generell gegeben.
Für den Dachausbau sprechen dennoch gute Gründe: Neben den üblichen festen Heckbetten entstehen so schnell zwei weitere Schlafplätze, ohne dass die Sitzgruppe zum – oft wenig bequemen – Nachtlager umgebaut werden muss. Was eben auch dazu führt, dass sowohl Sitzgruppe als auch Durchgang meist blockiert sind.
Bei einigen neueren Aufstelldächern lassen sich zudem die Stoffwände mittels Reißverschluss beinahe komplett öffnen und so weit zur Seite raffen, dass sich das Obergeschoss (siehe oben) in eine luftige Aussichtsplattform verwandelt.
An vielen Orten sicherlich eine sehr reizvolle Möglichkeit. Nicht nur für Kinder ist "oben schlafen" außerdem auch immer ein kleines Abenteuer. Weil es sich fast wie Zelten anfühlt. Also ähnlich naturnah, aber mit – je nach Ausstattung – viel mehr Komfort.
Alle Marken mit Aufstelldach-Kastenwagen
Diese Modelle gibt es für die Saison 2021/22 im Angebot.
Adria
Modelle: nur im Adria Twins Sports Edition 640 SGX erhältlich Gesamtpreis: ab 49.499 Euro Bettenmaße, Kopffreiheit: 2.000 x 1.200 mm, 1.050 mm Unterfederung: Tellerfedern Gewicht: 130 kg Weitere Infos: Bei Adria ist nur das oben angegebene 6,40-Meter-Modell mit Aufstelldach zu haben. Weitere Modelle mit Klappdach gibt es vorerst nicht.
Hymer
Modell: erhältlich für Ayers Rock, Free S, Grand Canyon S, Yosemite und YellowstoneAufpreis: ab 3.490 EuroBettenmaße: 2.000 x 1.350 mm, Sydney: 2.020 x 1.500 mmS-Modelle: 2.000 x 1.220 mm Kopffreiheit: jeweils 1.050 mmUnterfederung: TellerfedernGewicht: 120 kgWeitere Infos: Die Dachsysteme für die Modelle auf Fiat liefert SCA, für die Sprinter-Modelle PRK.
Karmann
Modelle: Grundausstattung bei den Davis-View-Modellen Gesamtpreis: ab 48.720 Euro Bettenmaße, Kopffreiheit: 1.800 x 1.200 mm, 900 mm Unterfederung: GewebematteGewicht: 125 kg Weitere Infos: Das aus GfK gefertigte Aufstelldach stammt von Reimo. Die Ausstattung ist vergleichsweise einfach, weitere Optionen wie eine Isolierung werden nicht angeboten.
Knaus, Weinsberg, Vantourer
Modelle: erhältlich für Knaus Boxstar & Boxlife, Weinsberg Carabus & Caratour, alle Vantourer Aufpreis: ab 3.999 Euro Bettenmaße, Kopffreiheit: 2.000 x 1.350 mm, 1.150 mm Unterfederung: Unterschale mit Längsrillen zur Belüftung Gewicht: 125 kg Weitere Infos: Das aus LFI (Long Fiber Injection) gefertigte Aufstelldach ist eine Eigenentwicklung von Knaus. Die Ausstattung und weitere Optionen sind üppig, allerdings wird die Dachschale ausschließlich in Weiß angeboten.
Malibu
Modelle: Grundausstattung bei allen Family-for-4-Modellen Gesamtpreis: ab 51.090 Euro Bettenmaße, Kopffreiheit: 2.000 x 1.350 mm, 1.000 mm Unterfeder.: Kunststoffgewirke Gewicht: 105 kg Weitere Infos: Die Dachschale besteht aus einer Sandwichplatte, die von Kunststoff-Verkleidungsteilen eingerahmt ist. Das Dach lässt sich auch mit dem Skyview-Dachfenster kombinieren.
Pössl
Modelle: Erhältlich für alle Fahrzeuge außer P2 Relax, Roadcruiser Revolution, Roadcruiser XL, Trenta, Prime und H-LineAufpreis: ab 4.102 EuroBettenmaße, Kopffreiheit: 2.000 x 1.300 mm, k. A.Unterfederung: TellerfedernGewicht: 127 kgWeitere Infos: Auch Pössl setzt auf Zulieferer: Die Dächer für D-Line-Modelle sind von SCA, für die Summit von MS Components.
