Ersehnter Heimsieg für VW

Nach Heimpleiten in den beiden vergangenen Jahren konnte das VW-Werksteam 2015 die Scharte auswetzen und die Deutschland-Rallye gewinnen. Die Wolfsburger machten Nägel mit Köpfen und besetzten gleich das komplette Podium.
Monte Carlo, Schweden, Mexiko, Argentinien, Portugal, Griechenland, Italien, Polen, Finnland, Australien, Frankreich, Spanien und Großbritannien, alle WM-Läufe der letzten zweieinhalb Jahre gingen zumindest einmal an Volkswagen. Nur beim deutschen WM-Lauf stellte sich die Weltmeister-Mannschaft in den vergangenen zwei Jahren selbst ein Bein. Die Top-Fahrer Sébastien Ogier und Jari-Matti Latvala waren 2013 und 2014 jeweils ohne Not abgeflogen, Ogier im Vorjahr sogar gleich 2 Mal in 2 Tagen.
Dementsprechend motiviert ging gerade der Franzose in den dritten Anlauf mit dem Polo in Trier. Sowohl er als auch Kollege Latvala hatten schon im Vorjahr geschworen, die Scharte auszuwetzen. Obwohl beide sich in erster Linie bemühten, konzentriert die Prüfungen abzuspulen und keine Fehler zu machen, reichte das Tempo des Top-Duos aus, um dem Feld von Anfang an davonzuziehen. Die Abstände lagen teilweise bei unter einer Sekunde.
Andreas Mikkelsen musste im dritten Polo die Teamkollegen früh ziehen lassen und konzentrierte sich darauf, im Fall eines erneuten Fauxpas der Kollegen mit Rang drei die Siegchance abzusichern. Das aber war gar nicht nötig.
Latvala verliert Sieg in Baumholder
Weil Latvala auf dem Truppenübungsplatz Baumholder die Abstimmung seines Polo verpatzte, verlor er auf den beiden Durchgängen der mit rund 45 Kilometern längsten Prüfung 22 Sekunden auf Ogier und gab sich geschlagen. Der Finne mühte sich am letzten Tag nur noch darum, das Ergebnis des Teams nicht mehr zu gefährden. Dennoch gewann Latvala die finale Powerstage und holte sich so noch 3 Extrazähler.
Vor den Augen der als Glückbringer eingeflogenen VFL-Größen Klaus Allofs und Dieter Hecking fuhren die Wolfsburger in Trier einen Dreifachsieg nach Hause und befreiten sich mit dem Heimerfolg vom selbst aufgebauten Druck. "Alle haben standgehalten", sagte Latvala im Ziel.
Sieger Ogier wurde pathetisch: "Dass Julien und ich unserem fantastischen Team endlich den lang angestrebten Heimsieg schenken, erfüllt uns beide mit großem Stolz." Sportchef Jost Capito, der sich trotz der heiklen Lage weigerte, eine Stallorder zu verhängen, war extrem erleichtert: "Das ist emotionaler als alles, was wir bisher an Siegen gefeiert haben."
VW-Konkurrenz bleibt blass
Alle anderen Teams hatten mit dem Geschehen an der Spitze nichts zu tun. Das M-Sport-Team, mit dem Vorjahresvierten Elfyn Evans und einem überarbeiteten Ford Fiesta auf dem Papier in keiner schlechten Verfassung, mühte sich bei steigenden Temperaturen mit Abstimmungsproblemen. Der Waliser wurde Sechster, Teamkollege Ott Tänak beim ersten Asphalt-WM-Lauf seit drei Jahren Achter. Ford-Kunde Robert Kubica manifestierte wieder mal seinen Ruf als Crash-Pilot. Der Pole flog am Freitag und Samstag von der Strecke und endete auf Rang 35.
