Wohnmobil-Tour obere italienische Adria

Viele Leute machen es sich ja ganz einfach: Adria = Im Sommer die Hölle; Alles ist voll, alles ist teuer, alles ist laut. Aber in der Vorsaison? Ist alles ganz anders. Unterwegs von Venedig nach Rimini im Mai.
+++ Die Reise führt weiter nach Ravenna, Rimini und zur Abtei von Pomposa. Folge 2 dieser Mobil-Tour lesen Sie in promobil Ausgabe 05/2016. Beide Teile können Sie kostenpflichtig als PDF-Download herunterladen. +++
Ruhig und friedlich liegt heute das Meer in der Lagune von Goro. Die Sonne traut sich nur zögernd durch den Nebel des Morgens hervor. Ein paar Fischerboote tuckern hinaus. Das Ufer verschwindet schnell wieder hinter einem weichen Schleier. „Die Lagune von Goro ist ein kleines Paradies“, sagt Stefania Carli, die Kapitänin unseres Schiffes, der Albatros II, mit dem wir vor etwas mehr als einer Stunde in Porto Garibaldi gestartet sind. „Schauen Sie genau hin“, sagt sie, „Fischreiher, Seidenreiher, Blässhühner und Moorfalken begleiten uns.“
Das Licht, das Wasser, der Geruch – all das nimmt einen sofort gefangen. Stundenlang könnte man an Deck stehen und einfach nur zuschauen: den Fischern zum Beispiel, die ihre Ernte einholen. Wir wollen im Mai die ruhige Seite der Adria erkunden – weg vom Strand ins Hinterland. Die Naturschutzgebiete im Mündungsdelta des Po, die Valli di Comacchio und die Badeorte in der Zeit, in der noch nicht viel los ist. Ausgangspunkt für den ersten Part ist das Städtchen Comacchio und die Lidi di Chomacchio – das sind sieben Strand-Vororte, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der Hafen von Porto Garibaldi liegt mittendrin. Es gibt in der Gegend eine ganze Reihe schöner Stell- und Campingplätze. Jetzt, in der Vorsaison, und später wieder im Herbst ist es hier ruhig, ja fast verschlafen. In den Orten erleben wir gelassenen Alltag all’ italiana. Viel zu entdecken hier:Mit dem Fahrrad erkunden wir an einem Tag die Valli die Comacchio, das sind flache Salzwasser-Seen, zwischen denen ein weites Netz an gut ausgeschilderten Radwegen führt, vorbei an den Casoni, Fischerhütten, mit weit ausladenden Netzen. Vorbei auch an Italiens größter Flamingo-Kolonie.
Auch das Städtchen Comacchio selbst ist einen Besuch wert. Es ist einst durch die gute Verkehrsanbindung auf dem Po und durch den Salzhandel reich geworden und war vor langer Zeit mal drauf und dran, Venedig den Rang abzulaufen. Hat aber nicht geklappt, wie wir wissen. Aber: Kunstvolle Brücken überspannen die Kanäle zwischen den 13 Inseln, auf denen die Stadt gebaut ist. Besonders imposant ist die Brücke „Treponti“ aus dem 17. Jahrhundert, deren Treppenrampen sich über vier kreuzende Kanäle spannen.
Die Albatros II startet jeden Tag in Porto Garibaldi. Die Fahrt führt zuerst an der Küste entlang, dann durch die Buchten und Kanäle des Po-Deltas. Hier münden der Po di Goro und ein Stück weiter der Po di Volano ins Mittelmeer, zwei von mehreren Armen, mit denen der größte Fluss Italiens 625 Kilometer von seiner Quelle entfernt das Po-Delta bildet. Der Fluss hat das Land zerteilt in weite Schilfflächen, kleine Inselchen, Sümpfe, Kanäle und immer wieder auch in weite Wasserflächen. Das Mündungsdelta zählt heute zu den wertvollsten Naturschutzgebieten in Europa mit einer einzigartigen Flora und Fauna. Hier fühlen sich nicht nur Vögel sehr wohl, sondern auch Meeresgetier aller Art.
Die Fahrt mit der Albatros II ist eine gemütliche Angelegenheit. Die sympathische junge Kapitänin strahlt und erzählt auf Deutsch und auf Italienisch, was es mit diesem ganz besonderen Stück Natur auf sich hat. Um die Mittagszeit legt das Schiff für eine Stunde in einer ruhigen Schilfbucht am Rande der Fahrrinne an. Serviert wird ein einfaches, aber feines Menü – mit frischen Meeresfrüchten aus dem Mündungsdelta, dazu gibt es Wasser und Weißwein – eine Mischung, die nicht nur die freundlichen italienischen Rentner an den Nebentischen glücklich macht.
Die Albatros II legt dann noch an der Isola dell’Amore an. Zeit für einen Spaziergang auf dieser einsamen Sandinsel im Mündungsdelta – mit einem markanten Leuchtturm. Nach drei Stunden macht sich die Albatros II wieder auf den Rückweg in Richtung Porto Garibaldi. Aus dem Lautsprecher an Bord klingt Salsa-Musik, unsere italienischen Mitfahrer tanzen am Oberdeck – und die Mannschaft, die nichts mehr zu servieren hat, tanzt einfach mit. Kapitänin Stefania wippt im Takt mit und steuert die Albatros II in gemütlichem Tempo an der Küste entlang zurück, nach Porto Garibaldi. Ein schöner Sonnentag – es bleibt der Eindruck einer ganz anderen Adria. Kein Teutonengrill weit und breit.