Exklusiver Integrierter auf Sprinter

Der Hersteller aus Bad Waldsee baut sein Sprinter-Programm weiter aus. Der B ML markiert die neue Spitze des Modellangebots. Im Test muss der fast acht Meter lange 780 seine Qualitäten beweisen.
Das ist also die Krönung. Im vertrauten und doch neuen Design mit dem zugepfeilten Bug und dem nahtlos um die A-Säulen herumgezogenen Fensterband verbindet der neue Masterline die wichtigsten Hymer-Innovationen der letzten Jahre: einen Aufbau mit beidseitig Alu-beplankten Sandwichwänden und das wegweisende SLC-Chassis, das die Längsträger in den Doppelboden integriert; dazu der Mercedes Sprinter, der mit tollem Komfort, modernen Assistenten und Frontantrieb die Reisemobilwelt erobert. Kein kleines Paket, und auch kein billiges. Logisch – ein Topmodell: 7,89 Meter lang, bis zu 4,5 Tonnen schwer, ab 104.990 Euro teuer. Das verspricht Reisekomfort vom Feinsten.
Großzügiger Einzelbetten-Grundriss
Gediegen – der erste Eindruck von innen. Der dunkle Grundton strahlt im Zusammenspiel mit den weißen Hochglanzfronten und den beigen Stehwänden eine gewisse Vornehmheit aus. Dabei ist das Interieur weit davon entfernt, modisch zu sein, sieht man von den versteckten Klappengriffen ab, die man nach einer Weile jedoch zielsicher zu fassen bekommt. Türen und Schubladen schließen sanft. Die Verarbeitung kann sich sehen lassen. Für große Menschen sollte der Hängeschrank an der Küche aber etwas weiter öffnen.
Der Länge von 7,89 Meter entsprechend ist das Raumgefühl großzügig, aber weniger überwältigend, als man erwartet. Der Seitensitz zum Beispiel dürfte schon etwas breiter sein. Die Aguti-Pilotensessel sind schnell gedreht, in der Höhe aber nicht ganz auf das Niveau der hinteren Sitzgelegenheiten zu bringen. Beim Fernsehen – ein 32-Zoll-Bildschirm verbirgt sich in der Lehne der Rückbank – stört das nicht weiter.
Am vorzüglichen Sitzkomfort spürt man die aufwendige, mehrlagige Polsterung, im Testwagen bezogen mit robustem, cremefarbenem Echtleder. Mehrere Ablagen, um schnell die Tafel frei zu räumen, befinden sich in Griffweite. Vergrößerbar ist die Platte nicht. Für zwei Gedecke reicht’s, bei vier wird es eng, doch das dürfte die Ausnahme bleiben. Für den einfachen Durchstieg ins Fahrerhaus lässt sich der Tisch immerhin weit zur Seite drehen.
Quasi im Sitzen angelt man sich ein Kaltgetränk aus dem nahen Kühlschrank. Schon cool, der doppelte Türanschlag des Dometic-Geräts. Von der Küche aus öffnet man die Tür auf der anderen Seite. Auf den Kocher passen auch größere Pfannen, weil der Topfträger die Arbeitsplatte überragt. In Reihe angeordnet bleibt vor den Flammen ein Streifen Arbeitsfläche. Die Regler sind griffgünstig an der Küchenfront angebracht. Stauraum gibt es in Fülle, ebenso Abstellmöglichkeiten.
Waschraum und Dusche liegen einander gegenüber, sind bei Bedarf bequem gleichzeitig nutz- sowie nach hinten und vorn abtrennbar. Besonders die Dusche überzeugt. Gemessen an der Grundfläche sind Waschbeckengröße und Staumöglichkeiten bescheiden. Die Ausstattung entschädigt dafür ein wenig: viele Haken, Zahnputzbecher, große Spiegel sowie eine Kleiderstange.
Geschlafen wird beim 780 in zwei Einzelbetten im Heck und einem Hubbett im Bug. Das hintere Schlafzimmer ist schick eingerichtet, die Betten sind leicht zu entern, ausreichend groß und sehr bequem. Die hübschen Schirmlämpchen lassen sich blendfrei ausrichten. Smartphones tanken an USB-Steckdosen auf. Praktisch auch: Die Oberseite der Matratzenbezüge lässt sich separat abzippen und so einfach waschen. Wer das Hubbett (1290 Euro) – mit viel Kraft – herunterzieht, findet dort zwei weitere erwachsenentaugliche Schlafplätze.
Techik erwartungsgemäß sehr hochwertig
Mangel an Stauraum dürfte kaum ein ML-Käufer beklagen. Der große Kleiderschrank bietet allein mehr Volumen als viele Kastenwagen insgesamt. Dazu kommen etliche weitere Gepäckräume bis zur riesigen Garage, die mit zwei Fahrrädern geradezu unterfordert wirkt. Die Zuladung passt, zumal in der aufpreisfreien 4,5-Tonnen-Variante. Die Anhängelast ist jedoch vergleichsweise niedrig.
Technisch erfüllt der ML hohe Ansprüche. Der Aufbau ist sauber verarbeitet. Im Doppelboden lagern frostsicher die großen Wassertanks. Das Batterie-Paket mit dem zusätzlichen Lithium-Akku sorgt für mehrere Tage Unabhängigkeit vom Netz, insbesondere in Verbindung mit einer Solaranlage. Über den ganzen Wohnraum verteilen sich 230-V- und USB-Steckdosen. Die Beleuchtung ist hübsch und praktisch. Zur serienmäßigen Alde-Warmwasserheizung empfiehlt sich Wintercampern das Arktis-Paket; dann ist sogar der Riffelblechboden in der Garage beheizt.
Was sich bemängeln ließe, ist schnell erzählt. Das Kontrollpanel ist so simpel, dass Hymer es wohlweislich hinter einer Klappe versteckt. Eine Zentralverriegelung gibt es lediglich gegen Aufpreis.
Anders als die Größe vermuten lässt, fährt der ML erstaunlich gewandt. Dabei helfen die leichtgängige Lenkung und der energische 177-PS-Motor (1690 Euro) mehr als die etwas gewöhnungsbedürftigen Sichtverhältnisse. Die Automatik sortiert die neun Gänge sanft und treffsicher, lässt sich von den Schaltpaddeln am Lenkrad aber nicht immer beeindrucken. Bergab hält der Sprinter lang das Tempo, so dass die Fuhre einem nicht davonläuft. Der angenehme Abstandregeltempomat entspannt das Fahren auf langen Strecken. Der Federungskomfort beeindruckt weniger als erwartet: Über Querfugen etwa poltert die Vorderachse überaus hölzern und schüttelt dabei den ganzen Aufbau so kräftig durch, dass Nebengeräusche nicht ausbleiben. Zum Glück weitgehend die einzigen in diesem Test.
Basisinformationen Hymer B-Klasse ML 780
Grundpreis ab: 104.990 Euro Testwagenpreis: 140.510 Euro Länge/Breite/Höhe: 7,89/2,35/2,96 m Zul. Gesamtgewicht: 4430 kg Gurte/Schlafplätze: 4/4
Wertung