E-Ducato als Startschuss für Elektro-Reisemobile?
Den Fiat E-Ducato gibt es ab sofort explizit für den Ausbau von Wohnmobilen – als Kastenwagen und als Triebkopf-Fahrgestell.
Ist die Camping- und Reisemobil-Welt wirklich schon bereit für Elektrofahrzeuge? Auch wenn Anne Abboud, Leiterin von Stellantis Pro One, einräumt, dass es derzeit kaum einen Markt für elektrische Reisemobile gibt, lautet die Botschaft des Konzerns: "Wir sind bereit."
Reichweite und Gewicht als Hürden
Fiat ist sich bewusst, dass für Wohnmobile mittelfristig größere Batteriekapazitäten notwendig sein werden. Aktuell werden elektrische Ducato-Modelle überwiegend von Lieferdiensten im urbanen Raum eingesetzt – dort sind Reichweite und Ladeinfrastruktur ausreichend.
Laut interner Praxistests mit einem e-Ducato-Wohnmobil liegt die Reichweite bei rund 320 Kilometern – dank einer Batterie mit 110 kWh Kapazität. An Schnellladesäulen mit 150 kW Ladeleistung dauert ein Ladevorgang etwa eine Stunde.
Ein weiteres Hindernis: das zulässige Gesamtgewicht. Alle e-Ducatos liegen bei 4,25 Tonnen. Das schließt bislang noch eine große Zielgruppe jüngerer Fahrerinnen und Fahrer aus – es sei denn, sie erweitern ihren Führerschein um die Klasse C1. Denn: Dass Halterinnen und Halter eines B-Führerscheins Wohnmobile bis 4,25 Tonnen künftig fahren dürfen, ist zwar beschlossene Sache von der EU. Der Zeitpunkt, ab wann es gilt, ist allerdings bisher nicht festgelegt.
Stromversorgung im Aufbau: dank ePTO-System
Für Reisemobilhersteller besonders spannend ist die Stromintegration im Wohnmobil-Aufbau.
Fiat verspricht Kompatibilität mit bestehenden Bordnetzen. Mit dem ePTO (Electric Power Take-Off) soll es möglich sein, Strom gezielt für Verbraucher wie Herd, Heizung oder Klimaanlage zu entnehmen – eine wichtige Voraussetzung für autarkes Campen.
Stellantis startet "Custom Fit"-Offensive
Unter dem Namen Stellantis Custom Fit startet der Konzern nun ein breit angelegtes Individualisierungsprogramm in sechs seiner Werke. Ziel ist es, technische Sonderlösungen künftig direkt im Werk umzusetzen – vor allem für gewerbliche Anwendungen.
Der Ducato dient dabei als Plattform für vielfältige Ausbauten: vom Kipper über Stauraumlösungen für Handwerksbetriebe bis hin zu zusätzlichen Sitzbänken. Ob auch Wohnmobilhersteller von dieser Werksintegration profitieren werden, ist noch offen. Denkbar wären vorbereitende Arbeiten wie Fensterausschnitte – besonders für kleinere Manufakturen.
Marktlage und Perspektiven
Das Fiat-Werk Sevel in Atessa bei Pescara produziert derzeit rund 900 Ducato-Fahrzeuge pro Tag – rund vier Prozent davon mit Elektroantrieb. Im Schnitt laufen 46 E-Modelle täglich mit über die Produktionslinie. Ob künftig ein nennenswerter Teil davon zu Wohnmobilen ausgebaut wird, ist offen.
Bisher werden mehr als die Hälfte aller konventionellen Ducato-Modelle zu Reisemobilen. Im E-Bereich hingegen ist der Markt nahezu nicht existent. Selbst potenzielle Kandidaten haben bislang kaum Marktanteil – beispielsweise der VW ID. Buzz als Camping-Version.
Während sich Elektromobilität im Pkw- und zunehmend auch im Lkw-Segment etabliert, bleibt der Durchbruch im Camper-Bereich aus. Gründe sind vor allem das hohe Gewicht, der Preis, eine unzureichende Ladeinfrastruktur auf Stell- und Campingplätzen – und eine gewisse Skepsis gegenüber der Technik.
Dabei zeigen Studienfahrzeuge wie der vollelektrische Ford Transit als Wohnmobil-Prototyp, dass Alltagstauglichkeit durchaus möglich wäre. Wer solche Konzepte getestet hat, ist meist überzeugt – doch in Serie ist bislang noch kein Elektro-Camper angekommen.