Ferrari setzt voll auf Vettel
Kimi Räikkönen war in Ungarn so stark wie in Monaco. Wieder verlor er das Duell gegen Sebastian Vettel. Weil er im Qualifying einen Fehler einbaute und Ferrari alle Karten auf Vettel setzt.
Ferrari hat eine Nummer eins und eine Nummer zwei. Im Gegensatz zu Mercedes, die beide Fahrer gleich berechtigen. Es ist das Schicksal von Kimi Räikkönen, im Team der Italiener nur die zweite Wahl zu sein. Sebastian Vettel ist die Nummer eins. Er hat sich diesen Status zu Beginn der Saison mit zwei Siegen und zwei zweiten Plätzen erarbeitet. In Monaco hat Ferrari den Zustand zementiert. Indem man Vettel über die Taktik zum Sieg gegen den Teamkollegen verhalf.
Pole wäre der Schlüssel gewesen
Wie auch in Ungarn. Diesmal gibt es aber entscheidende Unterschiede. In Monaco eroberte Räikkönen die Pole. In Budapest unterlag der Weltmeister von 2007 seinem Stallgefährten im Qualifying. Das Duell auf eine schnelle Runde entschied Vettel um 0,168 Sekunden für sich. Weil sich bei Räikkönen ein kleiner Fehler einschlich. Der Finne bremste die Schikane von Kurve sechs und sieben auf dem äußeren linken Randstein an und sein Ferrari SF70H stellte sich kurz quer. Ohne dieses kleine Malheur hätte Räikkönen den ersten Startplatz eingenommen. Und dann hätte Vettel mit seiner krummen Lenkung den Anschluss nicht halten können. Und Ferraris Strategen wären die Hände gebunden gewesen.
In Ungarn ist Überholen ein Ding der Unmöglichkeit. Erst ab einem Delta von 1,8 Sekunden und mehr kommt man am Vordermann vorbei. Räikkönens einzige Chance, aus eigener Kraft zum Sieg zu fahren, war der Start. Aber der Iceman ging im Zweikampf mit Vettel nicht volles Risiko, wie er es gegen einen anderen Gegner vermutlich getan hätte. „Ich bin gut gestartet, kam in den Windschatten und bremste später als Sebastian. Ich wollte aber keinen Unfall riskieren.“
Danach war das Rennen scheinbar gelaufen. Allerdings geriet Vettel in technische Schwierigkeiten. Sein Lenkrad stand nach links. In der Anfangsphase hemmte ihn das nicht. Jedoch verschlimmerte sich der Zustand, Vettel verlangsamte und Räikkönen schloss gegen Ende des ersten Rennabschnitts auf. Bis die Ferrari-Strategen eingriffen.
Man holte erst Vettel an die Box und einen Umlauf später das Auto mit der Startnummer 7. Obwohl dessen Supersoft-Reifen noch klebten und Räikkönen zwei Sektorbestzeiten aufstellte. „Mein Auto war klasse, die Reifen in Schuss. Ich hätte länger draußen bleiben können“, murrte Räikkönen. Es hätte nur eine Runde mehr gebraucht, und er wäre wohl in Führung gegangen.
Räikkönen ordnet sich unter
Doch Ferrari setzt im WM-Kampf alles auf Vettel. Man konnte es sich nicht erlauben, sieben wichtige Punkte zu opfern, nur um Räikkönen siegen zu sehen. Der 20-fache GP-Sieger ordnet sich der Teampolitik unter. Er meckerte zwar über Funk, stimmte nach dem Rennen aber leise Töne an, und schützte die Ferrari-Strategen sogar. „Ich muss dem Team vertrauen. Sie kennen das große Bild. Vielleicht haben sie mich hereingeholt, weil Mercedes auf frischen Reifen unterwegs war.“
Selbst das wäre unnötig gewesen. Räikkönen hatte in der Runde nach dem Reifentausch einen Vorsprung von 3,8 Sekunden auf Bottas. Da wären locker eine Runde mehr, wenn nicht sogar zwei Umläufe mehr drin gewesen. Aber in Führung hätte Räikkönen seinen Teamkollegen nicht mehr schützen können.
Räikkönen weiß, dass er die Ferrari-Führung um Sergio Marchionne nicht verärgern darf, wenn er im nächsten Jahr weiter für den erfolgreichsten Rennstall der Formel 1-Geschichte fahren will. Nachwuchstalent Charles Leclerc wartet. Der Monegasse zeigt in der Formel 2 und mit starken Testauftritten wie in Budapest, zu was er fähig ist.
Auch deshalb kann es sich Räikkönen nicht erlauben, sich über die Teamstrategie hinweg zu setzen, und einfach eine Runde länger draußen zu bleiben. Oder im Nachgang mit Vehemenz die teaminterne Politik anzweifeln. Stattdessen sucht er die Schuld bei sich selbst. „Ich kann mich nur bei mir selbst beschweren. Ich habe den Sieg am Samstag verloren.“
Ein Gehalt in zweistelliger Millionenhöhe tröstet darüber hinweg, dass der Finne nur unter glücklichen Umständen noch einen 21. Grand Prix gewinnen wird. Räikkönen will mit großer Sicherheit auch 2018 für Ferrari fahren. „Es ist nicht meine Entscheidung. Das Team weiß, was ich will.“ Man nimmt an, dass Ferrari seine Fahrerpaarung für 2018 in Monza bekannt gibt.
Vettel weiß den Rückhalt zu schätzen. „Zum Glück hatte ich Kimi hinter mir. Und nicht die Mercedes.“ Trotz Vettels Lenkproblemen kam Räikkönen niemals in die Situation, einen Angriff wagen zu können. Was für die Fahrqualitäten des Deutschen spricht. „Ohne groben Schnitzer oder ein wirklich gravierendes Technik-Problem kommst du nicht an deinem Vordermann vorbei“, urteilte Räikkönen. „ Es kam mir so vor, als würde ich das ganze Rennen meinem eigenen Heckflügel folgen.“