Umbauten von Moto Guzzi, BMW und Yamaha V-Max

Wir lehnen uns jetzt mal weit raus und behaupten: Viel freundlicher, beseelter und perfektionistischer im Anspruch als Axel Budde kann ein Mensch kaum sein. Kommen Sie mit, wir besuchen den Motorradumbauer und seine Moto Guzzi.
Wie tickt eigentlich jemand, der Motorräder umbaut – so drei bis vier Stück im Jahr? Ganz allein, auf 40 Quadratmetern Werkstatt. Plus Kaffeeküche samt röchelnder La Pavoni. Schließlich geht es um „ Kaffeemaschine“, die Marke von Axel Budde. Seit 2013 steht der Wahlhamburger damit für puristischen hochwertigen Maschinenbau, akkurate Moto-Guzzi-Einzelstücke.
Umbau, das klingt so ein bisschen nach Schrammeltuning, Krawallauspuff und Flimmerlack. Weit gefehlt. Axel ist Perfektionist, Ästhet, Mechaniker, Metallphilosoph. Vor allem liebt er Motorräder, am meisten die italienischen mit dem quer eingebauten V2. Betonmischer schimpfte man sie schon, und auch Axel gesteht: „Sicher gibt es Schnellere, aber keine hat mich so gekriegt. Ich will das Motorrad dominieren und nicht gefahren werden, von Assistenzen im Hintergrund beschützt. Meine Maschinen machen Spaß, du kannst ihr Potenzial ausschöpfen und musst dich nicht davor fürchten.“
Qualität und Detailliebe
„Wenn ich etwas umbaue, dann muss ich die Substanz mögen, Ich reduziere sie runter, bis auf die Essenz.“ Sein erstes Motorrad war eine BMW, doch die flashte ihn viel weniger als die Guzzi. Und seine Kunden? Die orientieren sich normalerweise an existierenden Maschinen, wünschen sich spezielle Farben oder individuelle Details. Diesen Käufern macht Axel dann konkrete Vorschläge, andere bringen sich selbst stärker ein. Manche haben richtig Ahnung, sind Enthusiasten. Wobei man kein Spezialist sein muss, um Qualität und Detailliebe zu sehen und zu fühlen.
Seine Kunden kommen aus Deutschland, den USA, Schweiz, Monaco. Zur Not steuert Axel die ganze Sache komplett per Telefon und Mail, aber eigentlich sollten sie schon selbst vorbeikommen – mindestens zur Übergabe.
Customizing läuft
Das Geschäft boomt zwar, doch Axel bedauert, dass die alten Motorräder immer teurer werden. Für junge Bastler mit wenig Geld wird es ständig schwerer, der Trend zum Customizing saugt den Markt leer. Ähnlich wie Vintage-Klamotten, Sixties-Möbel: früher verramscht, jetzt hoch bezahlt. Doch es habe auch was Gutes, meint Axel: „Erstens ist es einfacher für mich, Motorräder zu verkaufen, zweitens bekommt man endlich mal gute Holzfällerhemden, ohne endlos suchen zu müssen.“
Axels Tochter ist jetzt drei und wird nicht nach einem Motorrad suchen müssen: Die Blaue mit der Nummer 19 ist bereits ihre. „Tilly sagte: wenn Motorrad, dann blau. Es dauerte allerdings, bis ich die richtige Farbe gefunden hatte“. Keine böse Maschine, ein gute, 1.000 Kubik, 76 PS, 187 Kilo. Und typisch für ihn, der die olle Kaffeemühlenkurbel auch mal mit der Makita beschleunigt: Die Doppelduplex-Trommelbremse vorn sieht klassisch aus, verzögert aber prima. So was ist sein Ding.
„Bevor ich anfange, denke ich schon über das Finish nach.“ Auch Teile, die alt aussehen, sind in Wirklichkeit neu, jedoch oberflächenbehandelt. Aufwendig, handwerklich, bisweilen auch mit Versuch und Irrtum – obwohl er die Dinge immer ruhig und planend angeht.
Wenn, dann richtig
„Früher habe ich die Aluteile noch selbst gedreht, stand oft in einem Meer aus Spänen. Wenn ich dann zu hektisch war, guckte ich mir das Teil drei Wochen an, ärgerte mich – und baute es noch mal.“ Gute Zulieferer zu finden sei schwer, sagt Axel. Bis auf Lackierung, Leder und große Motorgehäuse macht er immer noch alles selbst. Aluteile strahlt er zuerst mit Glasperlen, dann Edelstahlkugeln. Schließlich wird so lange poliert, bis sich das schwarze Graphit aus dem Alu in die Poren setzt.
Ist er ein Freak? Im Gegenteil, ein Perfektionist. Kerndisziplin: das Miteinander aller Komponenten. Das Motorrad muss aus einem Guss sein, die Basis aber schon vorher stimmen. „Ducati zum Beispiel würde mich auch reizen, aber es gibt wenige Modelle, mit denen man eine so cleane Optik hinbekommt wie mit einer Guzzi. Viele originale Guzzi-Sportler waren irgendwie zusammengestückelt. Da gab es immer ein großes Delta zwischen Optik und Funktion, das ich schließe, indem ich die Komponenten zusammenführe. Zum Beispiel lasse ich die Rahmenunterzüge wie einen Teil des Motors wirken.“
Das entsprechende Bild hat er schon vorher im Kopf: „Allerdings nur im Kopf, ich kann mich schlecht mitteilen, weder Zeichnen noch Computerzeug liegt mir. Es gibt eine Menge 3-D-Designer, die dir ein virtuelles Motorrad hinstellen. Ich drücke mich über das reale Produkt aus.“
Bei seiner Arbeit verwendet er auch Strukturlack aus dem Kamerabau, der geringe Reflexionen garantiert. Damit kennt Axel sich aus, denn er konstruierte früher Rigs, um Kameras an Fahrzeugen zu montieren. Die zunehmende Digitalisierung killte das Geschäft, und er suchte sich etwas Neues, Analoges.
Ein Autodidakt wird Profi
Und die Umbauerszene? „Zuerst waren die Leute nett, aber sobald es bei mir lief, kam der Neid. Sie hielten mich für einen Styler ohne Substanz. Das wollte ich mit Akribie kontern.“ Er, der 39-Jährige, der sich nie mit Proportionen beschäftigt hatte, lernte dazu. Die Metall-Liebe kam später, als er in einem Metallbaubetrieb Werkzeuge nutzen durfte. Der Autodidakt gab Gas, fuchste sich in Optik und Technik ein, wurde immer besser – was auch Probleme bringt: „Irgendwann könnte der Punkt kommen, wo ich zu jedem Thema gefühlsmäßig das Optimum gefunden habe. Ich hätte immer mehr Motorräder verkaufen können, als ich schaffe, aber Expansion lohnt sich für mich finanziell nicht. Bis du die Extrakosten reingeholt hast, kannst du es gleich lassen, wie es ist.“
Als eine handwerkliche One-Man-Show mit 40-Quadratmeter-Einraumwerkstatt samt röchelnder La Pavoni und donnernden Guzzi. Gut so!