Der wirklich sportliche SUV
Ferrari hat ja schon lange einen SUV angekündigt. Wer allerdings nicht bis 2022 auf den Purosangue warten will, kann sich die Zeit mit dem Maserati Levante Torfeo vertreiben. Inklusive Ferrari-V8.
Der Levante Trofeo ist kein überpotenter SUV für gelangweilte Geschäftsmänner. Für solche, deren einziger Adrenalin-Kick im Alltag der Spurt zum Gleis ist, wenn der Zug schon da steht. Der Maserati ist der Sergio Leone unter den SUV. Der, bei dem immer flirrende Hitze in der Luft und eine Hand am Colt zu liegen scheint. Nur „für eine Hand voll Dollar“ gibt es das Topmodell nicht. Mindestens 155.000 Euro lassen sich die Italiener den glorreichen Halunken kosten. Finden wir raus, was es für den stolzen Preis gibt.
Nun brennen Sie sicherlich darauf, zu erfahren, warum wir mit „Der wirklich sportliche SUV“ titeln. An den Leistungsdaten kann man diese Behauptung nämlich nicht ausschließlich aufhängen – ein Jeep Grand Cherokee Trackhawk wäre schließlich noch potenter. Es hat vielmehr etwas mit der Kombination aus Glaubwürdigkeit und Umsetzung zu tun. Ein Auto wie den Levante kauft man Maserati ab. Einem Hersteller, der Sportlichkeit durchaus auch auf dem Tableau hat, aber mehr auf Eleganz, Luxus und Exklusivität setzt. Der Hang zur Perfektion manifestiert sich im Levante in den Materialien, deren Verarbeitung und der transportierten Emotion. Ganz bestimmt nicht in Ergonomie, Infotainment-Architektur oder einem cleveren Navigationssystem.
Pures Drama mit V8
Das Fahrerlebnis in einem Cayenne Turbo zu Beispiel wirkt konstruiert perfekt. Der Levante Trofeo ist Drama. Allein wie der in Maranello gebaute V8 bei steigender Drehzahl im Sportmodus die Stimme erhebt – zu einer Ode an den Vortrieb und dessen Inszenierung. Ein Chor aus 580 PS im stärksten Maserati, den es derzeit zu kaufen gibt. Die Geräuschkulisse sucht vergebens Ihresgleichen. Das Luftfahrwerk verhärtet sich analog zur Nackenmuskulatur des Fahrers. Die Lenkung erfordert etwas Feingefühl und Eingewöhnung, erstattet aber fortlaufend Bericht über den Zustand der Straße. Wer schaut während dieses Spektakels schon in ein Untermenü des Infotainmentsystems?
Der Levante macht exakt das richtig, was es für ein emotionales Fahrerlebnis braucht. Deshalb erwischt man sich immer wieder bei dem Gedanken daran, in einem Sportwagen zu sitzen anstatt in einem SUV. Ohne Traktionsverlust bricht der Trofeo aus einer engen Kurve, die Straße verengt sich während die Zeiger der analogen Instrumente immer weiter nach rechts wandern. Erst im Normal-Modus kehrt der Levante als SUV zurück in die Hirnwindungen. Das Geschrei des 3,8-Liter Twin-Turbo-Achtzylinders erstirbt, das Luftfahrwerk steigt in die Höhe, Asphalt-Unebenheiten werden retuschiert. Schön, wenn es zwischen Fahrmodi eine echte Spreizung gibt, die nicht nur deutlich spürbar, sondern auch sinnvoll ist.
Zu bequeme Sitze
Apropos Fahrmodi: Als Trofeo bringt der Levante einen Fahrmodus mit, den es sonst in keiner Version gibt. Den Corsa-Modus. Der schickt ESP und Traktionskontrolle auf die Strafbank, schärft alle Sinne des Italo-SUV auf das Äußerste und bietet die Möglichkeit per Launch Control in 4,1 Sekunden auf Tempo 100 zu wüten. Doppelklick am linken Schaltpaddel, linker Fuß voll auf die Bremse. Eine Grafik im Infodisplay zeigt an, ob der Pedaldruck ausreicht. Sobald der Balken im grünen Bereich ankommt, rechter Fuß Richtung Bodenblech. Ist die Drehzahl bei 3.000 angekommen, zuckt der linke Fuß zurück und der 2,1-Tonnen-SUV nach vorne.
3,6 Kilo muss jedes einzelne PS Richtung Horizont schleudern. Kein Wert aus der Sportwagen-Liga, aber näher dran als besagter Porsche Cayenne Turbo (4,0 kg/PS). Gut, dass sich dieses Inferno nur auf der Längsachse abspielt, denn die entstehenden Kräfte wüssten die etwas zu ausladenden Sitze in Kurven kaum einzufangen. In Wahrheit ist der Levante eben doch ein luxuriöser SUV – auch wenn man das unterwegs ständig vergisst.