Audi A6 3.0 TFSI
Fast schien es, als sei der Kompressor ein Auslaufmodell der Automobiltechnik. Doch beim facegelifteten und verfeinerten Audi A6 erlebt der Lader im 3.0 TFSI seine Renaissance.
Wer meint, ein dezentes Facelift wie das des neuen Audi A6 würde beim deutschen Auto-Volk nicht auffallen, der unterschätzt dessen Sinn fürs Detail. Auf der Autobahn üben Nachbarspur-Piloten das versetzte Gleichtempo-Fahren, um einen genaueren Blick auf den aufgehübschten Ingolstädter Business-Star zu erhaschen. Dabei reizen offensichtlich weniger die eher subtilen Änderungen an Kühlergrill und Lufteinlässen. Vor allem das Heck mit den jetzt flachen und geteilten LED-Rückleuchten kitzelt die Neugier. Neuer A6: 35 PS mehr als der Vorgänger
Obendrüber sitzt, was Audi nüchtern eine "dezente Kante" nennt, aber vielmehr ein neues Spoiler-Bürzelchen ist. Soll doch keiner verkennen, dass der A6 mit großem V6-Motor jetzt noch potenter geworden ist - und sparsamer. Doch das lässt sich äußerlich weniger sexy verkaufen. Um 15 Prozent soll der Verbrauch der A6-Flotte insgesamt gesunken sein. Für den neuen Dreiliter-TFSI verspricht Audi elf Prozent weniger. Immerhin bietet er mit 290 jetzt 35 PS mehr als der aus dem Programm gestrichene 3,2-Liter-Sauger. Das Downsizing-Rezept ist bekannt: Verkleinerung des Hubraums und gleichzeitige Aufladung des Motors. So verbessert sich der Arbeitspunkt. Konkret bedeutet das beim neuen TFSI: 420 Nm Drehmoment schon bei 2.500/min anstatt 330 Nm bei 3.250 Touren des Vorgängers.
Ein niedrigeres Drehzahlniveau und der kleinere Hubraum senken die Reibung und damit den Verbrauch. Doch auch wenn hinten ein T steht: Der neue Audi-V6 setzt nicht auf einen Turbo, der seine Leistung verlustarm aus dem Abgasstrom bezieht, sondern auf einen Kompressor zur Druckerhöhung. Dessen mitten im ungewöhnlich breiten 90-Grad-V rotierender Roots-Verdichter hängt über einen Riementrieb am Motor und produziert damit Reibungsverluste. Aus diesem Grund entkoppelt zum Beispiel VW den Kompressor bei seinen großen TSI-Modellen über eine elektromechanische Kupplung bei hohen Drehzahlen vom Nebentrieb. Audi macht das nicht. Vielmehr vertraut man in Ingolstadt nach umfangreichen Tests darauf, dass es den großen Vorteil des Kompressors, sein schnelles Ansprechverhalten, fast nebenwirkungsfrei gibt. Die Gasreaktion des neuen Direkteinspritzer-Aggregats kommt entsprechend ansatzlos.
Ohne merkliche Verzögerung flutscht der TFSI aus jeder Drehlzahllage und drückt den Pilotenrücken in die gemütlichen S-Line-Sportsitze. Souverän stanzt der Allradantrieb mit leicht heckbetonter Auslegung die immense Kraft in den Asphalt. Fast unmerklich legt die verfeinerte Sechsstufen-Wandlerautomatik die Gänge nach, mit einer schönen Abstufung zwischen dem normalen D- und dem sportlich früher schaltenden und höher drehenden S-Modus. So harmonisch und gleichmäßig serviert kaum ein anderer Sechszylinder-Antrieb seine Potenz. Mit 6,2 Sekunden von null auf 100 km/h deklassiert er zudem seinen Vorgänger um 2,2 Sekunden. Dazu tönt eine sportlich-kehlige, aber nie aufdringliche Bass-Stimme - glücklicherweise frei von nervigem Kompressor-Gejaule. Damit wären die ersten Vorgaben voll erfüllt. Was macht der Verbrauch.
Keine überzeugende Figur. Bei der auto motor und sport-Normrunde hinkt der neue Motor seinem Vorgänger um 0,6 Liter hinterher, und im Testverbrauch liegen sie auf dem gleichen, mit knapp 13 Liter/100 km zu hohen Niveau. Von den versprochenen elf Prozent Ersparnis ist jedenfalls nichts zu spüren. Zum Vergleich: Ein heckangetriebener BMW 530i mit 272 PS verbrauchte im Test nur 11,5 Liter pro 100 Kilometer. Allradantrieb und Mehrleistung hin oder her - der 3.0 TFSI müsste sparsamer sein. Schließlich füttern auch die Nebenaggregate den Verbrauch weniger als bisher: Die Lichtmaschine gewinnt im Schiebebetrieb Energie zurück, und die Servopumpe für die hydraulische Lenkung arbeitet bedarfsgesteuert. Ausgemerzt wurde dafür das Bremsfading des Vorgängermodells: Der neue A6 steht selbst nach der zehnten Verzögerung nach 38 Metern aus 100 km/h.
Mit seiner aufpreispflichtigen Luftfederung ebnet er zudem in der Komfortstufe den Weg für stressarmes Reisen, obwohl ihn das straffe Abrollen seiner 18-Zoll-S-Line-Räder (nur 40er Querschnitt) vom Sanftmut einer Mercedes E-Klasse entfernt hält. Dafür flitzt der lange Bayer deutlich spritziger ums Eck als der Sternträger. Erst spät prägt sich seine frontlastige Gewichtsverteilung (58 zu 42) mit leichtem Untersteuern aus. Rund bewegt, belohnt er seinen Piloten mit Präzision und viel Freude am Fahren. Spaß am Interieur gehört bei Audi meist ebenfalls zur Serienausstattung: geräumig, stilsicher und bis ins Detail hochwertig. Der riesige Kofferraum lässt so manchen Kombi blass aussehen. Ein paar Elektronik-Neuerungen gibt es mit dem Facelifting obendrauf: eine sehr praktische Fernlichtautomatik, Adaptive Light jetzt auch mit Abbiegelicht, der radargestützte Spurwechselassistent und ein verfeinertes Bediensystem MMI. Der knackscharfe neue Sieben-Zoll-Bildschirm mit 3D-Vogelflug-Grafik und die 40-GB-Festplatte waren notwendig, um mit BMWs neuem i-Drive gleichzuziehen. Doch bei der Bedienung muss Audi mit mehr nachlegen als mit einem zusätzlichen Joystick. MMI ist sicherlich immer noch sehr intuitiv, die tiefliegenden Tasten lenken den Blick des Fahrers jedoch zu oft vom Verkehr ab. Andererseits ist es zuviel der Technikverliebtheit, wenn der A6 neben einem üblichen Schlüssel auch noch zwei Knöpfe für Start und Stopp besitzt. Trotz 35 PS Leistungsplus kostet der neue Kompressor-A6 nur 500 Euro mehr als das alte Modell. Die fünf Sterne wären greifbar nahe, doch dafür hätte Audi vor allem sein Spar-Versprechen einhalten müssen.