Klage eingereicht: Ist „Altweibersommer“ diskriminierend?

Der Altweibersommer ist für etliche die schönste Zeit des Jahres. Und gute Gründe dafür gibt es einige. Sei es das farbenprächtige Kleid, das Bäume und Büsche sich überstreifen, die nicht zu warme und nicht zu kühle Witterung, oder auch die Verbindung aus Schönheit und Vergänglichkeit, die romantisch veranlagte Naturfreunde immer wieder begeistert: Die Übergangsjahreszeit ab Ende September hat einiges zu bieten.
Spinnweben im Wald statt Damen im fortgeschrittenen Alter
Die Herkunft des Namens der „vierten Jahreszeit“ gilt bis heute als nicht eindeutig geklärt. Manche Sprachforscher vermuten, dass er mit den zahlreichen Spinnenfäden zusammenhängt, die im frühherbstlichen Wald das Unterholz zieren. Im Althochdeutschen wurde nämlich der Ausdruck „weiben“ verwendet, wie wir heute den Begriff „weben“ gebrauchen. Freilich lässt sich seit jeher nicht jeder von solchen Theorien überzeugen – so wie etwa die Hauptdarstellerin des vorliegenden kuriosen Falls.
Zoff vor Gericht vor fast 30 Jahren
Die Richter des Amtsgerichts Darmstadt staunten 1988 nicht schlecht, als eine Rentnerin gegen die Bundesrepublik Deutschland Klage einreichte. Die Motivation hierzu hatte ihr die Berichterstattung des Deutschen Wetterdienstes gegeben. Dieser hatte nämlich in Radio und Fernsehen das Wort „Altweibersommer“ benutzt und damit einen milden Frühherbst bezeichnet.
Ist der Begriff Altweibersommer eine Diskriminierung?
Die Dame gab an, dass sie sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt und diskriminiert fühlte. Und damit nicht genug: Sie hatte zudem die Absicht, ein generelles Verbot des Begriffs „Altweibersommer“ in sämtlichen Wetterberichten durchzusetzen. Sie wies dabei nicht nur auf den frauenfeindlichen Beiklang des Begriffs „Weib“ hin. Zudem war sie der Meinung, dass der Ausdruck „Altweibersommer“ meteorologisch unzulänglich fundiert sei, und dass es auch zahlreiche sinnvolle Alternativen gebe, wie etwa „Nachsommer“ oder „Spätsommer“.
Der Deutsche Wetterdienst ließ diese Anschuldigung nicht auf sich sitzen. Er argumentierte, dass „Altweibersommer“ in der deutschen Umgangssprache seit Langem positiv besetzt sei und wies die Dame zudem auf den sprachwissenschaftlichen Ursprung des Ausdrucks hin.
Stürmische Abfuhr auf windige Klage./h4>
Die Klage der Dame wurde anschließend mit aller Deutlichkeit abgewiesen. Zudem ließen die Richter es sich nicht nehmen, kein gutes Haar an ihrer Vorgehensweise und ihrer Argumentation zu lassen. Zuerst beanstandeten sie, dass die 78-Jährige den juristischen Fehler begangen hatte, ihre Klage nur an den Deutschen Wetterdienst in Offenbach am Main zu richten. Es gäbe nämlich noch weitere Behörden, die Entscheidungsgewalt darüber haben, was in Wetterberichten in Fernsehen und Radio erlaubt ist und was nicht.
Darüber hinaus bezöge sich die Klage der Rentnerin nicht auf die Rechte der Klägerin, sondern auf die Rechte „aller alten Weiber“, so die Richter. Sie beabsichtige somit eine sogenannte Popularklage, die im deutschen Recht nicht möglich sei. Ferner habe kein direkter Angriff auf die Ehre der Klägerin stattgefunden – und gerade dieser sei eine wichtige Voraussetzung für eine solche Klage.
Zu guter Letzt bemängelten die Richter, dass die in der Klage angegebene Personengruppe „Alte Frauen“ nicht genau genug bestimmt sei. Somit sei es auch nicht möglich, sie zu beleidigen. Es gab vor Gericht also Gegenwind für die Dame, der es problemlos mit jeder steifen Herbstbrise aufnehmen konnte und sie schließlich aus dem juristischen Rennen fegte.
Gute Absichten sind nicht immer genug
Ob die rüstige Rentnerin danach noch einen weiteren Versuch unternahm, für einen altweibersommerfreien Wetterbericht zu kämpfen, ist nicht bekannt. Schwarz auf weiß zu lesen ist allerdings, dass die Klage am 02. Februar 1989 abgewiesen wurde. Sie müssen nun keinen 29 Jahre alten Kalender ausfindig machen, denn wir verraten es: An diesem Datum fand damals die Weiberfastnacht statt. Ein Schelm, der Böses dabei denkt!
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