Aston Martin erwägt Berufung
Fünf Stunden nach der Zieldurchfahrt verlor Sebastian Vettel seinen 2. Platz. Aus dem Tank des Aston Martin konnten nur noch 0,3 Liter gefördert werden. Das Reglement verlangt einen Liter. Laut Team mussten insgesamt 1,74 Liter im Tank gewesen sein.
Sebastian Vettel hatte sich längst in seinen Sommerurlaub verabschiedet. Er hat die Verwarnung billigend in Kauf genommen, die man ihm gab, weil er bei der Fahrerparade vor dem Start ein T-Shirt in Regenbogenfarben mit einer politischen Botschaft für gleiche Rechte für Schwule und Lesben getragen hatte. Das verstößt gegen das strenge FIA-Protokoll. Und er freute sich über seinen 2. Platz im Rennen: "Es ist ein bisschen ärgerlich, weil es so knapp am Sieg vorbei war. Ich habe versucht, Ocon in einen Fehler zu treiben, aber er hat keinen gemacht. Deshalb verdient er auch den Sieg."
Fünf Stunden nachdem Vettel die Ziellinie passiert hatte, verlor er den Podestplatz wieder. Die FIA hatte drei Autos zur Ermittlung des Tankinhalts herausgefischt. Exakt die drei, die nicht in den Parc fermé gefahren sind: Sieg.r Esteban Ocon, Sebastian Vettel und George Russell. Alle blieben auf der Strecke stehen und erregten damit den Verdacht der Technik-Delegierten.
Um 22.02 Uhr disqualifizierten die Sportkommissare den Aston Martin mit der Startnummer 5, weil sich in seinem Tank nur 0,3 Liter Benzin fanden. Das Reglement verlangt einen Liter, um bei Bedarf ausreichend Spritproben nehmen zu können. Das Team beteuerte, dass sich nach eigenen Berechnungen noch 1,74 Liter in der Tankblase befinden müssten. Die fehlenden 1,44 Liter ließen sich aber auch nach mehreren Versuchen nicht abpumpen.
Die Förderpumpe versagte
Damit verstößt der Teilnehmer gegen Artikel 6.6 des Technischen Reglements. Der Einwand, dass die zu niedrige Spritmenge im Tank Vettel keinen sportlichen Vorteil brachte, ist hinfällig. Teamchef Otmar Szafnauer erklärte, dass Aston Martin die Absicht hinterlegen würde, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Der Bewerber hat dann 96 Stunden Zeit sich zu überlegen, ob er tatsächlich in Rekurs geht.
Szafnauer ist sich sicher, dass der Rennstall die tatsächliche Spritmenge im Tank klar nachweisen kann. "Wir haben die vor dem Rennen eingefüllte Benzinmenge bei der FIA angegeben. Über die Messung der Benzindurchflussmenge kann exakt nachgerechnet werden, wie viel Kraftstoff zu jedem Zeitpunkt im Tank gewesen war." Also auch als Vettel sein Auto in der Ehrenrunde in Kurve 12 abstellte, nachdem ihn das Team darum gebeten hatte. "Wir haben ihm gesagt, dass er stoppen soll, weil die Förderpumpe nicht mehr funktioniert hat", erklärte Szafnauer. Eine Weiterfahrt hätte den Motor schädigen können.
Vettel stolpert über Uralt-Regel
Der Umweg über die Durchflussmengen-Berechnung kann zwar bei Verstößen gegen die Regel als Beweismittel verwendet werden, nicht aber bei der Berechnung des Tankinhalts, auch wenn die Methode so präzise ist wie das Abpumpen des Kraftstoffs. "Wir sind über eine Regel aus dem Mittelalter des Motorsports gestolpert. Als sie geschrieben wurde, gab es noch keine Messung der Benzindurchflussmenge", klagte der Teamchef.
Das Reglement erlaubt zu Ermittlung des Tankinhalts ausschließlich den physischen Beweis. Früher hätte man vielleicht noch das Benzinsystem und den Tank ausbauen können, doch das geht bei den komplexen Antriebseinheiten nicht mehr. Deshalb dürfte eine Berufung nur geringe Chancen haben, auch wenn die Berechnung der Durchflussmenge Aston Martin Recht gibt. Manchmal ist die FIA-Politik stur: Gesetz ist Gesetz.
Wäre es im Rückblick besser gewesen, Vettel direkt hinter der Ziellinie stoppen zu lassen, so wie es Williams mit George Russell gemacht hat? "Wir waren uns sicher, dass die Menge ausreicht. Warum sollten wir stoppen? Und selbst wenn noch 20 Liter im Tank gewesen wären, hätten wir sie wegen der defekten Pumpe nicht rausgebracht", bedauerte Szafnauer.