Bauwirtschaft will Maut oder Sonderabgaben
Angesichts des zunehmenden Sanierungsstaus bei Straßen und Brücken fordert die Bauwirtschaft Baden-Württemberg die Einführung eines Mautsystems oder einer speziellen Abgabe auf Autobahnen und Bundesstraßen.
Nach Ansicht des Verbands könnten so dringend benötigte zusätzliche Finanzmittel bereitgestellt werden, um die Infrastruktur des Landes zukunftssicher zu machen. Darüber berichtet der SWR.
Neben der Einführung einer Maut verlangt die Bauwirtschaft, dass das Land seine Investitionen deutlich erhöht. Statt wie bisher rund 165 Millionen Euro sollten jährlich 330 Millionen Euro für den Erhalt von Straßen und Brücken aufgewendet werden. Besonders kritisch sei die Situation bei Brücken: Während jährlich etwa 100 Bauwerke saniert werden müssten, werde derzeit im Schnitt nur an sieben Brücken pro Jahr gearbeitet. Auch Planungs- und Genehmigungsprozesse müssten nach Ansicht des Verbands erheblich beschleunigt werden.
Hermann will Lkw-Maut ausweiten
Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) unterstützt grundsätzlich die Forderung nach einer besseren Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur. Er verwies auf das kürzlich geschaffene Sondervermögen Infrastruktur des Bundes, das auf zwölf Jahre angelegt ist und Planungssicherheit bieten soll. Hermann betonte jedoch, dass diese Mittel allein nicht ausreichten. Er befürwortet daher die Ausweitung der Lkw-Maut auf Landes- und Kreisstraßen, um zusätzliche Einnahmen zu erzielen und den Sanierungsbedarf besser decken zu können.
Bereits heute gilt in Deutschland eine umfassende Lkw-Maut: Eingeführt im Jahr 2005, wurde sie seither mehrfach ausgeweitet. Seit Juli 2024 müssen alle Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen technisch zulässiger Gesamtmasse auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen mautpflichtig fahren. Die Höhe der Maut ist streckenabhängig und richtet sich nach Gewichtsklasse, Achszahl, Schadstoffklasse und CO₂-Emissionsklasse. Aktuell liegen die Mautsätze je nach Fahrzeugtyp und Emissionsklasse zwischen etwa 15 und 52 Cent pro gefahrenem Kilometer. Emissionsfreie Fahrzeuge wie Elektro- und Wasserstoff-Lkw sind bis Ende 2025 von der Maut befreit, danach wird ein reduzierter Satz erhoben. Bezahlt wird die Maut unter anderem über On-Board-Units (OBU), Mautstellen-Terminals oder Apps.
Pkw-Maut in Deutschland
Die sogenannte Pkw-Maut in Deutschland war als "Infrastrukturabgabe" geplant, wurde jedoch nie umgesetzt. Ursprünglich sollte sie auf allen Bundesautobahnen und Bundesstraßen für Pkw und Wohnmobile bis 3,5 Tonnen gelten. Deutsche Autofahrer hätten die Abgabe über eine Entlastung bei der Kfz-Steuer zurückerhalten, sodass letztlich nur ausländische Fahrer belastet worden wären. Die Kosten sollten maximal 130 Euro pro Jahr betragen, für ausländische Fahrzeuge waren zudem Kurzzeitvignetten vorgesehen.
Das Vorhaben, maßgeblich von der CSU vorangetrieben und 2017 beschlossen, wurde im Juni 2019 vom Europäischen Gerichtshof gestoppt, da es gegen das Diskriminierungsverbot innerhalb der EU verstieß. Infolge des Scheiterns musste der Bund 243 Millionen Euro Schadensersatz an die vorgesehenen Betreiberfirmen zahlen. Eine Pkw-Maut hat die kommende Regierungspartei CDU/CSU in Ihrem Parteiprogramm kategorisch ausgeschlossen.
Was die Sanierung von Brücken kostet, zeigt die Fotoshow.