Verbraucher aufgepasst: Die Gesetzesänderungen im Juli

Der Juli bringt eine Fülle neuer Regelungen. Der Unterhaltsvorschuss wird erheblich ausgeweitet. Auch die Vorratsdatenspeicherung sollte am Samstag starten, wurde am Mittwoch aber überraschend von der Bundesnetzagentur gestoppt.
Rentner können mehr hinzuverdienen und erhalten mehr Rente. SIM-Karten gibt es nur noch mit Ausweis. Bei Hartz IV gibt es wieder einige Änderungen. Allgemein steigen die Pfändungsfreigrenzen, wodurch Schuldnern mehr Geld zum Leben bleibt. Prostitution wird stark reglementiert: Beim Sex mit Prostituierten ohne Kondom droht ab Juli unter anderem ein Bußgeld. Vielen Spielhallen droht durch ein neues Glücksspielrecht das Aus. Außerdem wurde das Strafrecht insbesondere für extremistische Täter verschärft.
Gesetzesänderungen im Juli 2017:
- Unterhaltsvorschuss ausgeweitet
Viele Alleinerziehende sind auf Unterhaltsvorschuss angewiesen, damit sie über die Runden kommen. In der Mehrheit sind es Frauen, deren Partner keinen Unterhalt für das gemeinsame Kind bzw. die gemeinsamen Kinder leisten. Unterhaltsvorschuss gibt es künftig, bis ein Kind volljährig ist. Außerdem fällt er höher aus.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie hier. - Prostitution stark eingeschränkt
Ab Juli schränkt das Prostitutionsschutzgesetz die Prostitution ein. Wer sich prostituiert – egal, ob das z. B. in einem Bordell oder auf der Straße erfolgt –, muss sich anmelden. Vor der Anmeldung ist eine Gesundheitskontrolle vorgeschrieben. Im Rahmen der Anmeldung erhalten Prostituierte Informationen über ihre Rechte und Hilfsangebote. Wer eine Prostitutionsstätte wie ein Bordell betreiben will, braucht dafür künftig eine Erlaubnis. Neben einem Betriebskonzept überprüfen die Behörden dabei die Eignung der Person wie der Räumlichkeiten. Werbung für Geschlechtsverkehr mit Schwangeren ist künftig wie die Werbung für Sex ohne Kondom verboten. Kunden und Kundinnen von Prostituierten sowie Prostituierte müssen zudem dafür sorgen, dass beim Geschlechtsverkehr Kondome verwendet werden. Sonst droht eine Geldbuße von bis zu fünfzigtausend Euro. - Keine anonymen SIM-Karten mehr
Prepaid-SIMs gibt es künftig nur mit Ausweis. Verkäufer müssen die Identität des Käufers feststellen. Das soll die Strafverfolgung erleichtern, da Kriminelle oft mit Fake-Daten verbundene SIM-Karten nutzen. Zur Verschleierung wechseln sie diese häufig. Der Nutzen des Identitätschecks ist jedoch fraglich angesichts allein über 70 Millionen vorhandener SIM-Karten, bei denen dieser bisher nicht erfolgt ist. Viele davon dürften auf falsche Namen registriert sein. Zudem schützt der zusätzliche Aufwand nicht davor, dass Kriminelle Strohleute einsetzen, die die SIM-Karten für sie erwerben. - Vorratsdatenspeicherung kommt, fraglich nur wie lange
Die im Oktober 2016 erneut beschlossene Vorratsdatenspeicherung soll ab Juli in Kraft treten. Provider müssen umfangreiche Nutzerdaten speichern. Erst vor wenigen Tagen erklärte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die Vorratsdatenspeicherung für europarechtswidrig (Beschluss v. 22.06.2017, Az.: 13 B 238/17). Die Klage eines Providers hatte damit zunächst Erfolg. Es ist abzusehen, dass die Vorratsdatenspeicherung erneut ein Fall für das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof wird. Dieser hatte bereits die erste Fassung der Vorratsdatenspeicherung gekippt. Die für die Überwachung zuständige Bundesnetzagentur hat zudem am 28.06. kurzfristig bekannt gegeben, dass sie Provider und vorerst nicht zur Einhaltung der Vorratsdatenspeicherung zwingen wird.