Westfalia
Modelle: Neben dem James Cook sind auch die Columbus-Modelle mit Aufstelldach erhältlich. Aufpreis: ab 4.990 Euro Bettenmaße, Kopffreiheit: 2.000 x 1.350 mm, 1.060 mm Unterfederung: Tellerfedern Gewicht: 85 kg Weitere Infos: Das GfK-Dach ist ein Leichtgewicht, aber auch rund 1000 Euro teurer als bei der Konkurrenz. Auf Wunsch gibt es einen elektrischen Dachaufsteller.
Neben den gezeigten Herstellern gibt es noch ein paar weitere, die Aufstelldächer für ihre großen Campingbusse anbieten. Darunter einige Marken der Hymer-Gruppe, die auch das SCA-Dach nutzen – Bürstner, Etrusco, Laika und andere. Hinzu kommen weitere Marken wie Robeta, Rocket-Camper und Flowcamper.
Vorteile und Nachteile der Aufstelldächer
Mit den Vorzügen kommen aber auch ein paar Nachteile in den Campingbus. Aufstelldächer bringen ein Zusatzgewicht von teilweise deutlich über 100 Kilo mit, die natürlich an der Zuladung knapsen. Die Extra-Kilos sind auf dem Dach auch noch ungünstig platziert, da sie den Schwerpunkt des Fahrzeugs nach oben verlagern und somit die Fahrstabilität negativ beeinflussen.
Hinzu kommt: Mit einem Aufstelldach ist die Montage von Dachhauben nur noch manchmal möglich, teils über dem Fahrerhaus, teils über der Aufstiegsluke oder im Heckbereich von langen Campingbussen. Somit sind Bäder ohne Seitenfenster unter Umständen schlecht zu lüften.
Bei den kurzen Kastenwagen mit 5,40 Metern Länge fällt der Platz auf dem Dach für weiteres Zubehör wie Transportboxen, Sat- oder Klimaanlagen komplett flach. Apropos Klima: So schön luftig die Dachbetten im Sommer sind, in kalten Nächten haben die dünnen Stoffwände natürlich nur wenig Dämmwirkung. Einige Hersteller bieten für derartige Einsätze optional Isolationsmatten oder Warmluftkanäle an, die Wärme von der Heizung bis ins Obergeschoss leiten.
Solche Optionen können für die finale Kaufentscheidung nicht unerheblich sein. Vor allem die Hersteller, die als Nachzügler neue Aufstelldächer präsentieren, haben sich einige neue Funktionen und Ausstattungsdetails einfallen lassen. Auch Materialauswahl und Aufbautechnik variieren.
Materialkunde
Alle Aufstelldächer bestehen im Wesentlichen aus einem Bodenteil, das auf das Dach des Kastenwagens geklebt wird. Eine umlaufende Schwallkante umrahmt das Bett und den Zustieg, darüber wölbt sich ein rund 20 Zentimeter hoher Deckel. Dieser besitzt in aller Regel hinten montierte Scherenscharniere und lässt sich somit vorn anheben und absenken – unterstützt von Gasdruckfedern an beiden Seiten.
Die Wände bestehen aus wasserabweisendem Baumwollgewebe. Die Fensteröffnungen sind mit Fliegengaze oder transparenter Folie geschützt. Umlaufende Gummiprofile am Deckel sorgen dafür, dass während der Fahrt keine Feuchtigkeit eindringt. Außerdem verhindert an der Stirnseite meist eine Art Spoiler, dass der Fahrtwind unter den Deckel greift und all zu starke Windgeräusche entstehen.
Bewährtes SCA-Modell
Pössl und Hymer setzen bei der Ausrüstung ihrer Modelle unter anderem auf den Dachspezialisten SCA. Die Dächer sind aus langlebigem GfK gefertigt. Im Deckel steckt ein Hartschaumkern zur Isolation, die Innenseite ist mit Velours bezogen. Eine tellergefederte Matratze, Schwanenhals-Lampen und drei Fenster mit Fliegenschutz sind jeweils – wie bei den meisten anderen Anbietern – an Bord.
