Mercedes SEC (C 126, 1981-1991): Klassiker der Zukunft?
Mercedes SEC C 126 (1981-1991)
Das zeitlos-elegante Coupé feiert seinen 40. Geburtstag
Unsere geschätzten Leser haben bestimmt schon einmal die Rubrik "Kennen Sie den noch?" studiert. Dort stellen wir Autos von früher vor, die inzwischen fast vergessen sind. Doch was ist mit den Modellen, die durchaus noch zahlreich im Straßenverkehr umherfahren? Jene Typen, die jeder kennt, die schon deutlich über 20 Jahre, teilweise aber auch viel weniger auf dem Buckel haben.
Werden sie einmal Oldtimer? Das birgt Zündstoff für kontroverse Diskussionen. Einige dieser Modelle wollen wir in unserer Reihe "Klassiker der Zukunft?" vorstellen.
Ist diese Optik wirklich schon 40 Jahre alt? Obwohl der Mercedes SEC der Baureihe C 126 bereits 1981 auf der IAA sein Debüt gab, wirkt das erste echte S-Klasse Coupé immer noch zeitlos. Auch Bruno Sacco, die Designer-Legende von Mercedes, hält den SEC für seinen schönsten Entwurf. (Lediglich die Schalen um die Türgriffe missfallen ihm...) Ein Klassiker der Zukunft? Das Fragezeichen kann man hier getrost streichen.
Seltsam nur, dass dem ersten Mercedes SEC lange ein halbseidenes Image zugeschrieben wurde. Viele haben die extravaganten Umbauten etwa durch SGS oder Koenig Specials vor Augen und meinen, so etwas würden nur Zuhälter fahren. Weit gefehlt: Die sündhaft teuren SEC mit Breitbau oder Flügeltüren gingen vor allem an solvente Kunden im Nahen Osten. Besitzer von Saunaclubs und ähnlichen Etablissements griffen eher zu gebrauchten SEC, wenn überhaupt.
Exemplarisch hierfür steht Kalle Grabowski, der Knastologe mit kurzer Zündschnur aus dem Film "Bang Boom Bang" von 1999. Er bestellt sich noch im Gefängnis einen goldfarbenen SEC, der sich als verpfuscht entpuppt und im Laufe des Films für reichlich Trubel sorgt. Legendär wurde das Zitat von Kalle-Darsteller Ralf Richter: "Ich baller in den Coupé mit 240 über die Bahn, das ist meine Freiheit!"
Vielleicht sorgte dieser Film für die Zuordnung des Mercedes SEC ins Milieu. Doch 90 Prozent der Erstbesitzer suchten nicht den knalligen Auftritt, sondern genau das Gegenteil: Eine S-Klasse für zwei Personen im gesetzteren Alter, die ihren Wohlstand diskret zeigen. Schließlich kostete ein 500 SEC zu Beginn satte 73.900 DM, deutlich mehr als ein 500 SE.
Hinzu kam, dass der SEC auf dem Markt ziemlich exklusiv dastand. Ein Rolls-Royce Camargue war sagenhaft teuer, ein BMW 6er bereits nicht mehr ganz taufrisch und mit Sechszylindern (die es im SEC nie gab) eher eine halbe Klasse darunter angesiedelt. Na gut, ein Porsche 928 ginge noch, aber dort steigt man nicht so fürstlich ein und aus.
Auf der Frankfurter IAA im September 1981 präsentierte Mercedes die Typen 380 SEC (204 PS) und 500 SEC (231 PS). Diese neue Coupé-Generation basierte nun wieder auf der S-Klasse Limousine und nicht mehr wie der SLC auf einem SL-Modell. Eine Sechszylinder-Variante analog zum Typ 280 SLC wurde nicht angeboten.
Die V8-Motoren, die prinzipiell bereits von den Limousinen und den SLC-Modellen bekannt waren, hatte man im Rahmen des "Mercedes Energiekonzepts" zur Verbrauchs- und Schadstoffreduzierung gründlich überarbeitet.
