Seat León ST, Skoda Octavia Combi, VW Golf Variant
Obwohl technisch eng verwandt, unterscheiden sich die Kombis von Seat León, Skoda Octavia und VW Golf stärker als erwartet. Drei Lademeister mit 140-PS-Benzinern im Vergleich.
Aus Sicht des Skoda Octavia hätte es ruhig immer so weitergehen können: VW baut seinen kompakten Lademeister bis in alle Ewigkeit auf Golf V-Basis, während Seat Autos bringt, die sich nicht so recht zwischen Kompaktklasse und Van entscheiden können. Und wer einen ehrlichen, pragmatischen Kombi mit moderner VW-Technik sucht, kauft einfach weiterhin Skoda und fördert deren rasanten Aufstieg. Seat und VW haben jedoch kräftig nachgelegt und bieten ebenfalls Kombis der aktuellen León- und Golf-Generation, die sich ihre Technik weitgehend mit dem Octavia teilen - dessen entspanntes Leben dürfte also allmählich zu Ende gehen.
Seat Léon ST 1.4 TSI FR mit expressiven Details
Vor allem, wenn die Alternativen so gut aussehen wie der Seat León ST. Wo sonst im Konzern die schnörkellose Linie regiert, durften sich die Designer bei Seat wenigstens ein bisschen austoben, dem Kombi expressive Lichtkanten ins Blech falzen oder kleine, futuristische Spiegelgehäuse verpassen, selbst wenn diese zu Lasten der Übersichtlichkeit gehen. Dass nicht um jeden Liter Ladevolumen gefeilscht wurde, verrät die flacher stehende Heckscheibe.
So zieht der Seat Léon ST zwar beim Standardvolumen fast gleich mit seinen hauseigenen Konkurrenten, bei umgeklappter Rückbank schluckt er jedoch spürbar weniger Gepäck. Hobbyspediteure, die nicht jeden Tag Umzugskisten bis unters Dach laden, dürften dies jedoch verkraften, zumal auch bei Variabilität und Platzangebot für die Passagiere keine Abstriche nötig sind. Wie bei den Mitbewerbern lässt sich die geteilte Rücksitzlehne im Seat Léon ST mit praktischer Durchlade vom Laderaum aus entriegeln. Zudem ergibt sich ohne mühsames Sitzflächenaufstellen ein nahezu ebenes Abteil, sofern der doppelte Boden in seiner oberen Position liegt.
Heckklappe zu, wir entern den Fahrersitz. Der fällt bei Sportversion FR mit hohen Wangen und strammem Seitenhalt positiv auf, was prima zum gebotenen Temperament passt. Dynamik ist beim Seat León ST 1.4 TSI FR nämlich keine hohle Marketing-Phrase, er lebt sie vom Start weg. Durch sein vergleichsweise geringes Gewicht reichen die 140 TSI-PS, um in unter neun Sekunden auf Tempo 100 zu spurten, auch die Elastizitätswerte im langen Gang liegen immer ein paar Zehntel unter denen der identisch motorisierten Konkurrenz.
Seat Léon ST mit kultiviertem Turbo
Noch immer verblüfft der bewährte und kultivierte 1,4-Liter-Turbo im Seat Léon ST mit quirliger Drehfreude und wuchtigem Durchzug, an den sich Umsteiger von konventionellen Saug-Benzinern erst einmal gewöhnen müssen. So genügen dem Direkteinspritzer 1.500/min, um im sechsten Gang loszubeschleunigen. Zurückschalten auf der Autobahn? Überflüssig.
Auf kurvigen Landstraßen steigert Ausdrehen hingegen den Fahrspaß, der von einer direkt ausgelegten Lenkung und wuseligem Handling befeuert wird. Sowohl Slalom- als auch ISO-Wedeltest durcheilt der Seat Léon ST am schnellsten und fühlt sich eine halbe Klasse kompakter und wendiger an. Die gebotene Agilität erfreut umso mehr, da sie nicht mit knochigem Federn erkauft wird. In Stellung Komfort schlucken seine optionalen Adaptivdämpfer kurze Querfugen geschickt und kommen erst unter Beladung auf langen Wellen an ihre Grenzen.
VW Golf Variant meistert Rüttelpisten souverän
Was allerdings erst beim Umstieg auf den VW Golf Variant auffällt. Dieser nutzt als Einziger im Trio in der getesteten 140-PS-Version bereits eine komplexe Multilenker-Hinterachse statt der einfacheren Verbundlenker-Konstruktion. Nicht zuletzt deshalb absolviert der VW Golf Variant Rüttelpisten leer wie beladen souverän, ohne in schnellen Kehren mit starken Karosseriebewegungen zu verschrecken. Überhaupt lässt sich der VW Golf Variant im Grenzbereich am leichtesten beherrschen, auch weil seine Lenkung um die Mittellage nicht übertrieben spitz anspricht.
