Fehmarnbelt-Tunnel verzögert sich
Der Fehmarnbelt-Tunnel soll 2029 in Betrieb gehen. Doch von deutscher Seite droht jetzt eine mehrjährige Verzögerung, teilt die Deutsche Bahn mit. Das hat auch Auswirkungen auf den Autoverkehr.
Die feste Fehmarnbeltquerung ist ein europäisches Schlüsselprojekt. Ein 18 Kilometer langer kombinierter Straßen- und Eisenbahntunnel unter der Ostsee soll ab 2029 die deutsche Insel Fehmarn mit der dänischen Insel Lolland verbinden. Eingebettet in die "Vogelfluglinie" soll die Reisezeit zwischen Hamburg und Kopenhagen künftig auf etwa zweieinhalb Stunden halbiert werden. Auf deutscher Seite ist die Deutsche Bahn für den zweigleisigen Ausbau, die Elektrifizierung und den Neubau der rund 88 Kilometer langen Bahnstrecke zwischen Lübeck und Puttgarden verantwortlich.
Ein zentraler Bestandteil der Anbindung auf deutscher Seite ist der Fehmarnsundtunnel. Dieser Tunnel wird künftig sowohl den Auto- als auch den Bahnverkehr zwischen dem ostholsteinischen Festland und der Insel Fehmarn übernehmen und die derzeitige Fehmarnsundbrücke ersetzen.
Mindestens drei Jahre Verzögerung
Aktuelle Planungsunterlagen zeigen jedoch: Die Bahnanbindung inklusive des Fehmarnsundtunnels wird mindestens drei Jahre später fertig als ursprünglich vorgesehen. Die Deutsche Bahn rechnet nach derzeitigen Planungen mit einer Bauzeit von etwa sechs Jahren und fünf Monaten allein für den Fehmarnsundtunnel und dessen Anschlussinfrastruktur. Selbst bei sofortigem Baubeginn wäre die Fertigstellung somit frühestens Ende 2031 möglich. Hinzu kommen aber weitere Verzögerungen durch Einwendungsfristen, mögliche Klagen sowie erforderliche Ausschreibungen. Deshalb geht man derzeit von einer Inbetriebnahme nicht vor Ende 2032 aus.
Das hat gravierende Konsequenzen: Der eigentliche Fehmarnbelttunnel zwischen Deutschland und Dänemark soll nach bisherigem Stand Ende 2029 fertiggestellt werden. Doch ohne funktionierende Bahnanbindung auf deutscher Seite könnten keine Züge durch den Tunnel fahren. Deutschland droht damit gegen den Staatsvertrag mit Dänemark zu verstoßen, in dem es sich verpflichtet hat, spätestens zur Eröffnung des Tunnels eine ausreichende Eisenbahnkapazität sicherzustellen.
Eisenbahn-Bundesamt bestätigt Schwierigkeiten
Das Eisenbahn-Bundesamt stellte in einer aktuellen Veröffentlichung klar, dass bis zur Inbetriebnahme des Fehmarnsundtunnels kein planmäßiger Bahnverkehr zwischen dem Festland und der Insel Fehmarn vorgesehen sei. Eine zwischenzeitlich diskutierte Übergangslösung, bei der die bestehende Fehmarnsundbrücke elektrifiziert und vorübergehend weitergenutzt werden sollte, wird nicht mehr weiterverfolgt.
Für den Auto- und Lkw-Verkehr hat dies ebenfalls Auswirkungen. Die alte Fehmarnsundbrücke bleibt bis zur Fertigstellung des neuen Tunnels für alle Verkehrsarten außer dem Bahnverkehr geöffnet. Autos und Lkw können also weiterhin über die Brücke fahren. Damit wird sie jedoch zum Nadelöhr auf einem ansonsten vierspurig ausgebauten Autobahnkorridor zwischen Hamburg und Kopenhagen. Bedeutet: Auf der dann viel leistungsfähigeren Straßenverbindung wird die Brücke mit nur einer Fahrspur pro Richtung samt integriertem Rad- und Gehweg zum Bremsklotz und zur potentiellen Stau-Falle.
Klagewelle befürchtet
Die Gründe für die Verzögerung sind vielfältig. Zu den wichtigsten zählen langwierige Genehmigungsverfahren, eine Vielzahl von Einwendungen und das hohe Klagerisiko. Die Planung wurde in mehrere Abschnitte aufgeteilt, was den juristischen Angriffspunkt für Gegner des Projekts erhöht. Zudem ist der Bau des Sundtunnels technisch anspruchsvoll: Die geringe Wassertiefe des Fehmarnsunds macht eine Serienproduktion von Tunnelelementen wie in Dänemark unmöglich. Stattdessen müssen die Elemente individuell vor Ort gefertigt werden, was zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand bedeutet.
Kritik kommt aus der Politik. Stefan Seidler, Bundestagsabgeordneter der Partei Südschleswigscher Wählerverband, warf der Deutschen Bahn eine unzureichende Kommunikation vor: "Für diese Salami-Taktik habe ich absolut kein Verständnis." Er fordert zudem ein belastbares Übergangskonzept: "Wir brauchen jetzt zügig Gespräche zu handfesten Übergangslösungen – auch für den wachsenden Verkehr nach Skandinavien."
Auch aus Dänemark gibt es Besorgnis. Dort hält man weiter am Zeitplan für die Fertigstellung des Fehmarnbelttunnels fest. Der dänische Verkehrsminister Thomas Danielsen betonte: "Ich bin mir der Probleme mit dem Zeitplan für die Fertigstellung der deutschen Bahnanschlüsse bewusst. Ich habe das dänische Parlament darüber informiert und spreche regelmäßig mit meinem deutschen Kollegen darüber."
Image-Schaden droht
Die Wirtschaft erwartet angesichts der Verzögerungen massive Imageschäden. Mehrere Industrie- und Handelskammern aus Deutschland, Dänemark und Schweden haben die Bundesregierung bereits ermahnt, ihre vertraglichen Zusagen einzuhalten. Der "Fehmarnbelt Business Council" (FBBC) warnte vor einem Vertrauensverlust in die grenzüberschreitende Infrastrukturpolitik. Der FBBC macht auch die Bundesregierung mitverantwortlich für die Verzögerungen, da nötige Investitionen in die Deutsche Bahn im neuen Bundeshaushalt zusammengestrichen worden seien.