Angst vor Mexiko

Die Formel 1 hat noch den GP USA in Austin vor der Brust, doch die Teams machen sich jetzt schon Gedanken über den Grand Prix von Mexiko. Er wird die größte Herausforderung an die Techniker im ganzen Jahr. Weil sich 2.250 Meter über Meereshöhe nicht simulieren lassen.
Dem Formel 1-Zirkus stehen unruhige Zeiten bevor. Nein, ausnahmsweise mal nicht die EU-Kommission oder das Motorendrama von Red Bull. Es geht um ganz banale Dinge. Die Vorbereitung für die nächsten beiden Grand Prix. Das Problem von Austin wird der Regen sein. Die Meteorologen kündigen 3 Tage Unwetter an. Mit einer kleinen Chance auf einen trockenen Grand Prix. Damit gehen die Teams noch schlechter vorbereitet ins Rennen als zuletzt in Suzuka oder Sochi.
Eine Woche später hilft kein Beten in Richtung Wettergott mehr. Der GP Mexiko auf 2.250 Meter über Meereshöhe sorgt bei den Ingenieuren für heftige Kopfschmerzen. Im Kalender gibt es nichts Vergleichbares. Spielberg in Österreich liegt 660 Meter über dem Meer. In Mexico-City ist die Luft um rund 21 Prozent dünner als bei einem Grand Prix auf Meereshöhe. Die Luftdichte sinkt von 1,247 auf 0,987 kg/m³.
Beim letzten Auftritt der Formel 1 in Mexiko vor 23 Jahren hat das nicht viel ausgemacht. Die Saugmotoren verloren entsprechend Leistung und brauchten im gleichen Maße natürlich weniger Kühlung. Weil der Luftwiderstand in der dünnen Luft geringer ist, waren die Autos trotz 600 PS auf der Geraden so schnell wie sonst mit 780 PS.
Top-Speeds von 360 km/h beim GP Mexiko
Doch diesmal kreuzen die Formel 1-Teams mit Turbomotoren in Mexiko auf. Und die verlieren viel weniger Leistung in der sauerstoffarmen Luft als ein Sauger. Weil die Luft vor dem Verbrennungsprozess komprimiert wird. Dummerweise bekommen die Kühler für Motor und Getriebe und die Bremsen viel weniger Luft ab als normal. Bei fast gleicher Motorleistung und den vielleicht größten Top-Speeds auf der Geraden. Auch das Getriebe hat in der Höhe kein leichteres Spiel, muss deshalb mehr Kühlluft abbekommen als sonst.
Lotus-Einsatzleiter Alan Permane und Mercedes-Strategiechef James Vowles sind sich einig: „Mexiko wird das schwierigste Rennen des Jahres. Weil wir gewisse Dinge nicht simulieren können.“ Zum Beispiel, wie die hochkomplizierten Motoren auf die dünnere Luft reagieren und wie stark sie gekühlt werden müssen. Man muss davon ausgehen, dass die Aerodynamik-Spezifikationen trotz niedriger Außentemperaturen so aussehen wird wie bei einem Hitzerennen in Malaysia. Also viele Löcher in der Verkleidung.
Beide Ingenieure prophezeien Überraschungen, möglicherweise viele Ausfälle und Überholmanöver. Die Autos werden auf der Geraden viel schneller, als es die Organisatoren erwarten. „Wir rechnen mit 355 bis 360 km/h auf der langen Geraden. Und dabei werden wir Abtrieb wie in Monaco fahren, um den Verlust in der dünnen Luft halbwegs auszugleichen“, verrät Permane. Vowles kann sich vorstellen, dass sogar die Top-Speeds von Monza geschlagen werden.
Einige Teams wollen schon in Austin für Mexiko testen. Lotus zum Beispiel neue Bremsverkleidungen vorne. Sie erlauben eine effizientere Kühlung und sind mit maximal erlaubten Kühlschächten ausgerüstet. Permane: „Die Bremsleistung ist die gleiche wie überall, aber du hast einfach weniger Luft zum kühlen.“ Bei Mercedes haben wir in Austin bereits eine größere Motorabdeckung im Gepäck entdeckt. Für ein Regenrennen in Texas braucht man sie wohl nicht.