Stiftung Warentest: Firmen manipulierten Produkttests

Unternehmen aus der Wasch- und Lebensmittelbranche sollen von Informanten vor anstehenden Tests gewarnt worden sein und haben daraufhin ihre Produkte vorübergehend manipuliert.
Die deutsche Verbraucherorganisation Stiftung Warentest gilt seit ihrer Gründung durch die Bundesregierung im Jahre 1964 als verlässliche Institution, um Waren und Dienstleistungen der Anbieter des Privatsektors objektiv zu untersuchen und zu vergleichen. Nun erhält das bisher unfehlbare Image des Test-Giganten erste und ernsthafte Kratzer.
Wirtschaftliche Bedeutung des Qualitätssiegels
Für viele Verbraucher ist das Qualitätssiegel bei einer anstehenden Kaufentscheidung ausschlaggebend oder wird zu mindestens einbezogen. Dieser Umstand ist auch den Unternehmen bekannt und somit von enormer wirtschaftlicher Bedeutung. Einige Hersteller der Wasch- und Lebensmittelbranche haben daher bei anstehenden Tests ihre Produkte kurzfristig verbessert, um bessere Testresultate zu erzeugen.
Gezielte Manipulationsversuche der Wirtschaft
Die gezielten Manipulationsversuche einiger Firmen wurden von dem Leiter der Untersuchungsabteilung, Holger Brackemann, gegenüber dem "Tagesspiegel" bestätigt. Die Stiftungssprecherin Heike van Laak hatte zuvor auf Anfrage der Plattform "populeaks.org" von Produktveränderungen bei Waschmitteln berichtet: "Die Hersteller haben nach unserer Erkenntnis ihre Produkte verändert in der Annahme, dass sie dann bei einem Test besser abschneiden. Nach der Testveröffentlichung ist dann wieder zur alten Rezeptur zurückgekehrt worden."
So hätten beispielsweise die Hersteller von Waschmitteln teure Enzyme zu ihren Produkten hinzugefügt, wenn sie wussten, dass eine Prüfung ihrer Artikel bevor stand. Bei Säften seien hingegen gezielt Aromen beigemischt worden, um den Geschmack zu verbessern, berichten die Verbraucherschützer weiter.
Wie erlangten die Firmen Kenntnis von den bevorstehenden Tests?
Fraglich ist jedoch, wie die Hersteller Kenntnis von den bevor stehenden Tests erlangt haben könnten. Denn die Tester der Stiftung Warentest kaufen im Vorfeld einer Testreihe anonym in unterschiedlichen Geschäften ein und zusätzlich gebe es im Vorfeld keinerlei Absprachen mit den Herstellern.
Die Stiftung selbst vermutet die undichte Stelle im Kuratorium. Dort werden die Tests dreimal jährlich vorab besprochen. In dem Kuratorium sitzen auch zwölf Industrievertreter, unter anderem vom Bundesverband der Deutschen Industrie oder dem Hauptverband des Deutschen Einzelhandels. Offenbar seien über Sachverständige aus diesem Gremium Informationen an die Hersteller gedrungen.
Die nun bekannt gewordenen Manipulationsversuche sollen jedoch bereits mehr als vier Jahre zurückliegen. Inzwischen hat die Stiftung ihre Test-Praxis umgestellt. "Inzwischen kaufen wir Produkte sofern möglich ein, bevor das Kuratorium informiert wird," sagt Heike van Laak. Zudem werde innerhalb des Kuratorium. weniger detailliert über Testreihen gesprochen, um die Tests zu schützen. So soll die Aussagekraft des Qualitätssiegels auch zukünftig erhalten und gewährleistet werden.