Elektroautos boomen plötzlich
Auf einmal setzt ein Run auf Elektroautos ein, die Verkaufszahlen schießen nach oben. Wir analysieren die Gründe, warum Stromer plötzlich so gefragt sind.
Im Dezember 2023 hagelte es heftige Kritik, als die damalige Regierung praktisch über Nacht die Förderung von Elektroautos beendete und in Folge die Verkaufszahlen der Stromer einbrachen. Seitdem wird von vielen Seiten eine erneute Subventionierung für den Kauf von E-Autos gefordert. Doch offenbar besteht gar kein so großer Bedarf daran, weitere Milliarden an Steuergeldern in den Markt zu pumpen, denn der scheint das alleine zu regeln.
Um 54 Prozent sind im April die Neuzulassungen von Elektroautos gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. 45.535 erstmals zugelassene Neuwagen waren Elektro-Pkw (BEV), der Marktanteil an den Gesamtzulassungen stieg auf fast 19 Prozent. Zum Vergleich: Selbst im April 2022, als es noch die volle Kelle Fördergeld mit bis zu 9.000 Euro "Innovationsprämie" gab, lagen die E-Neuzulassungen nicht einmal halb so hoch.
Woran liegt das? Wir haben uns die Neuzulassungen genauer angesehen und mehrere Antworten darauf gefunden, warum deutsche Autokäufer allmählich warm werden mit dem Thema E.
1. Mehr Marken
Unter anderem durch den Einstieg chinesischer Hersteller, aber auch durch erstmalige BEV-Markteinführungen bekannter Marken, ist die Zahl der Marken mit Elektroautos in Deutschland auf über 40 gestiegen. Das ist nicht zu unterschätzen: Wer einen Händler vor Ort oder in unmittelbarer Nähe findet, macht eher einmal eine (möglicherweise überzeugende) Probefahrt, als zu einem weit entfernten Handels-Vertreter zu tingeln. Wenn der seit Jahrzehnten im Ort verwurzelte Autohändler plötzlich eine neue Marke auf dem Hof hat, schafft das zusätzliches Vertrauen.
2. Breiteres Angebot
Nicht mehr nur obere Mittelklasse und großes SUV: Die angebotenen Elektroautos sind inzwischen in jedem Segment angekommen, die breite Auswahl mit zahlreichen BEV selbst innerhalb eines einzelnen Markenprogramms spricht immer mehr Kunden an.
3. Bessere Technik
Die Antriebs- und vor allem die Batterietechnik entwickelt sich nach wie vor rasant. Das schlägt sich in höheren Reichweiten und geringeren Ladezeiten nieder; die Einführung der verbesserten 800-Volt-Technik bei immer mehr Modellen drückt zusätzlich aufs Ladetempo (und wird künftig auch bei immer mehr Volumenmodellen zum Einsatz kommen).
4. Höhere Akzeptanz
Immer mehr Autofahrer haben eigene Erfahrung mit Elektroautos gemacht, schon einmal eine Probefahrt absolviert, in einem E-Taxi gesessen oder einen elektrischen Mietwagen bewegt. Das persönliche Erlebnis der unangestrengten, leisen und nicht selten sehr kraftvollen Fortbewegung ist die beste Verkaufsförderung für BEV und hilft, alte Vorurteile zu beseitigen. Hinzu kommt der erlebbare Ausbau der Lade-Infrastruktur mit immer mehr "Nachtank"-Möglichkeiten im persönlichen Umfeld.
5. Niedrigere Preise und Verkaufsaktionen
Ein ganz gewichtiger Punkt zum Schluss: Inzwischen sind zahlreiche Stromer in einem Preisbereich angelangt, der nahe des Levels vergleichbarer Pkw mit konventionellem Antrieb liegt, teils sogar darunter. Dazu sorgen Rabatt-Aktionen sowohl beim Kauf als auch beim Leasing für weiteren Schwung in den Verkaufsräumen.
Wie sehr die genannten Punkte, aber vor allem die Verkaufsförderungen sich bemerkbar machen, lässt sich im April beispielsweise bei VW ablesen, die Wolfsburger machen sich mit den Plätzen Eins bis Drei (siehe Tabelle unten) auf dem kompletten Podest breit. Und dabei liegt nicht etwa das besonders beliebte SUV-Segment (ID.4) vorne, sondern mit dem ID.3 und dem erstplatzierten ID.7 (zeigen wir im Vergleichstest in der Fotoshow) zwei "reguläre" Pkw. Dank aktueller Rabatt-Aktionen von bis zu 6.000 Euro gibt es den ID.3 aktuell unter 30.000 und den ID.7 unter 50.000 Euro.
Und bei den chinesischen Herstellern kommt allmählich auch Schwung in die Kiste. Während bislang MG als einzige China-Marke mit respektablen Zulassungszahlen punkten konnte, hat zuletzt BYD mit Preissenkungen, Wechselprämien und der Einführung des Einstiegsmodells BYD Atto 2 für Aufmerksamkeit gesorgt. Über 1.000 Elektroautos konnte BYD alleine im April in Deutschland absetzen und damit MG bei den Elektroautos überholen. Selbst Tesla verkaufte weniger. Aber das ist eine andere Geschichte.