Weitere Informationen dazu finden Sie hier. - Glücksspielstaatsvertrag
„Neues Spiel, neues Glück“ und ab Juli vor allem neues Glücksspielrecht. Die Konzessionen für die zulässige Anzahl an Glücksspielautomaten wurde auf 12 Geräte erheblich eingeschränkt. Mehrfachkonzessionen gibt es nicht mehr. Außerdem müssen Spielhallen einen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Mindestabstand voneinander einhalten. Damit droht vielen von ihnen das Aus. Viele Geräte dürfen zudem nicht mehr betrieben werden. Die Bezeichnung als „Casino“ ist künftig Spielbanken vorbehalten. Die Regeln sollen laut Gesetzgeber die Spieler schützen. Wesentlicher Grund sind aber vor allem Forderungen der EU nach einer Reform des deutschen Glücksspielrechts. - Aus für verbotene Provisionsabgaben
Das Verbot von Sondervergütungen und Begünstigungsverträgen in der Schadenversicherung – kurz Provisionsabgabeverbot – wird aufgehoben. Versicherungsvermittler dürfen dann Provisionen, die sie von Versicherungen erhalten, an Kunden abgeben und ihnen somit Rabatte gewähren. Verboten war das bislang wegen der Befürchtung, dass Vermittler immer höhere Provisionen zur Einräumung höherer Rabatte fordern würden. Das würde Versicherungen verteuern, weil Versicherte die Provisionen letztlich aus ihrer Prämie zahlen. - Rentner dürfen mehr dazu verdienen
Durch das Flexirentengesetz können Rentner mehr verdienen, ohne Abzüge befürchten zu müssen. Überschritten sie vor dessen Inkrafttreten ab Juli die Hinzuverdienstgrenze nur um 1 Cent, wurde die Rente drastisch gekürzt. Statt 450 Euro im Monat können Rentner nun jährlich 6300 Euro anrechnungsfrei hinzuverdienen, was 525 Euro im Monat entspricht. Verdient jemand darüber hinaus, werden 40 Prozent des Zuverdiensts, der über die 6300 Euro hinausgeht, auf die Rente angerechnet. - Rentenerhöhung in Ost und West
Ab Juli erhalten Rentner im Westen 1,90 Prozent mehr Rente. Für Rentner im Osten sind es 3,59 Prozent mehr. Diese fällt höher aus, weil sich die Löhne dort besser als im Westen entwickelt haben. - Rentenwert gestiegen
Außerdem steigt der aktuelle Rente.wert im Westen auf 31,03 Euro. Im Osten sind es 29,69 Euro. In der Alterssicherung der Landwirte sind es 14,33 Euro bzw. 13,69 Euro. Grundlage ist auch hier die Lohnentwicklung. Der Rente.wert steht für einen Entgeltpunkt in der gesetzlichen Rente.versicherung. Jeder Rente.versicherte sammelt diese im Laufe seines Lebens an. Aus den Entgeltpunkten wird dann die monatliche Rente berechnet. - Online-Meldeportal statt Fax
Ausländische Arbeitgeber und Verleiher, die Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden, müssen einige Melderegeln beachten. Die Abgabe der Meldungen per Fax ist dabei ab Juli nicht mehr möglich. Stattdessen ist dafür das Online-Meldeportal des Zolls unter www.meldeportal-mindestlohn.de vorgesehen. - Änderungen bei Hartz IV
Bei einer vorläufigen Entscheidung über einen Leistungsanspruch verkürzt sich der Bewilligungszeitraum von 1 Jahr auf 6 Monate. Eine vorläufige Bewilligung gilt künftig, wenn sich erwartungsgemäß das Einkommens oder der Bedarf verändern wird. Der Grund für die Vorläufigkeit ist anzugeben. Wer sich länger als vier Wochen im Ausland aufhält, erhält für die Zeit darüber hinaus keine Leistungen Außerdem gibt es eine Neuregelung, wenn ein Leistungsbezieher in der Wohnung der Eltern, von Geschwistern oder eines volljährigen Kindes wohnt. Ohne Mietvertrag richten sich die Wohnkosten nach dem, was nach Abzug der angemessenen Kosten für die übrigen nicht Sozialleistungen beziehenden Mitbewohner an Kosten verbleibt. - Neue Pfändungsfreigrenzen
Die Pfändungsfreigrenzen steigen. Bis zu diesen Beträgen ist Arbeitseinkommen unpfändbar, damit betroffenen Schuldnern Geld zum Leben bleibt. Beispielsweise sind bei einem monatlichen Einkommen künftig 1133,80 Euro statt wie bisher 1073,88 Euro unpfändbar. Für Unterhaltsverpflichtete gelten höhere Freigrenzen, die ebenfalls angehoben wurden. - Erleichterte Vermögensabschöpfung
Vermögen, das aus kriminellen Handlungen stammt, kann der Staat leichter abschöpfen. Das gilt künftig auch, wenn das Vermögen vererbt wurde. Die Beschränkung der Vermögensabschöpfung auf bestimmte Straftaten fällt zudem weg. Ebenso ist der klare Nachweis, dass Vermögen aus einer bestimmten Straftat stammt, nicht mehr dafür erforderlich. Auch Vermögen aus unbekannter Herkunft lässt sich künftig abschöpfen. - Mehr Maßregeln für extremistische Straftäter
Straftäter aus dem terroristischen Bereich erhalten leichter eine elektronische Fußfessel oder können in fakultative Sicherungsverwahrung gelangen, müssen also nach Absitzen einer Haftstrafe weiter hinter Gittern bleiben. Die Neuregelung ermöglicht die Verhängung dieser Maßregeln künftig bei entsprechenden Straftaten wie der Terrorismusfinanzierung, der Bildung terroristischer Vereinigungen oder der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.
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