Reifen überhitzen weniger
Der Umbau von Kurve zehn scheint Mercedes in die Karten zu spielen. Durch den runderen Radius werden die Hinterreifen weniger stark beansprucht. Das hilft den Silberpfeilen. Auch das Hinterherfahren ist einfacher geworden. Ob dadurch besser überholt werden kann, bleibt zweifelhaft.
Mercedes sorgte sich vor dem vierten Rennwochenende der Saison. Das Layout des Circuit de Barcelona-Catalunya schien wie maßgeschneidert für den Red Bull RB16B und wie Gift für den Mercedes W12. Weil die Strecke auf dem Papier die Reifen hart rannimmt. In den ersten beiden Sektoren sind es die schnellen Kurven, die zu hoher Energie in den Reifen führen. Vor allem vorne links durch die Kurven drei und neun.
Im letzten Abschnitt sind es die langsamen Ecken, die den Pirellis zusetzen und die Temperaturen in die Höhe treiben. Deshalb ist die Gefahr groß, die Reifen zu überhitzen. Nur wer es in Barcelona schafft, sie über eine Runde zu konservieren, kann von der Pole-Position und dem Rennsieg träumen. Und genau da lauert die Gefahr für Mercedes. Weil das Auto noch immer nicht optimal in der Balance ist, und dadurch mehr rutscht, tendiert der W12 mehr zum Überhitzen der Reifen als der Red Bull.
35 km/h schneller in Kurve 10
Trotzdem bestimmte der Titelverteidiger den Trainingsfreitag. Hamilton. itemprop="name" />Lewis Hamilton./span> drehte die schnellste Runde. Valtteri Bottas sortierte sich mit einem Rückstand von 0,139 Sekunden direkt dahinter ein. Red Bull schwächelte auf den Positionen neun und zehn. Doch so schlecht sind die dunkelblauen Autos nicht.
Mit einer sauberen Runde auf den Softreifen wäre Max Verstappen in die Phalanx der Silberpfeile eingedrungen. Bis Sektor zwei lag der große Herausforderer nur eine Zehntelsekunde hinter den Mercedes. Dann zwang ihn ein kleiner Fehler in Kurve zehn zum Abbruch der Runde. So blieb für ihn als einziger Fahrer eine persönliche Bestzeit auf den Mediumreifen stehen – sechs Zehntel langsamer als Hamilton.
Genau diese Kurve zehn könnte Mercedes am vierten Rennwochenende der Saison einen Joker zuspielen. Sie wurde über den Winter umgebaut. Eine ehemalige Spitzkehre verwandelte sich in einen Linksbogen. Das rundere Profil erhöht die Geschwindigkeit. Die Mercedes.Fahrer schossen im Vergleich zum Vorjahr im zweiten Training 35 km/h schneller durch die Kurve.
Pirelli mit konservativer Reifen.ahl
Die Fahrer nehmen mehr Geschwindigkeit hinein. Und sie strapazieren durch das rundere Profil die Hinterreifen weniger. Pirelli-Sportchef Mario Isola erklärt: "Die Kurve ist weniger hart zu den Reifen geworden. Früher musste man stärker verzögern, weil sie spitzer war. Die Geschwindigkeit war geringer. Deshalb kam es am Ausgang mehr auf die Traktion an. Das härtere Beschleunigen ging mehr auf die Reifen." Die Temperaturen schießen deshalb nicht mehr direkt in die Höhe.
Deswegen lassen sich die Reifen auch in den folgenden Kurven 11 bis 16 besser in Schuss halten. Und weil Pirelli wieder die härtesten Mischungen (C1-C3) mitbrachte, ist die Aufgabe ohnehin nicht ganz so schwer. Isola entschuldigt: "Der C4 wäre zu weich für diese Strecke. Dann würde der Fokus zu sehr auf das Reifen.anagement verlagert. Das wollen wir nicht." Mercedes freut sich. Chefingenieur Andrew Shovlin: "Vor dem Wochenende hatten wir Bedenken, dass es an der Hinterachse zu Überhitzungsproblemen kommen könnte. Aber das scheint unter Kontrolle zu sein, selbst unter den wärmeren Temperaturen am Nachmittag."
So scheint der Nachteil auf eine Runde gegenüber Red Bull dahin. In Portimao hatten ihn die Ingenieure auf etwa eine Zehntelsekunde beziffert. Im Renntrimm hemmen Mercedes die Balance-Probleme ohnehin weniger. Weil das Tempo mit vollen Tanks geringer wird, und die Autos träger werden, also nicht mehr so dynamisch durch die Kurve jagen. Eine weitere gute Nachricht für Mercedes bringt der Wetterbericht. Die Temperaturen, die schon am Freitag mit rund 21 Grad Celsius nicht besonders hoch waren, sollen am Rennsonntag weiter fallen. Imola und Portimao haben gezeigt: Kühles Wetter schmeckt Mercedes tendenziell besser als dem Hauptrivalen.
Andere Linien in Kurve zehn möglich
Es bleibt abzuwarten, ob sich die Tendenz auch in der Qualifikation bestätigt. Die Kunst wird es sein, Vorder- und Hinterreifen über die Runde im Fenster zu halten. Es ist in Barcelona schon immer ein Kompromiss gewesen aus leichtem Untersteuern zu Beginn und Übersteuern am Ende der Runde in den langsamen Kurven. "Es ist ein Spagat. Einerseits die Vorderreifen auf der Outlap auf Temperatur zu bringen, andererseits die Hinterreifen dabei nicht zu überlasten", erklärt Isola.
Den starken Auftritt der Mercedes allein auf eine Kurve zu reduzieren, wäre ohnehin falsch. Mit jeder Runde wächst das Verständnis von Fahrern und Ingenieuren, wie der W12 eingestellt werden möchte, um das Performance-Fenster zu treffen. Da braucht es nicht einmal Upgrades, damit das Auto schneller wird.
Eine Antwort wird es erst am Rennsonntag geben. Hilft die angepasste Kurvenführung, das Überholen in Barcelona zu erleichtern? Valtteri Bottas stellte in jedem Fall fest. "Es sind im Gegensatz zu früher andere Linien möglich. Der Hintermann kann deshalb der verwirbelten Luft besser ausweichen." Dadurch kann man in der Theorie besser dranbleiben, ohne sich die Reifen zu ruinieren. Bottas ist trotzdem skeptisch. "Ich glaube nicht, dass es große Auswirkungen auf das Überholen hat."
Teamkollege Hamilton ist ebenfalls unschlüssig. "Vielleicht kann man einem anderen Auto leichter durch den letzten Abschnitt folgen und ist dann auf der Zielgeraden dicht genug dran." Verschlechtert hat es die Situation nicht. "Früher war die Kurve zwar spitz, um jemanden auszubremsen, aber die Gerade davor zu kurz", erinnert Hamilton.