Volkswagen nimmt Geschäftspartner in die Pflicht
Europas größter Autohersteller befindet sich im Umbruch. Das Unternehmen will umweltfreundlicher und nachhaltiger werden. Das fordern die Wolfburger künftig auch von ihren Lieferanten.
Der Volkswagen-Konzern ist in einer Phase des massiven Umbaus. Der Vorstandsvorsitzende Herbert Diess hat nicht nur den einzelnen Marken eine volle Konzentration auf die Elektromobilität verordnet, sondern will neben den Produkten auch das Unternehmen selbst umweltbewusster aufstellen.
Das bislang mit Kohle betriebene Heizkraftwerk West auf dem Wolfsburger Werksgelände wird auf Erdgas umgerüstet. Im Herbst 2022 soll das neue Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in Betriebe gehen, das dann über eine Millionen Tonnen CO2 im Jahr einsparen soll.
Mögliche Kontrollen bei Geschäftspartnern
Auch von seinen Lieferanten erwartet Volkswagen künftig ein nachhaltiges Handeln, dazu gehört neben dem Umweltschutz auch die Wahrung von Menschenrechten und die Unterbindung von Korruption. Alle Zulieferer und Dienstleister müssen im ersten Schritt einen Fragebogen ausfüllen. Die Antworten will der Konzern von „ qualifizierten Dritten“ überprüfen lassen, bei Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben kann es jederzeit Kontrollen beim Geschäftspartner geben. Wird ein Fehlverhalten festgestellt, will der Autohersteller die betreffenden Unternehmen von einer neuen Auftragsvergabe ausschließen.
Dr. Stefan Sommer, Vorstand für Komponente und Beschaffung bei Volkswagen, sagt: „Wir sind davon überzeugt, dass ein nachhaltiges Lieferantennetzwerk ein Garant für langfristigen Unternehmenserfolg ist. Nachhaltigkeit wird zum entscheidenden Geschäftsfaktor.“
Vor allem der Aufbruch in die Zeit der Elektromobilität, die bei VW mit der Premiere des ID.3 auf der IAA im September 2019 beginnt, hat im Konzern die Sinne für mehr Nachhaltigkeit geschärft. Rohstoffe für Akkus in Elektroautos kommen oftmals von Quellen, deren Arbeitsbedingungen diesen Standards mutmaßlich nicht entsprechen. Hier will VW als wichtiger Kunde seine Marktmacht ausspielen.
Die gesamte Lieferkette steht im Fokus
In einem vom Konzern produzierten Interview erklärt Dr. Stefan Sommer: „In der Tat verschieben sich bei einem E-Auto im Vergleich zum Verbrennungsmotor mit Blick auf die Emissionen die Relationen: einem deutlichen Rückgang in der Nutzungsphase steht ein Mehr in der Lieferkette gegenüber, bedingt vor allem durch die energieintensive Batterieproduktion und die Gewinnung der dazu notwendigen Rohstoffe. Dieser Herausforderung sind wir uns bewusst und verstärken daher ganz massiv unsere Maßnahmen, um die Risiken in der Lieferkette zu minimieren und unseren positiven Einfluss zu erhöhen. In diesem Kontext ist es zunächst vonnöten, die gesamte Lieferkette zu kennen und zu mappen, um, falls notwendig, anschließend Verbesserungen herbeiführen zu können. Je tiefer es jedoch in die Lieferkette geht, desto geringer wird unser Einfluss. Daher verfolgen wir gleichzeitig das Ziel, unseren Einfluss direkt geltend zu machen.“
In weiteren Schritten plant VW, seine Schritte zur „ Dekarbonisierung“ auch auf die Lieferanten auszuweiten. CO2-Emissionen in der Lieferkette sollen dann bei der Vergabe von neuen Aufträgen zusätzlich berücksichtigt werden.