BMW M5 vs. Mercedes CLS 55 AMG
Der eine ist schon längst Legende, der andere will es erst noch werden. BMW M5 und Mercedes CLS 55 AMG messen sich im Kampf um die Krone der potentesten deutschen Sport-Limousine.
Sechs, acht, zehn – der etwas andere Countdown einer 20-jährigen Männerverführung. Seit 1984 strafft der BMW 5er mit dem dreifarbigen M-Emblem erste Fältchen durch Beschleunigungs-Lifting.
In der Ur-Version mit einem 3,6-Liter-Reihensechszylinder katapultierten 284 PS bis zu fünf Personen gen Horizont. 14 Jahre und 116 PS später steigt der M5 1998 in die Achtzylinder-Liga auf. Genug? Noch lange nicht. Heftig geschüttelt vom Formel 1-Fieber, entwickelten die Ingenieure den neuesten M5. Mit einem Fünfliter-Zehnzylinder, hochdrehend versteht sich, und sequenziellem Siebengang-Schaltgetriebe – ein Arbeitsmittel wie bei Schumi II.
Zwei Leistungsprogramme liefern wahlweise 400 oder 507 PS. Die passende Wahltaste dafür heißt Power und sitzt neben dem Schalthebel beim DSC-Knopf (Dynamische Stabilitäts-Control), nicht weit von der EDC-Taste (Elektronische Dämpfer-Control) und nur einen Fingerspreizer von der Schaltgeschwindigkeitswippe entfernt.
Der konfigurierbare Sportwagen wird mit dem M5 Realität und damit auch eine Erlebniswelt für betuchte Spielernaturen. Das 271. Fahrprogramm steht für den Launch Control-Modus. Ein Beschleunigunsprogramm mit sieben exakt zu befolgenden Stufen. Dann krachen die Gänge wie Pistolenschüsse in 150-Millisekunden-Übergängen, welche die Kupplung an die Grenze ihrer thermischen Stabilität bringen. Alles begleitet vom heiseren, gierigen Brüllen des V10. In 4,7 Sekunden schießt der M5 damit auf Tempo 100.
Die Macht des Kompressors
Exakt so lange braucht auch der Mercedes CLS 55 AMG mit seinem einstufigen Beschleunigungsprogramm. Es nennt sich: Gaspedal durchdrücken. Dann schreit der V8 Furcht einflößend wie eine Raubkatze auf, und es geht einfach nur brachial vorwärts. Die Fünfgang-Automatik sorgt dafür, dass der Fahrer, obwohl die Gänge vorbeifliegen wie Landstraßen-Leitpfosten, butterweich in die nächste Schaltstufe getragen wird. Selbst Tempo 200 erreicht der CLS nur 0,7 Sekunden später als sein bayerischer Konkurrent.
Vom sportlichen Entertainer M5 ist der extravagante Mercedes trotzdem ein Stück weit entfernt. Das viertürige Coupé auf Basis der E-Klasse hat keine Historie, sein V8-Motor dafür umso mehr. Die sportliche Allzweckwaffe von AMG mit dem Kaliber 5,5 Liter spannt inzwischen bei 14 Modellen zwischen 360 und 626 Pferde an.
Im CLS brabbelt die bereits vom E 55 AMG bekannte 476-PS-Variante. Schon unterhalb von 2.700/min liegt dank Kompressor ein Drehmoment von 700 Nm an. Im vollen AMG-Trimm mit Waben-Frontschürze, 19-Zoll-Leichtmetallfelgen der Streitwagenklasse und vier mächtigen Auspuffrohren müssen damit auch fast zwei Tonnen bewegt werden. Trotzdem jagt der CLS mit dramatischer Durchschlagskraft aus dem Drehzahlkeller in die Ernüchterung des 250- km/h-Begrenzers.
Komfort bei Mercedes, Handling bei BMW
Auch der CLS AMG lässt sich manuell schalten, doch das Bedürfnis kommt nur selten auf. Genüsslich räkelt sich der Fahrer in den elektrischen Multikontursitzen. Das Nappaleder im knapp geschnittenen Innenraum duftet angenehm, und die Prachtkonsole mit dem mächtigen Holz-Armaturenbrett verströmt eine herrlich unprätentiöse Eleganz.
Gänzlich ungewohnt für einen Mercedes ist das agile Handling und die erstaunlichpräzise Lenkung. Noch zackiger, noch präziser steuert sich der M5. Sein Volant will aber beherzt angepackt werden. Im Normal-und Komfortmodus der stufenlosen Dämpfereinstellung pulverisiert der M5 kurvige Landstraßen.
Auch die Verzögerung gerät beim M5 zum eindrucksvollen Schauspiel nahe an der Grenze des physikalisch Machbaren. Der Mercedes bremst exakt genauso gut, das weicher ausgelegte Bremspedal lässt dies aber weniger brutal wirken. Geht es um das reine Fahrvergnügen, finden sich für beide glühende Anhänger, ohne dass ein simples Besser oder Schlechter gerechtfertigt wäre.