Mini Cooper SE

Das wurde aber auch Zeit – doch jetzt kommt er, der erste elektrische Mini. Modern, agil und zeitgemäß witscht er mit seinen 3,82 Metern Länge genau die Lücke für moderne agile und zeitgemäße E-Autos. Schließlich darf, ach was: soll Stromern ruhig Spaß machen.
Bevor die Sache mit dem ersten richtigen Fahrbericht losgeht, verraten wir Ihnen ein Geheimnis: in der Strategieplanung bei Mini arbeiten Menschen mit Doppelabschluss: Metzger und Optiker. Nur so konnten sie die Salamischeibchen der Kommunikation zum Cooper SE, dem ersten elektrischen Serien-Mini, so dünn schneiden, dass man durchgucken konnte. Dennoch hatte jede ihre Berechtigung. Denken wir nur zurück an den ersten Fahrkontakt auf dem Testgelände in Maisach. Damals zwar noch massiv getarnt, doch unter der ganzen Klebefolie schon hellwach und ganz bei sich. Also der Mini.
Oder die paar schnellen Runden auf der Formel E-Rennstrecke in New York im Rahmen des Grand Prix. Da konnten wir im Sommer 2019 schon allerhand über den elektrischen Mini herausfahren. Vor allem über das knackige Handling auf präparierter Piste, dem Fahrverhalten auf unterschiedlich griffigem Belag und dem Handling auf einer schnellen, engen Strecke mit knackigen Kehren. Ergo: die Brille war schon okay, doch jetzt kann sie weg.
Jetzt geht es los. In echt. So richtig!
In Miami wird es jetzt ernst für den SE. Na ja, was heiß schon ernst bei einem Mini. Selbst Miesepeter müssen sich zusammenreißen, um hinterm Steuer nicht dauerzugrinsen. Bewährter Antriebsstrang vom BMW i3, bewährtes Mini-Fahrwerk, was soll da schon schiefgehen? Zumal Mini beim SE im Gegensatz zum Organspender BMW i3 die Finger von Auto-Exotik ließ. Hat der Typ auch nicht nötig, schließlich füllt er ein Vakuum. Denn sind wir mal ehrlich: bis jetzt gibt es doch eigentlich noch keinen richtigen kleinen Elektro-Spaßmacher. Entweder sind sie vernünftig, erfreuen mit kultiviertem E-Antrieb und lokaler Emissionsfreiheit oder sie sind schwer, teuer und mit ihren Zwölfzentner-Akkus angreifbar. Der Mini macht es smarter, startet bei 32.500 Euro und bleibt dank 200 Kilo-Akku unter 1,4-Tonnen, was beim momentanen Akku- und Power-Wettrüsten fast schon ressourcenpazifistisch wirkt.
Klar, wer regelmäßig Kontinente durchmessen, mindestens aber Langstreckenpendeln möchte, für den wird es knapp mit der Reichweite. Doch welcher Außendienstprofi hat denn bislang seine Allerwertesten in einen Cooper S gezwängt? Sehen Sie. Je nach Fahrweise kommt man mit dem SE zwischen 240 und 270 Kilometern weit (nach WLTP). Dafür klemmt aber auch nur ein 33 kWh-Akku (netto 29 kWh, Zellen von CATL) in T-Form im Unterboden und macht sich dort so klein, wie es geht. Gut fürs Kofferraumvolumen: es bleibt mit 211 bis 731 Litern wie gehabt, ebenso die beiden Sitzplätz im Fond.
Beschleunigung? Rasant. Schwerpunkt? Tief. Regelung? Schnell.
Fond? Nun, sitzen dort geht schon, für die Mittelstrecke langt es notfalls. Dennoch: den Mini willst Du fahren. Vor allem diesen. 184 PS und 270 Newtonmeter aus dem Stand (!) sind eine Ansage, für die sich die Verbrenner-Geschwister durchaus die Pleuel verbiegen müssten. Zumal die Kombo aus kräftigem Synchronmotor neuer schneller Regelelektronik (mit aktornaher Radschlupfregelung) und dem bekannten Fahrwerks-Unterzeug mit Multilenker-Hinterachse schon auf dem Papier passt (eine gute Figur macht, höhö…).
Jetzt aber! Reinsetzten, anschnallen, Startknopf schnippen und ab. Jau, E-Power wie wir sie kennen und lieben. Antriebseinflüsse an der Vorderachse? Lassen sich höchstens durch stumpfes Bodenblechnageln des Fahrpedals provozieren. Im Gegensatz zum Organspender BMW I3 setzt der Mini auf sein gelerntes Layout, also Motor und Antrieb vorn, ein Rad in jeder Ecke. Seine Karosserie liegt wegen des Akku knapp zwei Zentimeter höher, dafür legt derselbe den Schwerpunkt des SE aber um 3 Zentimeter tiefer. Guter Tausch, oder? Stimmt, solche Ideen hatten 323i-Treiber schon vor 30 Jahren. Bleiplatten in den hinteren Fußraum und das Biest wurde netter. Auch im Winter.