Bei beiden Achtzylindern mussten, gewissermaßen als Ausgleich für die deutlich verbesserte Wirtschaftlichkeit, geringe Leistungseinbußen in Kauf genommen werden. Die Hinterachsübersetzung wurde in beiden Fällen der veränderten Motorcharakteristik angepasst.
Das Fahrwerk entsprach bis auf Detailänderungen den zugrundeliegenden Limousinen. Auch die Bodengruppe stammte prinzipiell von der Limousine, wenngleich sie um85 Millimeter gekürzt war. Der Radstand war damit 30 Millimeter länger als bei der Vorgängerbaureihe, der Fahrgastraum merklich geräumiger.
Zur Kompensation der fehlenden Mittelsäulen hatte man die Dachrahmenstruktur verbessert und die A-Säulen mit eingeschweißten hochfesten Rohren versehen. Damit entsprachen auch die Coupés dem hohen Sicherheitsstandard der S-Klasse Limousinen.
Ein interessantes Ausstattungsdetail stellten elektrisch betätigte Gurtbringer dar, die zum serienmäßigen Lieferumfang der SEC-Typen gehören und die Aufgabe haben, den Sicherheitsgurt ins Blickfeld und in eine für Fahrer respektive Beifahrer gut erreichbare Position zu bringen. Auf Wunsch waren außerdem ein Airbag für den Fahrer und ein Gurtstraffer für den Beifahrer lieferbar.
Das Design der neuen Coupés orientierte sich ebenfalls an den Viertürern, verwendete aber, gewissermaßen als Relikt der SLC-Ära, den SL-typischen horizontalen Kühlergrill mit integriertem Stern. Die beiden Stoßfänger sowie die seitlichen Flankenschutz-Leisten wurden analog zu den Limousinen gestaltet; allerdings ist die Frontschürze etwas weiter herabgezogen und enthält Nebelscheinwerfer.
Ein bemerkenswertes Konstruktionsdetail sind die aerodynamisch optimierten Türgriffmulden, die eine Verschmutzung der Türgriffe weitgehend verhindern. Ohnehin wurde die Aerodynamik des Fahrzeugs insgesamt optimiert, etwa für einen geringen Treibstoffverbrauch. So liegt der Luftwiderstandsbeiwert bei allen Typen bei cW=0,34. Einzige Ausnahme ist der Typ 560 SEC, bei dem er aufgrund der breiteren Reifen cW=0,35 beträgt.
Vier Jahre nach der Präsentation der SEC kam eine umfangreiche Modellpflege, so dass im September 1985, wiederum auf der IAA in Frankfurt, ein komplett überarbeitetes Typenprogramm der S-Klasse Limousinen und Coupés vorgestellt wurde. Neben dezenten Retuschen am Äußeren, die primär die Stoßfänger, den Flankenschutz und die Räder betrafen, wurde vor allem die Motorenpalette umstrukturiert.
Neu ins Programm kam ein V8-Motor mit 4,2 Liter Hubraum und 218 PS (ohne Kat), der durch Aufbohren des 3,8-Liter-Aggregats entstand und dieses nun nicht nur im SEC, sondern auch in der S-Klasse Limousine und im SL ablöste. Der 5,0-Liter-Motor wurde ebenfalls modifiziert; er hatte jetzt eine elektronische Zündanlage und eine elektronisch-mechanisch gesteuerte Einspritzanlage Bosch KE-Jetronic. Leistung: Über die Jahre zwischen 223 und 265 PS, je nachdem ob mit oder ohne Kat.
Die spektakulärste Neuheit in der Motorenpalette war aber ein 5,6-Liter-Achtzylinder, der aus dem 5,0-Liter-V8 durch Verlängerung des Hubs entwickelt worden war und eine Leistung von 272 PS mobilisierte. Auf Wunsch gab es sogar eine noch höher verdichtete Ausführung, die stolze 299 PS entfaltete, jedoch nicht mit einer geregelten Abgasreinigungsanlage kombiniert werden konnte.
