"Wir erwarten eine Richtungsänderung"
Red Bull-Berater Helmut Marko zählt zu denen im Fahrerlager, die Klartext reden. Auch nach dem GP Spanien. Der Ex-Rennfahrer sprach mit auto motor und sport über das enttäuschende Abschneiden der Red Bull und seine Erwartungen an die Strategiegruppensitzung am 14. Mai.
Hat Red Bull das Maximum herausgeholt?
Marko: Ricciardo hat das Maximum herausgeholt. Kvyat hat zu viel beim Überrunden verloren und war auch von den Rundenzeiten her nicht so konstant. Wir sind mit dieser Motorleistung absolut chancenlos. Wie auf den Geraden an uns vorbeigeblasen wird, das ist deprimierend. Aber auch unser Chassis hat nicht das abgeliefert, was wir erwartet haben. Zum Glück haben wir jetzt zwei Testtage in Barcelona um herauszufinden, ob es am Setup gelegen ist, oder ob es ein grundsätzliches Problem gibt.
Straft Sie das Motorproblem im Rennen mehr als im Training?
Marko: Ja, weil im Rennen aus Sicherheitsgründen noch weniger Power zur Verfügung steht. Das sieht man schon beim Start. Obwohl unsere Starts teilweise sehr gut waren, sind die anderen nur so an uns vorbeigepfiffen. Für uns ist es ein Ding der Unmöglichkeit, ein anderes Auto auf der Geraden zu überholen.
Renault will erst mehr Leistung freigeben, wenn das Kolbenproblem gelöst ist. Wie viel Geduld bringt Red Bull auf?
Marko: Zurzeit müssen wir da mitziehen. Aber uns ist es lieber, wir fahren in näherer Distanz zu unseren Gegnern als nur herumzukutschieren. Unsere ganze Strategie ist nur darauf ausgelegt, dass kein Lotus oder Sauber in unseren DRS-Bereich kommt. Dann sind wir hoffnungslos ausgeliefert.
Wieso war Toro Rosso im Training besser als Red Bull, und warum hat sich die Reihenfolge im Rennen umgedreht?
Marko: Die Red Bull-Fahrer haben keine optimalen Qualifikationsrunden hingebracht. Ihre Kollegen von Toro Rosso konnten jeweils ihre besten Sektorzeiten in eine Runde packen. Paradoxerweise haben da die unerfahreneren Fahrer den besseren Job abgeliefert. Im Rennen hatte Toro Rosso dann den höheren Reifenverschleiß.
Ist das der beste Toro Rosso, der je gebaut wurde?
Marko: Auf alle Fälle. Aber wir haben auch zwei außergewöhnliche Junior-Fahrer.
Gab es beim Duell Sainz gegen Verstappen und Kvyat ein paar graue Haare mehr?
Marko: Dort, wo wir herumfahren, gibt es keine grauen Haare mehr. Wir fahren weder um eine WM noch um ein Podium. Da zählt allein die Sportlichkeit. Würden wir unseren jungen Fahrern jetzt schon sagen, dass sie sich zurückhalten müssen, wäre das völlig kontraproduktiv. Wie sollen sie sich da motivieren? Unsere so genannten etablierten Fahrer müssen halt schauen, wo sie bleiben. Kvyat hat beim Überrunden jeweils 2 Sekunden verloren. Und das hat Sainz ausgenutzt.
Wie lange kann es dauern, bis Red Bull wieder vom Podest träumen kann?
Marko: Wenn alles nach Plan läuft, vielleicht die letzten drei Rennen.
Hat man Carlos Sainz unterschätzt?
Marko: Ich sicher nicht. Ich habe für ihn gekämpft. Und er hatte nicht viele Befürworter.
Aber hätten Sie ihn gleich so stark eingeschätzt?
Marko: Wir haben ihn genau beobachtet. Wenn er von der Psyche her in Ordnung ist, kann er alles abrufen. Der heilsame Schock für Sainz war, dass Kvyat von Red Bull Racing und Verstappen von Toro Rosso verpflichtet wurden. Zur gleichen Zeit hatte er kurzfristig ein Tief bei der Renault-Weltserie. Wir haben ihm gesagt, dass bei uns nur Leistung zählt. Danach hat er super Rennen hingelegt. Er ist ein ganz anderer Kämpfer als er vorher war.
Am 14. Mai tagt die Strategiegruppe der Formel 1. Es geht um die Zukunft des Sports. Was erwartet sich Red Bull davon?
Marko: Wir erwarten Entscheidungen, die ganz klar eine Richtungsänderung bewirken. Sowohl auf der Chassis- als auch auf der Motorenseite.
Ist das eine Bedingung dafür, dass Red Bull in der Formel 1 bleibt?
Marko: Das ist mittelfristig eine Bedingung.