So gefährlich ist Social Media wirklich

Soziale Medien wie Facebook, TikTok und Instagram können Depressionen verursachen und weitere negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben. In diesem Artikel erfahren Sie, warum das der Fall ist. Sie erhalten Tipps zum Schutz Ihrer psychischen Gesundheit - inklusive einiger App-Empfehlungen für mehr innere Ruhe!
In Deutschland begann alles recht harmlos: Unser erstes deutsches "soziales Netzwerk" war "StudiVZ" (gestartet 2005), und es dauerte nicht lange, bis es erfolgreich wurde. Das Erstellen persönlicher Profile, das gezielte Suchen nach bekannten Personen oder Freunden sowie das Anlegen von Fotoalben waren äußerst beliebte Funktionen, was zu einem schnellen Anstieg der Nutzerzahlen führte. In seinen besten Zeiten hatte die Plattform stolze 16 Millionen Nutzer - eine wahre Erfolgsgeschichte.
Vielleicht war es jedoch auch ein Vorzeichen, denn obwohl das StudiVZ am Ende gegen Konkurrenten wie Facebook oder Instagram nicht bestehen konnte, hat es uns doch die enorme Anziehungskraft der sozialen Medien deutlich gezeigt. Und diese Anziehungskraft besteht bis heute unvermindert, wenn nicht verstärkt fort: Laut Statista nutzen weltweit etwa 4,9 Milliarden Menschen das Internet - und von ihnen sind 4,6 Milliarden Menschen regelmäßig in sozialen Netzwerken aktiv. Diese Menge entspricht rund 94 Prozent der aktiven Surfer - also nutzt praktisch jeder, der das Internet nutzt, soziale Medien.
Es ist nicht überraschend, dass immer mehr Berichte und Studien auch die negativen Folgen von Twitter, Facebook und Co. aufzeigen. Depressionen, soziale Isolation sowie Gefühle von Einsamkeit oder Angststörungen sind bei exzessivem Gebrauch von sozialen Medien keine Seltenheit und betreffen Nutzerinnen und Nutzer jeden Alters und aus allen sozialen Schichten. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Gefahren für die mentale Gesundheit in sozialen Netzwerken lauern und wie Sie sich davor schützen können.
Social Media bewusster nutzen - Schützen Sie sich mit diesen Tipps
Soziale Medien haben zweifellos positive Aspekte und können uns dabei helfen, mit anderen in Verbindung zu bleiben oder schöne Erlebnisse zu teilen. Es ist nicht notwendig, alle Social-Media-Konten zu löschen oder das Internet komplett zu meiden, um sich vor den negativen Auswirkungen zu schützen. Es gibt jedoch einige einfache und sinnvolle Tipps, um einen besseren, nachhaltigeren Umgang mit sozialen Netzwerken zu pflegen, ohne dabei in eine digitale Überlastung zu geraten.
- Grenzen einziehen: Obwohl es naheliegend und logisch ist, gestaltet sich das Setzen von Grenzen bei der Nutzung von sozialen Medien oft als schwierig. Viele Probleme resultieren aus einem Überkonsum, bei dem wir zu viel Zeit mit dem Durchscrollen von Feeds, der Teilnahme an Diskussionen oder dem Vergleichen mit professionellen Selbstdarstellern verbringen. Es ist ratsam, sich selbst Zeitlimits zu setzen und diese konsequent einzuhalten. Zudem kann es eine gesunde Strategie sein, an bestimmten Tagen in der Woche komplett auf den Gebrauch zu verzichten.
- Die richtigen Kontakte pflegen: Bei der Auswahl unserer Kontakte im Privatleben nehmen wir uns oft Zeit, um zu überlegen, mit wem wir tatsächlich unsere Zeit verbringen möchten. Es ist ebenso wichtig, eine solche Auswahl in sozialen Netzwerken zu treffen. Wenn wir stundenlang den Lebensstil scheinbar schlanker, wohlhabender und attraktiver Influencer verfolgen, die von einem Luxusurlaub zum nächsten jetten, besteht die Gefahr, den Wert unseres eigenen Lebens zu relativieren. In solchen Fällen kann es hilfreich sein, in sozialen Medien ähnlich wie im Freundeskreis nach echtem Austausch zu suchen, anstatt vorgetäuschte und nicht reale Welten zu bewundern.
