Rio de Janeiro: Eine Metropole im Stress

In wenigen Wochen beginnen im brasilianischen Rio de Janeiro die Olympischen Sommerspiele 2016. Statt grenzenloser Vorfreude dominieren sowohl bei den Sportlern als auch bei den Einwohnern Bedenken und Ängste. Die Stadt ist überfordert.
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel - Sepp Herbergers berühmtes Bonmot beschreibt die Situation, in der sich die brasilianische Metropole Rio de Janeiro derzeit befindet, äußerst treffend. Nicht einmal zwei Jahre sind vergangen, seit die deutschen Fußballer im legendären Maracanã-Stadion den Weltmeistertitel holten. Am 5. August ertönt der Startschuss für das nächste Großereignis: die Olympischen Sommerspiele 2016. Fraglos, Rio ist nach wie vor eine faszinierende Stadt, doch die beiden Events gehen nicht spurlos an ihr vorbei.
Die Einheimischen nennen Rio stolz "Cidade maravilhosa", die "wundervolle Stadt". Um diesem Ruf gerecht zu werden, investiert der brasilianische Staat Unsummen in die Metropole. Der Weltöffentlichkeit soll einen Monat lang ein Paradies auf Erden präsentiert werden - doch die Fassade bröckelt bereits jetzt bedenklich. Fast zehn Milliarden Euro pumpte die Regierung in Sportstätten, Infrastruktur und Sicherheit. Geld, das nun an anderer Stelle fehlt. Krankenhäuser müssen schließen, die Mieten steigen selbst in den Armenvierteln massiv an und im öffentlichen Dienst bleiben seit Wochen Gehaltszahlungen aus. Die brasilianische Wirtschaft befindet sich in der schwersten Krise der letzten 100 Jahre.
Leistungssport in der "Kloake"?
Auch aus dem Ausland hagelt es Kritik. Vor allem die Guanabara-Bucht, in der die Segelwettbewerbe stattfinden sollen, gleicht nach wie vor einer Müllhalde. Die deutschen Medien haben ihr unlängst den wenig schmeichelhaften Beinamen "Kloake von Rio" verpasst. Multiresistente Keime, "Superbakterien", tonnenweise tote Fische, abgetrennte Gliedmaßen - es ranken sich wahre Schaudergeschichten um die Olympischen Gewässer. Die Sportler sind entsetzt, Mediziner auf der ganzen Welt schlagen Alarm.
Es drängt sich mehr und mehr das Bild auf, das die Olympischen Spiele, so kurz nach der Fußball-Weltmeisterschaft, mehr Fluch als Segen für Rio bedeuten. Die Stadt ächzt derzeit unter der hohen Erwartungshaltung, die sie sich zu großen Teilen selbst auferlegt hat. Fast schon zynisch wirkt da das offizielle Motto der Spiele: "Paixão e Transformação - Leidenschaft und Transformation". Den Einwohnern Rios bleibt allein zu wünschen, dass ab September endlich wieder Ruhe in ihrer "Cidade maravilhosa" einkehrt.