Winterkarneval in Québec: Gut gelaunt in Eiseskälte

In Kanada feiern die Einwohner von Québec geschlagene 17 Tage lang einen Karneval, der ganz anders daher kommt als das Narrentreiben am Rhein. Ein zwei Meter großer Schneemann ist der Star in phantasievoller Atmosphäre. Und gegen die klirrende Kälte hilft ein echter Zaubertrank.
Die Figur erinnert an das Michelin-Männchen. Beide sind schneeweiß und haben ein infantiles Grinsen im Gesicht - wie ein Smiley. Die Ähnlichkeiten mit der Reifenfigur sind zwar zufällig, aber der "Bonhomme Carnaval" bewegt sich ähnlich beschwingt durch die Gassen im kanadischen Québec. Immerhin hat der gut zwei Meter große Schneemann mit der roten Zipfelmütze und der bunten Schärpe um den ansehnlichen Bauch einen Auftrag. Er ist der Botschafter des Carnaval de Québec, dem größten Winterkarneval der Welt.
In der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Osten Kanadas hat Karneval so viel mit Pappnase zu tun, wie ein Clown mit Traurigkeit. Bis auf diesen Schal, den auch der Bonhomme um den Bauch trägt, gibt es keine Verkleidungen. Auch von Büttenreden, Helau oder Alaaf hat man hier noch nie etwas gehört. Die 17 ausgelassenen Tage des Carnaval de Québec - im kommenden Jahr vom 26. Januar bis 12. Februar - gleichen eher einem großen Familienspektakel mit viel Sport in einer verzaubernden Atmosphäre.
Mehr als 100.000 Besucher bei der Abschlussparade
In der hügeligen City, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, schlängeln sich enge Gassen durch das Haute-Ville. In dieser Oberstadt befindet sich das weltberühmte Chateau Frontenac. Das Luxushotel, das 1893 im Stile einer Schlossburg errichtet wurde, thront majestätisch über Québec und dem Sankt-Lorenz-Strom. Es ist der Ausgangspunkt für eine beschwingte Tour durch eine der ältesten Städte Nordamerikas, die 1608 von dem französischen Forschungsreisenden Samuel de Champlain gegründet wurde.
Zum Karneval verwandeln sich die Straßen und oft auch verschlungenen Wege über steile Treppen der verschneiten Altstadt in festliche Bühnen für Paraden und Wettkämpfe, für Musikkapellen und Schlittschuhartisten. Die Laune der zahlreichen Besucher - mehr als 100.000 sind es beim Höhepunkt, der großen Abschlussparade - bleibt bei Temperaturen bis zu minus 30 Grad erstaunlich herzerwärmend.
Das liegt zum einen daran, dass Québec - anders als Köln, Mainz oder Düsseldorf bei seinen Umzügen - nicht auf ein plattes Treiben setzt. Stattdessen überraschen Künstler auf herrlich bunten, phantasievoll geschmückten fahrenden Bühnen. Wenn Artisten erstaunlich gelenkig in Eiseskälte an einer Trapezschaukel hängen oder sich um das Gestänge akrobatisch drehen und winden, erinnert das nicht zufällig an die Weltklasse-Darbietungen des Cirque du Soleil. Der berühmte Zirkus stammt aus Montreal und die Stadt liegt in der Provinz Québec.
Caribou - die kanadische Antwort auf den Glühwein
Zum anderen servieren die Einwohner der Stadt einen echten Zaubertrank gegen die Kälte, wenn sie dann doch in die Beine kriecht. Caribou, ein Mix aus Brandy, Wodka, Sherry und Portwein. Der Trank wird beinahe an jedem Eck entlang der Partymeile Rue du Petit-Champlain, dem Herzen der Altstadt mit vielen Kneipen und Restaurants, sogar an Outdoor-Bars ausgeschenkt. Mit dieser Art "Glühwein kanadisch" geht man schnell am Stock. Und das kann man durchaus wörtlich nehmen! Das hochprozentige Elixier wird gerne in hohle Spazierstöcke abgefüllt. Ein Schluck daraus ist gegen die Kälte, das Festhalten daran für den Gleichgewichtssinn.
Das berüchtigte Ice Race, das Kanurennen über den mehr oder weniger zugefrorenen Sankt-Lorenz-Strom, gilt als sportlicher Höhepunkt des Winterfestes. Auf dem gewaltigen Strom können die Eisschollen bis einige Meter hoch werden. Männer-, Frauen- sowie gemischte Teams müssen auf ihrem Weg zum gegenüberliegenden Flussufer nach Lévis durch diese hindurch. Oder darüber hinweg. Dafür springen die Kanuten mitunter aus ihren Booten. Dünnes Eis kann mit dem Boot noch aufgebrochen werden. Ist das Wasser allerdings dicht mit Eisschollen belegt, was am häufigsten vorkommt, springen die Teilnehmer von Scholle zu Scholle und ziehen die Kanus gegen die Kraft der Elemente weiter, jeder Meter ist hart erkämpft. Einen Sturz hinein ins eisige Wasser will sich keiner leisten, denn gegen Unterkühlungen hilft auch kein Caribou mehr.
Québec City ist mit einem Zwischenstopp in Montreal, Toronto oder an der amerikanischen Ostküste zu erreichen. Im Winter herrschen dort Durchschnittstemperaturen zwischen minus zehn und minus 20 Grad, oft verbunden mit einem eisigen Wind. Wer den Winterkarneval erleben möchte, sollte sich also warm anziehen. Weitere Informationen: www.quebecoriginal.com/fr-ca