Hartz: Zweiklassengesellschaft?

Nürnberg/Hamburg (dpa) - Bei der Festlegung der Hartz-IV-Sätze dürfen nach Ansicht des Bundesagentur-Vorstands Heinrich Alt nicht alle Empfänger über einen Kamm geschoren werden.
Arbeitslose, die lange in die Sozialkassen eingezahlt haben, sollten bessergestellt werden als solche, die ihr Leben lang nur Leistungen bezogen haben, sagte Alt der Zeitung «Die Welt». «Ich befürchte, dass im kommenden Jahr die Zahl derer steigt, die in die Sozialkassen eingezahlt haben und dennoch in das Hartz-IV-System übergehen», sagte das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA). Das führe aus Sicht der Betroffenen zu einem Gerechtigkeitsproblem.
«Ihre Lebensleistung sollte anerkannt werden», sagte Alt. Sie sollten deshalb dauerhaft privilegiert werden gegenüber denjenigen, die ihr Leben lang Transferleistungen bezogen haben. Alt sieht außerdem Reformbedarf bei den Wohnkosten von Hartz-IV-Empfängern. Bisher würden die Kosten bis zu einer Obergrenze übernommen - wer eine billigere Wohnung beziehe, habe nichts davon. Um das zu ändern, könnte laut Alt eine je nach Stadt oder Region festgelegte Wohnpauschale eingeführt werden. Dies würde einen Anreiz schaffen, billiger zu wohnen.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband erklärte, die Leistungen nach Hartz IV seien generell zu niedrig, um vor Armut zu schützen. «Wer von Hartz IV leben muss, hat keine Chance, den Anschluss an diese Gesellschaft zu halten», sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider laut Mitteilung. Besonders hart seien Kinder und Jugendliche betroffen. Die Regelsätze müssten deshalb deutlich erhöht werden.