Unfall am Zebrastreifen: Wer ist Schuld?

Vorsicht am Zebrastreifen – denn auch Fußgänger müssen aufpassen: An Fußgängerüberwegen, im Volksmund Zebrastreifen genannt, müssen Autofahrer im Zweifel anhalten und Fußgängern das Überqueren der Straße ermöglichen. Tun sie das nicht und kommt es zum Unfall, haftet aber nicht zwingend allein der Fahrzeugführer.
Beim Überqueren der Straße vom Auto erfasst
Das Oberlandesgericht (OLG) München entschied kürzlich über einen Fall, der sich an einem Fußgängerüberweg vor einer Kaserne ereignet hatte. Ein Soldat war dort von einem Auto erfasst und erheblich verletzt worden, als er gerade die Straße von links nach rechts überquerte. Der verletzte Fußgänger sah die Schuld zu 100 Prozent bei dem Autofahrer und verlangte dementsprechend Schadenersatz inklusive Schmerzensgeld.
Der Fahrer hingegen meinte, er sei nicht zu schnell gefahren und auch aus anderen Gründen trage die überwiegende Verantwortung für den Unfall der Soldat. Schließlich hätte der ihm – zumal er in seiner Flecktarnuniform nur schwer erkennbar war – nicht einfach „vors Auto springen“ dürfen. Das OLG hat sich daraufhin umfassend mit der Haftungsverteilung auseinandergesetzt.
Zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten
Gegen den Autofahrer sprach zunächst die sogenannte Betriebsgefahr. Nur wenn der Unfall für ihn unvermeidbar gewesen wäre, hätte er vollkommen von einer Haftung befreit werden können. Dass er den verletzten Fußgänger aber, ob mit oder ohne Flecktarn, gar nicht hätte erkennen können, war allerdings nicht nachgewiesen.
Ein vom Gericht eingeholtes Sachverständigengutachten ergab darüber hinaus, dass der Fahrer zwar die grundsätzlich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h eingehalten hatte, aber in der konkreten Situation dennoch zu schnell unterwegs gewesen war.
So war es zum Unfallzeitpunkt dunkel und dem Autofahrer war bekannt, dass an dieser Stelle und um diese Zeit mit Soldaten auf dem Weg zur Kaserne zu rechnen war. Dementsprechend hätte er vor dem Überweg entsprechend langsamer bzw. vorsichtiger fahren und im Zweifel anhalten müssen, um Fußgänger die Straße überqueren zu lassen.
Mitverursachung des Unfalls durch den Fußgänger
Der verletzte Fußgänger hatte sich aber ebenfalls nicht optimal verhalten. Auch wenn er selbst an den Unfall keine Erinnerung mehr hatte, ergab sich aus dem Gutachten, dass das herannahende Fahrzeug für den Mann vor dem Zusammenstoß ausreichend lange sichtbar gewesen sein muss.
Auch wenn er als Fußgänger am Zebrastreifen grundsätzlich Vorrang hat, trifft ihn zumindest die Pflicht, den Verkehr sorgfältig zu beobachten. Bei einem sich erkennbar nähernden Auto muss auch er im Zweifel warten. Das lässt sich aus § 1 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung (StVO) ableiten, wonach sich jeder Verkehrsteilnehmer so verhalten muss, dass andere nicht gefährdet oder geschädigt werden.
Er darf also demnach nicht achtlos einen Fußgängerüberweg betreten oder sein Vorrecht irgendwie anderweitig erzwingen. Hätte der Soldat besser aufgepasst, hätte auch er den Unfall vermeiden können. Im Ergebnis haftete der Fußgänger daher in diesem Fall zu 25 Prozent, der Autofahrer allerdings zu 75 Prozent.
(OLG München, Urteil v. 16.09.2016, Az.: 10 U 750/13)
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