Schluss mit Reifendruck-Tricks
Mit neuen Messmethoden will die FIA verhindern, dass die Teams weiter mit den Reifendrücken tricksen und immer mehr Geld in teure Spezialfelgen investieren. Wir haben die Details.
Die Reifendruck-Tricksereien sind immer noch ein heißes Thema im Fahrerlager. Weil sie legal sind. Und weil sie gewissen Teams in der entscheidenden Qualifikationsrunde mehr Grip geben und den Reifen im Rennen ein längeres Leben. Wer den Trick raus hat, gewinnt schnell ein paar Zehntel Rundenzeit und hat im Rennen die Abnutzung besser im Griff. Im Verdacht stehen Mercedes, Red Bull, Force India und Toro Rosso.
Die FIA hat in Monte Carlo die Reifendrücke von den fahrenden Autos in Echtzeit abgezapft. Und festgestellt, was man ohnehin schon von Stichproben aus der Datenauswertungen wusste. Einige Teams sind in der Lage die Luftdrücke der Reifen für eine Qualifikationsrunde kurzfristig unter den von Pirelli vorgegebenen Startdruck zu senken und ihn später langfristig auf dem Mindestwert zu halten. Normalerweise müsste der Reifendruck durch die Erhitzung im Fahrbetrieb aber um 1,5 PSI gegenüber dem Startwert ansteigen. Ohne die Abkühlphase dazwischen.
Tricksereien zwingen Pirelli zu höheren Startdrücken
Pirelli sichert sich mit dem Mindestdruck gegen Reifenschäden ab. Als der italienische Reifenhersteller merkte, dass die Teams den Sicherheitsmechanismus mit immer schlaueren Tricks unterwandern, hat er im Umkehrschluss immer weiter die Startdrücke erhöht. Die FIA will dieser Spirale nun ein Ende setzen. In der Hoffnung, dass Pirelli dann die Startdrücke wieder senkt und somit ein kostspieliges Wettrüsten verhindert wird.
Im Prinzip heizen die Teams die Bremsen und damit die Radträger so stark vor, dass beim Aufstecken des Rades der Reifendruck über den Wärmetransfer durch die Felge ansteigt. Und das ist dann der Moment, in dem der FIA-Kommissar den Luftdruck misst.
Dabei gibt es zwei Techniken. In der Garage darf das Team den Luftdruck bis der zu von Pirelli vorgeschriebenen Grenze korrigieren, sollte er durch das Vorheizen zu hoch gestiegen sein. In der Startaufstellung geht das nicht. Da wird der Reifendruck in den Heizdecken so niedrig eingestellt, dass er durch das Aufheizen nach der Montage genau auf den Startwert ansteigt.
Trick mit den Kühlrippen in den Felgen
Sobald das Auto fährt, fällt die Temperatur und damit der Druck durch eine geschickte Felgenkühlung unter den Startwert, um dann durch die Erhitzung des Reifens durch Walken und Fahrbahnkontakt wieder anzusteigen. So hat man einen klaren Vorteil gegenüber denen, die diese Abkühlphase dazwischen nicht provozieren können und damit für den Rest der Laufzeit um genau diesen Wert mit dem Luftdruck höher liegen.
Dafür braucht es spezielle Felgen. An den Mercedes-Rädern entdeckt man auf der Innenfläche einen handbreiten Streifen mit vielen kleinen Noppen (siehe Foto). Die dadurch vergrößerte Fläche erwirkt einen Kühleffekt.
Andere Teams ziehen nach. Die Entwicklung geht ins Geld, weil die Mini-Kühlrippen in die Magnesium-Räder gefräst werden müssen. Das Reglement fordert, dass die Räder aus einem einheitlichen Material sind.
Da sich Mercedes weiterhin über die wahren Hintergründe der Nico Rosbergs Probleme in Monte Carlo mit der Reifentemperatur ausschweigt, liegt der Verdacht nahe, dass man bei kühlen Bedingungen und im Regen ein Problem hat, weil die Felgen vielleicht zu gut gekühlt sind.
Die FIA überlegt jetzt, dem Zauber ein Ende zu setzen. Eine Echtzeit-Messung kommt nicht in Frage, weil die Sensoren nicht hundertprozentig zuverlässig sind und weil es zu viele Streitfälle geben könnte, wenn der Druck bei bestimmten Rennsituationen automatisch fällt.
Es gibt aber eine Möglichkeit das künstliche Aufheizen der Reifen bei Montage zu unterbinden. Man könnte bereits den Startdruck messen, wenn der Reifen noch nicht montiert ist. Wer ihn dann auf einen vorgeheizten Radträger steckt, schadet sich selbst, weil er danach den Druck nicht mehr korrigieren kann. Diese Regelung könnte bereits beim übernächsten Rennen in Österreich in Kraft treten.