Mazda MPV im Test
Bisher kam der Mazda MPV nur in den USA auf nennenswerte Stückzahlen. Mit völlig neuem Fahrwerk, modernerem Design sowie mehr Platz soll der Nachfolger auch in Europa reüssieren.
Heimlich, still und leise kam der Mazda MPV 1989 auf die Welt, weilte die letzten fünf Jahre weitgehend unbeachtet auch unter uns Europäern und stahl sich in diesem Sommer genauso unauffällig wieder davon. Wegen seiner altbackenen, etwas pummeligen Statur konnte er nur wenige Freunde unter den Menschen gewinnen, doch den 4000 Familien in Deutschland, die ihn aufnahmen, wurde er zumeist eine treue, verlässliche Stütze in den Anforderungen des Alltags.
Nach dessen Rückzug aufs Altenteil wirbt nun ein gleichnamiger, aber noch unerprobter Neuling um Vertrauen. Mit seiner verhalten modernen Erscheinung entfernt er sich optisch nicht zu weit vom Vorgänger, und trotz seiner Jugend verkörpert er jene Solidität und Gediegenheit, die im Dienstleistungsgewerbe unerlässlich ist. Zudem verheißt seine als Programm gemeinte Typbezeichnung (MPV = Mehrzweckwagen) all die inneren Werte, wie sie die Van-Gemeinde von einer Großraumlimousine erwartet. Seiner Rolle als größter der drei Mazda-Vans (über Demio und Premacy) entsprechend hat der MPV in wichtigen Dimensionen zugelegt (Länge plus acht, Radstand plus vier Zentimeter), durch den Wechsel von Heck- auf Frontantrieb konnte auch der Boden eben und niedrig gehalten werden.
Mazda reklamiert gar die größte Innenlänge und hintere Kopffreiheit seiner Klasse, was jedoch zu Lasten der Sitzposition (im Fond zu niedrig) und des Kofferraums geht. Bei voller Bestuhlung bleiben nur 294 Liter übrig, als Zweisitzer wächst das Volumen gerade auf 2745 Liter (Renault Espace: 2850 Liter). Allerdings läßt sich die Transportkapazität über zahlreiche Verstell- und Ausbaumöglichkeiten fast beliebig variieren, wobei eher der Mechanismus als das Gewicht der Sitze (je 20 Kilogramm) die Demontage erschwert. Die maximale Zuladung (600 Kilogramm) reicht für ein Auto dieser Klasse aus.
Im Gegensatz zum Vorgänger kommen jetzt hinten statt konventioneller Türen zwei Schiebetüren zum Einsatz. Sie haben Vorteile beim Einsteigen in engen Parkboxen, geben aber eine nur 61 Zentimeter breite Öffnung zur mittleren Reihe frei. Noch schwieriger gestaltet sich das Entern der beiden aufpreispflichtigen Einzelsitze dahinter, denn selbst bei zusammengefaltetem und vorgeklapptem Gestühl bleibt der Durchgang sehr eng.
Hat man diese Hürde erst einmal genommen, finden Erwachsene selbst auf längeren Strecken ein gutes Raumangebot im Fond vor. Sie genießen wegen der niedrigen Gürtellinie und des nach hinten ansteigenden Wagenbodens eine gute Aussicht, die Sitze selbst sind bequem gepolstert und mit Rahmenkopfstützen ausgerüstet, aber naturgemäß kürzer und schmaler als vorn. Auch gibt es Dreipunkt- Automatikgurte nur auf den Außenplätzen. Geradezu verschwenderisch ist die Zahl der Ablagen und Staufächer bemessen – inklusive Getränkehalter für jeden Passagier und einer CDBox. Über die reichhaltige Grundausstattung hinaus (Klimaanlage, vier elektrische Fensterheber, Dachreling) hat die getestete Exclusive-Version noch Alufelgen, Nebelscheinwerfer, eine Schublade unter dem Beifahrersitz und eine Zusatzheizung im Fond mit separater Bedienung an Bord.
Die sanft geschwungene Armaturentafel wirkt gediegen und funktional, hinter dem steil stehenden Lenkrad findet man auf großen, straff gepolsterten Sitzen schnell eine entspannte Position mit gutem Überblick. Andererseits erschweren die weit vorgerückte Windschutzscheibe und die lange, stark geneigte Frontpartie besonders nach vorne das zielgenaue Einparken. An der Karosseriesteifigkeit und der Verarbeitungsqualität des in zwei Grautönen eingefärbten Innenraums gibt es indes wenig auszusetzen. Dass man sich wohlfühlt im MPV, liegt auch an seinem angenehmen Komfort.
Die Federung des schon leer 1630 Kilogramm schweren MPV absorbiert geschmeidig und gut gedämpft langgezogene Bodenwellen, allein auf kleine Querfugen reagiert sie etwas stößig. Dazu mischt sich ein leichtes Poltern beim Abrollen der Reifen unter die ansonsten niedrigen Wind- und Fahrgeräusche.
Während die Federung von hoher Zuladung weitgehend unbeeindruckt bleibt, macht sich eine volle Auslastung des Mazda bei den Fahreigenschaften durchaus bemerkbar. Zur stärkeren Seitenneigung des Aufbaus gesellt sich dann eine zunehmende Traktionsschwäche, weil das kurveninnere Vorderrad wegen des steifen Aufbaus schon mal die Bodenhaftung verliert. Zudem verhärtet sich bei spontanen Spurwechselmanövern die ohnehin etwas teigige und indirekte Lenkung um die Mittellage. Abgesehen vom wachsenden Druck mit dem Heck beim Slalom behält der MPV aber über einen weiten Bereich sein gutmütig untersteuerndes Kurvenverhalten bei.
Den VDA Ausweichtest absolviert er auch ohne ESP so sicher und flott wie etwa ein Ford Galaxy oder Peugeot 806, und die sonstige Sicherheitsvorsorge erschöpft sich nicht in serienmäßigen Front- und Seitenairbags vorn. Denn die ABS-unterstützte Bremsanlage glänzt nicht nur mit guten Verzögerungswerten, sondern bleibt auch bei hoher Belastung standfest. Anders als der Vorgänger wird der neue Mazda nur mit Schaltgetriebe und Zweiliter- Benziner geliefert. Der 122 PS starke Vierzylinder gefällt mit spontanem Antritt, guten Fahrleistungen sowie günstigem Verbrauch und wird erst über 4000/min laut. Dagegen erfüllt die unexakte Schaltung mit langen Wegen nicht die von Japanern gewohnten Standards. Sie ändert aber nichts daran, dass der MPV das Beste aus Orient und Okzident verbindet und auch hierzulande künftig mehr Beachtung verdient.