Heute haben wir für sowas unter anderem Fahrdynamikregelungen wie DSC, im SE erstmals mit einer sogenannten aktornahen Radschlupfbegrenzung gekoppelt. Sie nutzt die prinzipbedingten Vorteile der E-Maschine, also die unmittelbare Regelung ohne die Verzögerung durch herumlungernde Gassäulen, Kolben, Pleuel, Kurbelwellen et cetera. Statt übers Steuergerät den kompletten Antrieb inklusive der Bremse zu domptieren, greift sie direkt auf die E-Maschine zu. Schneller und feiner als anderswo. Das zeigte man uns bereits damals in Maisach beeindruckend auf den Reibwertsprüngen zwischen griffigem trockenem, und rutschigem nassen Asphalt. Es funktioniert aber auch auf griffigen Pisten, zum Besipiel beim Herausbeschleunigen aus engen Ecken oder aber beim Rekuperations-Bremsen. Fahrdynamik? Haken dran.
Komfort? Kommt vor. Und gar nicht schlecht
Und das ohne übertrieben straffe Abstimmung von Federn und Dämpfern. Die 17-Zöller bieten überdies ordentlich Grip, ohne sich Federungsaufgaben zu verweigern. Überhaupt wirkt der ganze SE einen Tick abgeklärter, gelassener als seine manchmal etwas hibbeligen Verbrenner-Geschwister. Zeit für einen kleinen Ampelsprint. Dem Kollegen nebendran mit seinem leidlich gepimpten US-Coupé schwappt fast die Cherry-Cola aus dem Becher, als er den Rücklichtern hinterherguckt. 3,9 Sekunden auf 60 km/h ohne viel Aufhebens und Reifenscharren sowie 7,3 Sekunden auf 100. Glaubhaft, so gut aufgelegt, wie sich der SE präsentiert.
Gut aufgelegt, so zeigt sich der ganze Wagen trotz der Topspeed-Abregelung bei 150 km/h. Die Lenkung feinfühlig mit passender Servounterstützung, das Handling agil und ohne Spitzen, die Rekuperation in zwei Stufen wählbar. Entweder fast frei rollend und dann mit dem Bremspedal exakt zu verzögern oder mit kräftiger Motorbremse. Reine Geschmackssache. Ach ja, vier Fahrmodi gibt es auch von Sport bis besonders Eco. Thema sparsam: vorausschauendes Fahren kostet um die 14 kWh/100 km, wer es zügiger mag geht Richtung 18 bis 20. Die Ladezeiten von 0-80 Prozent betragen an 11 kW rund 2,5 Stunden, am 50 kW-Schnelllader rund eine halbe Stunde.
Und die Bedienung? Mini halt. Mit Kippschaltern (Toggles) und teils verstreuten Elementen die den Piloten anscheinend wie einen aufmerksamen Hund beschäftigen sollen. Inklusive Erfolgserlebnis, wenn man die Chose mal durchschaut und beherrscht.
Trimm Dich. Äh, Trimm ihn…
Modern und zeitgemäß ist er ja. Vernetzt und serienmäßig mit Navigationssystem ausgerüstet. Es ist Bestandteil der vier Trim Level (die Junggebliebenen unter uns erinnern sich sicher noch an die „Trimm Dich durch Sport-Kampagne der späten Siebziger, der Prä-Jogging-Dekade… Aber Entschuldigung, ich schweife schon wieder ab). Diese vier unterschiedlich teuren Level staffieren den Cooper SE mehr oder weniger festlich aus. Im Maximum sind bei “XL„ für 40.500 Euro Navigation Plus, diverse Optikelemente, Farben und Felgen zur Auswahl sowie Goodies von Adaptivlicht über ein musikalisches Harman-Soundsystem und Lederpolster bis zum elektronischen Gepäckanhänger, der beim Wiederfinden hilft an Bord.
Am südlichen Ende der Liste kauert Level “S„ für 32.500 Euro mit allem Notwendigen, also Navi mit Echtzeit-Informationen auch zu Ladestationen, Ladestatus, Ladetimer (auch über Mini Connected Remote App) sowie Hardware wie Sportsitze. Sämtliche Ladeoptionen inklusive DC-Schnellladen mit 50 kW, Vorkonditionierung, Wärmepumpe und LED-Scheinwerfer sind ebenso Serie. So wie die durchweg solide Verarbeitung.
Und das Freche? Das kommt beim Fahren. Wie sportiv Du drinsitzt auf den gut stützenden Sitzen, wie fahraktiv die Ergonomie passt, wie lässig und besonders es da drinnen aussieht. Und wie sie mit dem neuen Instrumentendisplay (Volldigital, hey!) wieder was Eigenes machten.