Bauzaun umgestürzt: Haftet die Baufirma für Schäden?
Fällt ein Bauzaun um und beschädigt dabei ein ordnungsgemäß abgestelltes Auto, so trifft denjenigen, der den Bauzaun aufgestellt hat, eine Verkehrssicherungspflicht – diese gilt nämlich vom Aufstellen des Bauzauns bis zu seiner Entfernung. Das bedeutet, dass der Aufsteller für alle Schäden haften muss, die in diesem Zeitpunkt entstehen.
Umstürzender Bauzaun beschädigt Pkw
Ein Mann parkte seinen Pkw ordnungsgemäß am Straßenrand. Während eines Sturms in der Nacht stürzte ein Bauzaun um und beschädigte das Auto im unteren Bereich der D-Säule und der Fondstür sowie an der Außenspiegelkappe, indem überall der Lack abgeschrammt wurde. Der Schaden inklusive Sachverständigenkosten und der allgemeinen Unkostenpauschale betrug insgesamt 2046,38 Euro, die der Mann von der Baufirma ersetzt bekommen wollte – eine Zahlung erhielt er allerdings nicht und erhob schließlich Klage vor dem Amtsgericht (AG) München.
Baufirma muss Schaden bezahlen
Die Richter des AG gaben dem Kläger recht und verurteilten die Baufirma zum Ersatz des kompletten Schadens.
Zunächst gab die Baufirma in ihren Ausführungen an, dass sie den Bauzaun vor Beginn der Baumaßnahme ordnungsgemäß aufgestellt hat. Allerdings wurde der Zaun zwischenzeitlich von der Kranfirma demontiert, als der Kran abgebaut und abgeholt wurde. Zusätzlich merkte die Firma an, dass sie die Baustelle bereits mehrere Wochen vor Eintritt des Schadens verlassen hat, da der von ihr zu erstellende Rohbau bereits fertiggestellt war.
Verkehrssicherungspflicht nicht übertragen
Dieser Ansicht folgten die Richter in ihrem Urteil aber nicht. Sie erklärten, dass die Baufirma durch das Aufstellen des Bauzauns eine potenzielle Gefahrenquelle geschaffen hat, für die sie die Verkehrssicherungspflicht trägt. Diese Pflicht besteht so lange weiter, bis sie tatsächlich auf jemand anderen übertragen wird oder der Zaun wieder abgebaut wird. Im vorliegenden Fall ging die Verkehrssicherungspflicht nicht auf die Kranfirma über, nur weil diese den Zaun zur Demontage des Krans abgebaut und anschließend wieder aufgestellt hat. Ebenso gab es keine diesbezügliche Absprache zwischen den beiden Firmen.
Verkehrssicherungspflicht nicht aufgegeben
Grundsätzlich treffen den Bauherrn die Sicherungspflichten an seiner Baustelle, allerdings kann er diese auf den Architekten bzw. die Baufirma übertragen. Da der Bauherr die Baufirma engagiert hat, um sein Haus zu bauen und die Baustelle einzurichten, hat er die Verkehrssicherungspflicht auf diese übertragen. Zur Aufgabe der Verkehrssicherungspflicht genügt es jedoch nicht, die Baustelle nach Beendigung der eigenen Arbeiten – hier die Erstellung des Rohbaus – zu verlassen bzw. zu räumen. Diese Pflicht besteht von der Errichtung bis zur Entfernung des Zauns und ist unabhängig vom Zeitpunkt der Fertigstellung und Abnahme des eigenen Bauwerks.
Da der Schaden am Pkw des Klägers innerhalb des Zeitraums entstanden ist, für den die Baufirma die Verkehrssicherungspflicht trägt, muss diese den kompletten Schaden ersetzen.
(AG München, Urteil v. 19.12.2016, Az.: 251 C 15396/16)
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