Beim in Trier sonst so verwöhnten Citroën-Team konnte Kris Meeke anfangs dem Tempo der beiden Werks-VW folgen, aber der Nordire flog von der Strecke und kam auf Platz zwölf und damit ohne Punkte ins Ziel. Für ein leichtes Lächeln bei Sportchef Yves Matton sorgte nur Nachwuchsmann Stéphane Lefebvre, der bei seinem ersten Auftritt in einem World Rally Car fehlerlos und zunehmend zügig unterwegs war und als Zehner mit einem Punkt belohnt wurde. Ohne Probleme fuhr Teamkollege Mads Östberg, aber für den nicht gerade asphalt-affinen Norweger reichte es nur zu einem siebten Rang.
Das magere Ergebnis ließ die Franzosen in der Tabelle hinter Hyundai zurückfallen. Bei den Koreanern lieferten sich Thierry Neuville (Trier-Sieger 2014) und Dani Sordo (Sieger 2013) ein knappes Duell, bis Teamchef Michel Nandan am Samstagabend befahl, die Kampfhandlungen einzustellen. So wurde Sordo als Vierter bester Nicht-VW-Fahrer vor Neuville.
Die Hyundai-Junioren taten sich schwer. Der bei den vorangegangenen Rallyes auffällig schnelle Hayden Paddon zahlte gerade auf den kniffligen Baumholder-Prüfungen Lehrgeld und wurde Neunter, Der Niederländer Kevin Abbring verirrte sich bei seinem zweiten Auftritt im Werks-i20 bei der Abstimmung und musste erst wieder Selbstvertrauen aufbauen. Es reichte nur zu Rang elf.
Kopecky gewinnt WRC2-Wertung
Zwei Ränge dahinter landete der Sieger der WRC2-Kategorie. Im Werks-Skoda Fabia R5 ließ Jan Kopecky der Konkurrenz keine Chance, zumal seine einzigen ernsthaften Gegner früh die Segel streichen mussten. Teamkollege Esapekka Lappi brachte sich mit einem frühen Austritt selbst um den Lohn, Armin Kremer dagegen wurde ein Opfer der Technik.
Obwohl er kaum getestet hatte, heizte der Mecklenburger im Kunden-Skoda des Baumschlager-Teams Kopecky anfangs ordentlich ein, doch dann musste der 47-Jährige sein Auto auf Rang zwei ohne Öldruck abstellen. Ein geplatzter Turbo und gleich drei Reifenschäden bremsten Fabian Kreim bei seinem WRC2-Debüt in der WM. Dennoch hinterließ der deutsche Skoda-Junior einen guten Eindruck. Auf vielen Prüfungen mischte er in der Spitze der Nachwuchsliga mit und wäre ohne technische Probleme Zweiter in der Klasse geworden.
Einen deutschen Sieger gab es mit dem vierfachen deutschen Meister Hermann Gaßner in der Kategorie der seriennahen Allrader und mit Opel-Junior Marijan Griebel in der Klasse R2. Der Sieg für den deutschen Opel-Werksfahrer war trotz einer krummen Hinterachse am Freitag frei, als Teamkollege Emil Bergqvist mit drei Reifenschäden zurückgefallen war. Griebels knapp 200 PS starker Opel Adam war am Ende zweitschnellster Fronttriebler im gesamten Feld.
Grund zum Feiern gab es im Opel-Lager gleich doppelt. Julius Tannert gewann mit seinem seriennahen Opel Adam R1 souverän die im Opel-Junior-Cup und sicherte sich damit vorzeitig den Titel.
Ogier und VW vor Titelverteidigung
In der WM-Tabelle ist VW durch den Triumph an der Mosel in der Marken-Wertung so weit enteilt, dass die Truppe aus Hannover schon beim kommenden WM-Lauf in Australien (10.-13. September) den dritten Herstellertitel in Folge einsacken kann. Mit seinem 30. WM-Sieg ist auch Ogier der dritten Krone deutlich näher gekommen. Dem Franzosen reicht auf der anderen Seite der Erde ein zweiter Platz und ein dritter Rang in der Powerstage, sollte Verfolger Latvala dort die Maximalpunktzahl von 28 einfahren.
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