Streiten und versöhnen: Darauf sollten Paare achten
Nach einem Streit folgt die Versöhnung. Wie das Paaren gelingt und wie sie aus ihren Zankereien lernen können, verraten Experten im Interview.
Meinungsverschiedenheiten gehören ebenso zu Beziehungen wie harmonische Zeiten. "Streiten ist in der Liebe unerlässlich, daran kommt kein Paar vorbei", erklärt die Paartherapeutin Ulla Holm-Cöllen im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news. "Wichtig ist allerdings, wie wir streiten." Ulla Holm-Cöllen und ihr Mann Michael Cöllen, ebenfalls Paartherapeut, helfen dabei, richtig zu streiten - und sich danach zu versöhnen. Die Autoren von "Liebe trotz Zeitnot: Brennpunkte einer Paarkultur" und "Lieben & Verzeihen: Wie sich Paare wiederfinden" verraten ihre Tipps.
Paare sollten sich an Streitregeln halten
Das A und O beim Streit mit dem Partner ist die richtige Einstellung. Ulla Holm-Cöllen erklärt: "Die meisten Menschen haben keine Streitkultur, da viele Angst vor Streit haben - und durch Streit auch Verlustangst entsteht. Streit sollte jedoch als Wachstumspotenzial verstanden werden, zur Selbstentwicklung und zur Selbstwirksamkeit." Deshalb müssten Paare lernen, richtig zu streiten. Besonders wichtig sei hierbei, dass es bei Auseinandersetzungen nie unter die Gürtellinie gehe. "Dazu braucht es Selbstdisziplin und Streitregeln."
Die Partner sollten während eines Konflikts im Hinterkopf behalten, dass Streit dazu diene, sich zu positionieren und seinen Standpunkt zu vertreten, sagt Michael Cöllen. Deshalb sei es essenziell, dem anderen zuzuhören, denn Streit solle ein "fairer Kampf" sein. Sein Tipp: "Hinweise des Partners auf eigene Fehler sollten Sie als Entwicklungschancen betrachten. Zudem sollten sich Paare immer wieder klarmachen: Um was geht es wirklich in diesem Streit?" Oft führe ein Thema zum anderen, erklärt der Paartherapeut. "Deshalb sollten sich Paare auf ein Streitthema beschränken und das Ziel ihres Streitens festlegen", rät er.
"Trotz ist tödlich für die Liebe.
Das Entscheidende nach einem Streit sei das Verzeihen, erklärt Michael Cöllen. "Dabei müssen die Partner über ihren eigenen Schatten springen. Verzeihen zu lernen heißt, den anderen verstehen zu lernen. Verzeihen führt in der Folge zu körperlichem und seelischem Heilen", sagt er. Dann bringe Verzeihen inneren Frieden und Ruhe. Einfacher gesagt als getan: Vielen Menschen falle es schwer, zu verzeihen, berichten die Experte.. Ulla Holm-Cöllen warnt: "Trotz ist tödlich für die Liebe." Deshalb empfiehlt sie: "Um dem Partner zu verzeihen, sollten Sie Kränkung, Wut und Ärger zur Seite stellen - nicht unter den Teppich kehren. Verzeihen zu lernen, ist ein Prozess, der zum Erwachsenwerden dazugehört."
Zum Versöhnungsprozess gehöre zunächst, um Verzeihung zu bitten. Die Kunst sei es, "auf den Partner zuzugehen und sich zu versöhnen, obwohl immer noch Kränkung in einem schlummert", sagt Michael Cöllen und fügt hinzu: "Einander tagelang die kalte Schulter zu zeigen, weil keiner einen ersten Versöhnungsschritt wagt, ist kindliches Verhalten."
Was, wenn der Partner sich nicht entschuldigt?
Tatsächlich legen einige Partner dieses "kindliche Verhalten" an den Tag, da sie noch das sogenannte "verletzte Kind" in sich hätten und sich deshalb schwertun, zu verzeihen und großherzig zu sein, so die Autoren. "Vieles, was Partner sich gegenseitig vorwerfen, hat seinen Ursprung in der Kindheit. Vielleicht wurde der eine als Kind nicht ausreichend von den Eltern unterstützt und projiziert das nun auf den Partner", erklärt Michael Cöllen. Deshalb sei es wichtig, dass Eltern ihren Kindern Verzeihen beibringen. "Zudem sollte sich jeder intensiv mit seinen eigenen Kränkungs-Erfahrungen auseinandersetzen und beide ihre Kränkungsmuster finden - und diese dem Partner offenbaren", rät der Experte.
Der Partner verschließt sich und möchte sich nicht entschuldigen oder um Verzeihung bitten? Auch hierfür hat Michael Cöllen einen Tipp: nachhaken. Sollte ein Partner seine Fehler nicht eingestehen, helfe die Frage "Wieso kannst du nicht um Verzeihung bitten?" Michael Cöllen empfiehlt: "Erklären Sie Ihrem Partner, wie er Sie verletzt hat und was genau Sie gestört hat." Andersrum gelte es, sich selbst diese Fragen zu stellen und "das eigene Verhalten kritisch zu reflektieren", mahnt er. Allerdings weiß der Experte. "Das können nur Fortgeschrittene."
Doch damit sei es noch nicht getan: "Haben sich Paare versöhnt, sollten sie den Streit noch einmal Revue passieren lassen und besprechen, was sie aus ihren Fehlern lernen können", raten die Paartherapeuten. Ein letzter Tipp: "Krisengespräche in Friedenszeiten führen."