Pössl spendiert seinem Dach werksseitig noch eine Dachhaube über dem Aufstieg, bietet aber ansonsten keine weiteren Optionen an. Das Hymer-Dach lässt sich gegen Aufpreis mit Isoliermatten, einem Warmluftverlängerungsschlauch und sogar einer elektrischen Heizmatte für die Matratze ausrüsten.
Auch Karmann setzt auf die Expertise eines Zulieferers und bestellt die Dächer bei Ausrüster Reimo. Die Bauweise ist grundlegend ähnlich, die Ausstattung aber relativ einfach. Mit 1,80 Metern Liegelänge und einem Abstandsgewebe als Unterfederung ist das Aufstelldach offenbar vor allem als Kinderbett gedacht.
Innovative Neuheiten
Mehr Aufwand betreibt Malibu beim ungewöhnlich konstruierten Aufstelldach der Familiy-for-4-Modelle. Der Deckel besteht dabei aus einer planen Sandwichplatte mit GfK-Außenhaut, Hartschaumisolierung und kunstbelederter Innenschicht aus Alu-Blech. Als Vorteile nennt der Hersteller eine besonders gute Isolation sowie ein geringes Gewicht von wenig mehr als 100 Kilo.
Das kann in dieser Liste nur das GfK-Dach von Westfalia mit einem Gewicht von 85 Kilo unterbieten. Weitere Besonderheit ist der nur hier verfügbare elektrische Aufsteller. Gegen Aufpreis ist zudem ein großes Solarpanel aufgeklebt. Ins Dach integrierte Aluschienen machen zudem die Montage eines Trägers möglich.
Mit dem "Pop-up-Roof" geht Hersteller Knaus eigene Wege. Das selbst entwickelte Aufstelldach, das es auch für Modelle der Marken Weinsberg und Vantourer gibt, wird in einem besonderen Herstellungsverfahren gefertigt. Bei der LFI-Technik (Long Fiber Injection) spritzt ein Roboter das Verbundmaterial schichtweise in eine Negativform und arbeitet die Isolierung dabei gleich mit ein. Die Fertigungsmethode soll eine akkuratere Verarbeitung garantieren und die Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einflüsse wie Hagel oder UV-Strahlen verbessern. Bei der Ausstattung geht Knaus in die Vollen: Neben einer Panoramafunktion, bei der sich der Zeltstoff großflächig öffnen lässt, einem nach oben geführten Heizungsausströmer und einer Schwanenhalsleuchte gibt es gegen Aufpreis zudem eine Ambientebeleuchtung, USB-Buchsen und sogar eine induktive Handy-Ladeschale.
Auch wenn es auf den ersten Blick dem Knaus-Dach ähnlich scheint, ist das Aufstelldach von Adria eine Eigenentwicklung. Das GfK-Dach bietet eine ebenso großzügige Panoramafunktion und kann zusätzlich mit einem Skyroof-Dachfenster über dem Fahrerhaus kombiniert werden. Allerdings ist es ausschließlich im Edititonsmodell des 6,40 Meter langen Twin Sports erhältlich.
Nachrüstung
Aber auch wer schon einen Campingbus hat, kann meist noch ein Aufstelldach nachrüsten lassen. So bietet etwa Dachspezialist SCA nicht nur passende Deckel für fast jeden Kastenwagen, sondern auch den Komplettservice mit Einbau und TÜV-Abnahme ab etwa 6.800 Euro. Infos unter: www.eins-draufkriegen.de
Kosten der Aufstelldächer
Die Aufpreise für die Dächer liegen bei den Herstellern gar nicht so weit auseinander. Um die 4.000 Euro kostet ein in Wagenfarbe lackiertes Dach in der Regel. Die meisten Hersteller bieten ihre Dächer als Ausstattungsoption für einige oder alle ihre Modelle. Andere, wie etwa Adria, Karmann und Malibu, haben eigenständige Modelle oder Baureihen eingeführt, die nur mit Aufstelldach erhältlich sind – mit entsprechend höheren Grundpreisen als bei Modellen ohne Dachbett.