Die aufwendige Hinterachse trägt jedoch ihren Teil dazu bei, dass der VW Golf Variant knapp zwei Zentner mehr auf die Waage bringt als der nahezu gleich lange Seat León ST. Doch die Extra-Pfunde stecken nicht nur unter, sondern auch im Auto: So künden dezentere Fahrwerksgeräusche von aufwendigerer Dämmung, zudem wirkt der Innenraum des VW Golf Variant 1.4 TSI Highline mit Abstand am hochwertigsten. Ob die mit Teppich ausgeschlagenen Türtaschen, per Rollo verschließbare Cupholder, das samtig beflockte und mit einem Schloss verriegelbare Handschuhfach oder die per Knopfdruck statt Griff betätigte Handbremse: Die gebotene Detailliebe lässt vor allem den schlichteren Seat León ST, aber auch viele höher positionierte Autos alt aussehen.
Mit einem Aufschlag von rund 2.500 Euro haben derlei Qualitäten jedoch ihren Preis, den der VW Golf Variant immerhin mit der besten Serienausstattung rechtfertigt. Als Highline bringt er bereits Bi-Xenon-Scheinwerfer, Park-Piepser vorn und hinten sowie Sitzheizung mit. Deutlich mehr Platz stellt er jedoch nicht zur Verfügung: Sein maximales Kofferraumvolumen liegt ziemlich genau in der Mitte, im Fond knausert er sogar etwas an Beinfreiheit.
VW Golf Variant schluckt 7,2 L/100 km
Immerhin führen die Extrapfunde nicht zu höherem Spritkonsum. Mit 7,2 L/100 km liegt er auf dem Niveau seiner Brüder, die sich allesamt bei leichtem Gasfuß mit unter sechs Litern bewegen lassen. Angesichts ihrer Transportleistung und eisiger Temperaturen zum Testzeitpunkt ein guter Wert. Die in der Golf-Limousine angebotene TSI-Variante mit Zylinderabschaltung (ACT) ist für den Variant übrigens ebenso wenig lieferbar wie für einen seiner Huckepack-Brüder. Durch ihr höheres Gewicht würden sie den Abschalt-Modus seltener erreichen, weshalb sich der Aufwand nicht lohnt.
Skoda Octavia Combi mit dem üppigsten Raumangebot./strong>
Und der Skoda Octavia Combi. Der kontert traditionell mit dem üppigsten Raumangebot. Während sich Golf und León den Radstand teilen und in der Außenlänge nur minimal unterscheiden, genehmigt sich der Skoda Octavia Combi in beiden Disziplinen einen Nachschlag. Mitfahrer in Reihe zwei freuen sich daher über die üppigste Beinfreiheit, sein Kofferraum schluckt darüber hinaus das meiste Gepäck.
Wobei Schlucken untertrieben ist, er widmet sich akribisch dessen Unterbringung: So hindern beispielsweise vier solide Klapphaken im Skoda Octavia Combi nicht nur Taschen am Umkippen, sie nehmen auch eine Art Hängematte auf, in die nasse Kleidungsstücke oder Schirme gelegt werden können, ohne in Kontakt mit dem übrigen Transportgut zu kommen.
Und wo der unhandliche doppelte Boden bei der Konkurrenz erst mühsam herausgestemmt werden muss, lässt er sich beim Skoda Octavia Combi über einen cleveren Mechanismus mit einer Handbewegung tieferlegen. Eine breite und stufenfreie Kofferraumkante schont zudem die Bandscheiben beim Beladen und verdeutlicht, wie akribisch sich Skoda seit jeher dem Thema Transport widmet.
Skoda Octavia Combi ohne Adaptivdämpfer
Bei der Fahrwerksauslegung zeigten sich die Skoda-Ingenieure nicht ganz so fürsorglich. Vor allem kurze Verwerfungen poltern kräftig durch, was jedoch auch daran liegt, dass es für den Skoda Octavia Combi keine Adaptivdämpfer gibt. Erst beladen spricht die Federung sensibler an, die dann sogar übelste Marterstecken wegsteckt. Bei höherem Tempo stören darüber hinaus starke Windgeräusche das Komfortempfinden im Skoda Octavia Combi. Die straffe Abstimmung erlaubt jedoch eine höhere Zuladung und sorgt für problemlose Fahreigenschaften. Die besten Verzögerungswerte bei heißer Bremse schaffen zusätzliches Vertrauen.
Bis auf das Adaptivfahrwerk lässt sich der Skoda Octavia Combi 1.4 TSI Elegance umfangreich ausstatten: Vom radarbasierten Abstandstempomaten über die Spurhalteassistenten und den sehr guten Bi- Xenon-Scheinwerfern bis zur neuesten Infotainment-Generation mit großem Touchscreen ist nahezu alles an Technik zu haben, was der Konzern so zu bieten hat.
Die interne Konkurrenz künstlich klein zu halten, hat VW ganz offensichtlich nicht mehr nötig. Warum auch, schließlich liegt der Golf trotz höherem Preis jetzt auch als Kombi knapp vorn.