Familientreffen der besonderen Sorte. Ford's RS-Geschichte
bietet so einige turbogeladene Schmankerl und erreicht nun mit dem
neuen Focus RS ihren ultimativen Höhepunkt.
Während der RS200 ein reines Homologations-Tool ist und mit
einem Straßenfahrzeug so gut wie nichts zu tun hat, referenzieren
die Focus-RS-Generationen auf jeweils ganz eigene Weise auf die
Rallye-Aktivitäten der Kölner.
200 Versionen des RS200 musste Ford aus Homologationsgründen auf
die Straße bringen - letztendlichen entstanden nur gut 140, wobei
die Storys über die Hintergründe etwas auseinandergehen.
Der RS200 hat mit einem Auto herzlich wenig zu tun, es ist eher
eine Maschine - eine Höllenmaschine. Scheiben, Türen und die
Dachpartie stammen vom Sierra, der Rest folgt allein dem
Reduce-to-the-max-Prinzip.
Front- und Heckpartie sind an Rohrrahmen aufgegittert, das
Mittelstück bildet eine Zelle aus Kohlefaser-Aramid-Gewebe, drüber
liegt eine Kunststoffhaut mit der Konsistenz von Wellpappe.
Du riechst seine Ausdünstungen, spürst die Abwärme, dazu der
Klang, den das Wort Radau wohl am treffendsten beschreibt. Bis
4.000 passiert nichts Weltbewegendes, dann bricht die Apokalypse
los.
Turbo vom alten Schlag: Der 1,8-Liter-Vierzylinder – ein
halbierter Cosworth-Formel-1-Motor – bündelt seine 241 PS der
Serienkonfiguration quasi nur in der zweiten Drehzahlhälfte.
Ein Blick unter die große Motorhaube zeigt die Fragilität und
Zweckmäßigkeit des RS200. Jedes einzelne Teil wurde aus rein
funktionalen Aspekten gestaltet - Design? Drauf gepfiffen!
Drinnen gibt es nur das, was die StVZO verlangt, und Platz für
den Piloten gehört offenbar nicht dazu. Gas und Bremspedal liegen
so eng beisammen, dass man den Fuß bei der Bedienung des einen
immer am jeweils anderen vorbeirenken muss.
Zwei Jahre nach dem Debüt des RS200 nimmt der Aberwitz seinen
unvermeidlichen Lauf, und die Gruppe B zerstört sich selbst. In der
Rallye-WM brechen fortan die besinnlichen Jahre an. Das hindert
Ford jedoch nicht weitere RS-Kracher zu entwickeln.
Die RS-Modelle dienen nicht mehr der Homologation, sondern in
erster Linie der Emotion, sollen sich selbst verkaufen und mit
ihrer Ausstrahlung die brave Verwandtschaft am besten gleich
mit.
Die ersten beiden RS-Versionen auf Ford-Focus-Basis müssen ihre
Turbomotoren dementsprechend mit den Vorderrädern auf die Straße
bringen – aber natürlich nicht einfach so.
In Episode eins steckt Ford als Erster überhaupt ein
Sperrdifferenzial in die Front. Die Sperrmechanik und die rigorose
Abstimmung sorgt dafür, dass der erste Focus RS nicht nur kurvt,
sondern sich ums Eck reißt.
Aus zwei Litern Hurbaum holt der erste Focus RS 215 PS. Die 310
Nm reichen, um den 1.280 kg leichten Kompaktsportler in 6,7 s auf
100 km/h zu beschleunigen.
Der Fünf-Zylinder-Turbo entspringt der ehemaligen Partnerschaft
mit Volvo. Im Sondermodell RS 500 leistet das Aggregat mit 350 PS
genau so viel, wie der neue Focus RS.
Und wie einst ist das Prinzip wieder ein einzigartiges – mit dem
Unterschied, dass es nun nicht mehr nur Traktion und Fahrdynamik
steigern soll, sondern insbesondere das Entertainment.
Statt mit einer Kupplung für die komplette Hinterachse arbeitet
der neue Focus RS mit einer pro Hinterrad. Die Steuerung erfolgt
elektronisch anhand unterschiedlichster Fahrparameter, abhängig vom
gewählten Fahrmodus.
Das Beste daran: Der Allrad ändert nichts am wilden Charme des
Ford Focus RS; was sich ändert, ist nur die Art der Fahrdynamik,
ihre Intensität und vor allem die Richtung, aus der sie
angreift.
Mit dem 2,3-Liter-Vierzylinder motorisiert er nun wieder fast so
schlank wie Generation eins – einziger Unterschied, dass sich der
Turbodruck nun als Dauerhoch zwischen Standgas und Maximaldrehzahl
ausbreitet. Das sorgt für 350 PS und 470 Nm .
Dazu ist der Focus nun erstmals wandlungsfähig, vor allem im
Fahrwerk. Die adaptiven Dämpfer erweitern das Spektrum einen Tick
Richtung Komfort und ein großes Stück in Richtung Performance.
Wie schon in Generation zwei sorgen die schwäbischen
Spezialisten von Recaro dafür, dass Fahrer und Beifahrer zumindest
sitztechnisch dem querdynamischen Potential des RS gewachsen
sind.
Literleistungsgesellschaft: Der Twin-Scroll-Lader des Mk III
holt so viel aus vier Zylindern wie der RS500 aus fünf. Der Zwonull
der ersten Generation bringt 215 PS, der 1.8 im RS200 im
Rallycross-Trimm über 600!
Der neue Focus RS setzt die RS-Story konsequent fort und ist
dank seines Jeck-Antriebs der spaßigste seiner Art und
wahrscheinlich darf man ihn am Ende sogar als eine Art Best-of
seiner Vorgänger ansehen.