„Endlich wieder Auslaufzonen“
McLaren musste mit nur zwölf Punkten aus Aserbaidschan abreisen. Dadurch hat WM-Konkurrent Ferrari die Reihenfolge umgedreht und liegt jetzt zwei Zähler vorn. Daniel Ricciardo und Lando Norris blicken aber schon wieder optimistisch auf die nächsten drei Rennen in Frankreich und Österreich.
Vor dem Rennwochenende in Baku war McLaren von einigen Experten schon als Geheimfavorit gehandelt worden. Der geringe Luftwiderstand der Papaya-Raketen sollte auf den langen Geraden zu einer Trumpfkarte werden. Doch am Ende stach der gute Top-Speed irgendwie nicht. Lando Norris und Daniel Ricciardo konnten sich in Sachen Pace kaum vom restlichen Mittelfeld absetzen.
Mit einem schlechten Qualifying-Samstag schoss man sich dann auch noch selbst ins Knie. Für Ricciardo ging das Rennen nach seinem Q2-Crash von Startplatz 13 los. Norris wurde um drei Plätze auf Rang neun zurückversetzt, weil er nach einer roten Flagge nicht sofort die Boxen angesteuert hatte. "Lando hatte kaum Zeit, zu reagieren. Er hat nichts Unsicheres getan. Wir denken, es hätte auch eine Verwarnung getan", meinte Teamchef Andreas Seidl. Somit stand am Sonntag für beide Piloten eine Aufholjagd auf dem Programm.
Am Ende sprangen die Positionen fünf und neun für das McLaren-Duo heraus, womit das Teamkonto um zwölf Zähler aufgestockt wurde. Im Kampf um WM-Rang drei sicherten sich die direkten Konkurrenten von Ferrari jedoch vier Punkte mehr, wodurch aus einem Vorsprung von zwei Punkten ein Rückstand von zwei Zählern entstand.
Ricciardo sammelt wertvolle Kilometer
Für Ricciardo waren am Ende aber nicht Punkte, sondern die Zielankunft der größte Grund zur Freude: "Das geht hier in Baku immer wild zur Sache. Ich habe erst nach dem Rennen erfahren, dass sich Lewis (Hamilton) beim Restart verbremst hat und dass auch Carlos (Sainz) kurz rausgerutscht ist. Beim Restart wurde ich leider in Kurve 1 nach außen gedrängt. Innen lagen Fernando (Alonso) und Carlos (Sainz). Da musste ich zurückstecken, sonst wäre ich in der Bande gelandet. Ein Crash pro Wochenende ist genug."
Ricciardo konnte in Sachen Speed erneut nicht ganz mit Teamkollege Norris mithalten. Der Mann aus Perth sieht aber immerhin einen Aufwärtstrend: "Wir hatten ein paar gute Momente, aber ein paar Dinge waren auch schwierig. Mit der Zielankunft konnte ich immerhin wertvolle Kilometer sammeln, die mir dabei helfen, mich weiter an das Auto zu gewöhnen. Wir haben überlebt, was nicht jeder geschafft hat. Es gibt aber immer noch viel zu lernen für mich."
Während sich andere Teamwechsler wie Vettel, Alonso oder Sainz mittlerweile an ihre neuen Autos gewöhnt haben, sieht Ricciardo immer noch Nachholbedarf: "Die beste Art sich zu verbessern, ist viel zu trainieren. Das geht in unserem Sport leider nicht so leicht. Ich kann nicht einfach morgen in ein Auto steigen und ein paar Runden drehen. Und im Simulator ist es einfach nicht das Gleiche. Da tun die Mauern nicht weh."
Größerer Lerneffekt in Le Castellet
Deshalb freut sich der 31-Jährige nun auf den Dreierpack mit dem GP Frankreich und den zwei Rennen in Österreich: "Ich hoffe einfach, dass ich da in einen guten Rhythmus komme. Mit drei Rennen in Folge und vielen Runden sollte sich meine Entwicklung hoffentlich beschleunigen."
Monaco und Baku waren laut Ricciardo nicht die idealen Rennstrecken, um mehr Vertrauen zum Auto zu finden. "Ich mag Stadtkurse eigentlich. Aber in meiner aktuellen Situation passen mir normale Strecken etwas besser, die nicht gleich zubeißen, wenn man mal einen Fehler macht. Ich habe Paul Ricard in der Vergangenheit kritisiert, weil es so weitläufig ist. Aber nach Baku sind wohl einige Fahrer froh, dass es endlich wieder Auslaufzonen gibt."
Auch Teamkollege Norris hätte in Baku gerne ein paar Punkte mehr geholt, konnte am Ende aber mit Platz fünf leben: "Nach der Strafe im Qualifying und der schlechten ersten Runde müssen wir damit zufrieden sein. Wir haben einfach ein paar Fehler zu viel gemacht. Da war es am Ende noch einigermaßen gute Schadensbegrenzung."
Seidl fordert bessere Quali-Leistungen
Etwas neidisch blickte Norris am Ende auf die ungewöhnliche Podiumszusammenstellung: "Ich wäre natürlich auch gerne in der Position von Sebastian (Vettel) oder Pierre (Gasly) gewesen. Aston Martin hat die weichen Reifen lange am Leben gehalten und Seb konnte am Ende des ersten Stints beeindruckende Zeiten fahren. Wenn man auf ihre Leistung schaut, hätte es für uns vielleicht auch irgendwie für das Podium reichen können. Die Pace aller Autos in den Top Ten war sehr ähnlich."
Teamchef Andreas Seidl kann mit dem Ergebnis leben. Der Bayer stellt die positiven Aspekte in den Vordergrund: "In einem hektischen Rennen haben wir die Ruhe bewahrt, auf die richtigen Gelegenheiten gewartet und im entscheidenden Moment zugeschlagen. Am Ende wurden wir mit ordentlichen Punkten belohnt. Für Frankreich und die Rennen danach müssen wir im Qualifying aber einfach bessere Startplätze einfahren und uns damit das Leben am Rennsonntag leichter machen."