Aber auch ohne Katalysator erfüllte diese sogenannte "ECE-Version" die von der Europäischen Wirtschaftskommission ECE festgelegten Abgasgrenzwerte. Die mit dieser Motorvariante ausgerüsteten Typen 560 SEC und 560 SEL waren zum Zeitpunkt ihres Erscheinens die leistungsstärksten bis dahin gebauten Serien-Personenwagen von Mercedes.
Für alle Coupé-Varianten der überarbeiteten Modellpalette mit Ausnahme des 560 SEC in ECE-Version stand auf Wunsch eine geregelte Abgasreinigungsanlage mit Dreiwege-Katalysator zur Verfügung. Serienausführung war die sogenannte "RÜF-Version", bei der das Fahrzeug ohne Katalysator und Lambdasonde, aber mit dem multifunktionalen Gemischaufbereitungs- und Zündsystem ausgeliefert wurde. Eine Nachrüstung mit dem geregelten Katalysator konnte bei einem "Rückrüstfahrzeug" (deshalb RÜF) jederzeit und ohne Probleme vorgenommen werden.
Diese Regelung gestattete dem Kunden größtmögliche Flexibilität, den Zeitpunkt der Umrüstung betreffend - in Anbetracht der zunächst noch nicht flächendeckenden Versorgung mit bleifreiem Kraftstoff ein nicht unerheblicher Vorteil.
Ab September 1986 gehörte der geregelte Katalysator bei allen Mercedes-Personenwagen mit Ottomotor zur Serienausstattung; die Rückrüstfahrzeuge waren - mit entsprechendem Preisabschlag - bis August 1989 auf Wunsch weiterhin lieferbar.
Das Fahrwerk der modellgepflegten Typen wurde nicht grundlegend geändert. Allerdings hatte man einige Details der Hinterachskonstruktion modifiziert, um Fahrkomfort und Laufruhe weiter zu verbessern. Außerdem waren alle Coupés und Limousinen der Baureihe 126 nun mit größeren Rädern (Durchmesser: 38,1 Zentimeter) und dementsprechend größeren Bremsen ausgestattet. Das Design der auf Wunsch lieferbaren Leichtmetallräder, die nur beim 560 SEC zur Serienausstattung gehören, hatte Mercedes aktualisiert und dem 190 und W 124 angepasst.
Die übrigen stilistischen Änderungen, die den verbesserten Modellen der Baureihe 126 zuteil geworden sind, dienten nicht nur der Aktualisierung des Designs, sondern erfolgten auch aus handfesten technischen Gründen. Durch tiefer herabgezogene Schürzen konnte der Auftrieb vorn weiter verringert und die Luftabströmung hinten verbessert werden. Dadurch gelingt es, die Fahrstabilität bei schneller Fahrweise nochmals zu erhöhen.
Die seitlichen Schutzleisten waren nun glattflächig gestaltet und nicht mehr wie bisher mit Rillen versehen; wie das Stoßfängersystem reichten sie jetzt weiter herab, inklusive zusätzlicher Längsträger-Verkleidungen. Da das 5,6-Liter-Coupé im Unterschied zu seinen weniger leistungsstarken Schwestermodellen serienmäßig mit breiten Reifen der Dimension 215/65 VR 15 ausgerüstet ist, wurden Bugschürze und Kotflügelwulst in der Form geändert, um an den Vorderrädern den nötigen seitlichen Freigang zu erzielen.
Im September 1987 führte Mercedes leistungsgesteigerte Varianten aller V8-Motoren ein. Die Verdichtung wurde in allen Fällen auf 1:10 erhöht, und mit flankierenden Maßnahmen konnte die Leistung je nach Modell um sechs bis zehn Prozent gesteigert werden.
Im September/Oktober 1991, fast genau zehn Jahre nach Markteinführung desSEC, wurde die Produktion der Baureihe C 126 eingestellt. Die Gesamtstückzahl von 74.060 gebauten Exemplaren vermittelt einen Eindruck von dem hohen Beliebtheitsgrad der Modellfamilie. Die mit Abstand seltenste Variante ist der 420 SEC mit nur 3.680 Einheiten.