Nur noch gegen Aufpreis, aber nicht lieferbar

Wer seinen Tesla an der Haushaltssteckdose aufladen möchte, muss jetzt das passende Kabel zusätzlich kaufen. Davon hat nur Tesla etwas.
Jahrelang galt: Jedes Elektroauto lässt sich über eine Haushaltsstrom-Steckdose laden – auch, weil das entsprechende Ladekabel im Serien-Lieferumfang enthalten ist. In Europa beträgt die an der Haushaltssteckdose anliegende Netzspannung 230 Volt bei einer Netzfrequenz von 50 Hertz, in Nordamerika liegen 120 Volt bei einer Frequenz von 60 Hertz an. Die niedrigste Netzspannung gibt es mit 100 Volt bei 50 oder 60 Hertz (je nach Region) übrigens in Japan. Aufgrund der im Vergleich zu Wallbox-Schnelladern niedrigen Spannung, dauert das Laden einer Elektroauto-Antriebsbatterie mit Haushaltsstrom mehrere Stunden. Für Fahrer, die ihr Fahrzeug über Nacht zu Hause laden, ist dies kein Problem. Tesla macht jetzt das einfache Nachladen an der Haushaltssteckdose teurer: Das für diesen Ladevorgang nötige Kabel gehört ab sofort nicht mehr zum Serien-Lieferumfang des Autos. Wer es trotzdem haben möchte, muss es gegen einen hohen Aufpreis kaufen.
Elon Musk spricht von Verschwendung
Die Begründung für den Wegfall des Haushaltsstrom-Ladekabels liefert Tesla-Chef Elon Musk: Eine Auswertung von Nutzerdaten hätte ergeben, dass nur sehr wenige Tesla-Fahrer ihr Auto an der klassischen Haushalts-Steckdose laden. Stattdessen hängen die Fahrer ihre Autos zum Laden an eine Wallbox. Somit sei das Beilegen eines Haushaltsstrom-Ladekabels Verschwendung. Auf der US-amerikanischen Tesla-Website ist bereits ein Preis für ein 120-Volt-Kabel gelistet: 275 Dollar (aktuell umgerechnet zirka 255 Euro) muss ein interessierter Kunde jetzt für die ehemalige Serienausstattung zahlen. Für heftige Stromverbraucher, wie beispielsweise Klimaanlagen und Waschmaschinen, gibt es in den USA auch noch 240-Volt-Anschlüsse. Für ein 240-Volt-Kabel möchte Tesla sogar 400 Dollar (371 Euro) haben. Musks Beschwichtigung, dass der Preis des 120-Volt-Ladekabels bald auf 200 Dollar (185 Euro) fallen könnte, mutet bei einer Ausstattung, die vor Kurzem noch zum Serienumfang gehörte, fast schon zynisch an. Außerdem könnte sich Tesla mit der angeblichen Auswertung der Lade-Nutzerdaten seiner Kunden vertan haben: Die besagten Kabel sind auf der US-Tesla-Website ausverkauft. Der Bedarf scheint so hoch zu sein, dass Musks Verwendung des Begriffs "Verschwendung" für die serienmäßige Lieferung des Kabels irritiert.
Auf der deutschen Tesla-Website ist die Änderung des Serien-Lieferumfangs noch nicht angekommen – erfahrungsgemäß zieht Tesla Deutschland aber die USA Preisänderungen kurzfristig nach.
Viele E-Autofahrer laden ohne Wallbox
Die Hersteller von Wallboxen raten Elektroautofahrern davon ab, ihr Fahrzeug an einer herkömmlichen Haushaltssteckdose zu laden – offiziell aus Sicherheitsgründen. Aber viele E-Auto-Besitzer machen dies trotzdem – mit einer hochwertigen Steckdose, einem ausreichend abgesicherten Anschluss und einer modernen Installation ist dies auch kein Problem. Auch wenn uns aktuelle Zahlen nicht vorliegen: Noch vor kurzem haben deutlich mehr als die Hälfte der Elektroautofahrer ihre Autos genau so geladen. Dank kräftiger Unterstützung mit Geld vom Steuerzahler hat sich die Anzahl von Wallboxen in Deutschland zwar rasant erhöht, aber bei weitem nicht jeder E-Auto-Fahrer hat sich zur Anschaffung und vor allem Installation einer solchen Wallbox locken lassen. Kein Wunder: Oft kostet vor allem das Verlegen eines entsprechenden Kabels tausende euro, als Förderung gab es von der KfW 900 Euro. Wer ein kleines Stadt-Elektrofahrzeug nachts in seiner Garage aufladen kann, für denjenigen ergibt eine Wallbox oft nur wenig Sinn.
Andere Hersteller könnten nachziehen
Spannend wird, wie die anderen Autohersteller mit Teslas Vorstoß umgehen. Belassen sie das Haushaltsstrom-Ladekabel weiter im Serien-Lieferumfang, heben sie sich von Tesla ab und machen damit ihr Angebot für den Kunden attraktiver. Ziehen sie mit Tesla gleich, klingelt mehr Geld in der Kasse. Die Lieferumfänge könnten in dieser Hinsicht also in Zukunft von Hersteller zu Hersteller oder sogar von Modell zu Modell variieren – je kleiner die Traktions-Batterie, desto sinnvoller ist das Aufladen an der Haushaltssteckdose.