- Negatives meiden: Natürlich ist es einfacher gesagt als getan. Auf Twitter muss man sich jedoch nicht zwangsläufig mit Personen streiten, die beispielsweise gegen das Frauenwahlrecht sind oder die Todesstrafe befürworten. Um Hass und Mobbing entgegenzuwirken, kann es hilfreich sein, Profile auf privat zu stellen oder nur ausgewählte, real existierenden Personen das Hinterlassen von Kommentaren auf eigenen Seiten zu ermöglichen. Dadurch kann man eine gewisse Kontrolle über den eigenen digitalen Raum behalten und unerwünschte negative Einflüsse minimieren.
- Keine Mediennutzung im Bett - oder kurz vor dem Einschlafen: Es wird generell nicht empfohlen, sich vor dem Schlafen mit Displays zu umgeben. Es ist jedoch besonders schlecht, die Flut von Posts, schriller TikTok-Videos oder aggressiver Diskussionen mit ins Bett zu nehmen. Schlafen Sie gut.
Die Gefahren der sozialen Medien
Es gibt mittlerweile wissenschaftliche Beweise dafür, dass soziale Medien negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben können, was zuvor nur spekuliert wurde. Zahlreiche internationale Untersuchungen haben dies bestätigt. Eine kürzlich veröffentlichte Studie im Journal of Affective Disorders Reports (Dezember 2022) liefert hierzu wichtige Erkenntnisse. Um Ihnen einen Überblick zu geben, fassen wir zwei bedeutende Ergebnisse der Forscher in einem Satz zusammen:
Die Nutzung von sozialen Medien kann unabhängig von individuellen Persönlichkeitsmerkmalen zu Depressionen führen, wie Forschungsergebnisse zeigen. Als möglicher erster Schritt zur Intervention sollte die Reduzierung der Häufigkeit der Nutzung sozialer Medien in Betracht gezogen werden, da hier das Motto "Weniger ist mehr" gilt. Jedoch ist es leider nicht so einfach, die Problematik durch einfaches Schließen von Browsern und Apps zu lösen. Die Thematik ist komplex und wir werden genauer betrachten, auf welche Art und Weise Twitter, Facebook und andere Plattformen negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben können.
Der Vergleich mit anderen kann der Psyche schaden
Das Kernproblem liegt möglicherweise hier: Bei sozialen Medien dreht es sich quasi immer darum, anderen Teile des eigenen Lebens zu zeigen. Anerkennung oder Respekt und sozialer Status hängen dann davon ab, wie klug man sich und sein Leben inszeniert und wie beneidenswert - oder im "besten Fall" sogar nachahmungswürdig - die geteilten Beiträge im Feed von Bekannten, Freunden oder Followern erscheinen. Konsumierende solcher geteilter Inhalte werden unweigerlich dazu bewegt, sich mit den dargestellten und manchmal sogar mit professioneller Hilfe inszenierten Lebensinhalten von anderen Menschen zu vergleichen. War der letzte Urlaub, den ich gemacht habe, auch so unglaublich? Kann ich mir dieses bemerkenswerte Auto eigentlich auch leisten? Bin ich auch so schön?
Selbst wenn wir für uns einige dieser Fragen bejahen, kann schon durch die tolle Inszenierung solcher Dinge ein anderes Bild des Lebens in unserem Kopf entstehen. In solchen Posts fehlt dabei im Regelfall jede Spur von Realismus und Negativem. Wenn dazu Likes und Kommentare folgen, werden die Beiträge auf dem eigenen Radar umso toller - und unser eigenes Leben dabei langweiliger und teilweise beinahe unbedeutend und leerer. Es kann zu Neid, zu Unzufriedenheit oder sogar zu Minderwertigkeitsgefühlen führen.
Die Enthüllungen der Facebook-Files
Etwa drei Milliarden Menschen auf der ganzen Welt nutzen regelmäßig die Plattformen von Tech-Visionär Mark Zuckerberg. Darunter sind Facebook, Instagram oder WhatsApp. Die Tatsache, dass unser virtuelles, "soziales" Leben im gewissen Maße einzig dem Willen eines einzigen Menschen unterliegt, beunruhigte viele Kritiker schon lange Zeit. Seit die Whistleblowerin Frances Haugen 2021 mit brisanten Dokumenten aus dem Inneren des Konzerns an die Öffentlichkeit trat, müssen wir den Skeptikern wohl glauben: Es war intern schon lange bekannt, dass besonders Jugendliche und Kinder auf Plattformen wie dem beliebten Portal Instagram psychische Schäden erleiden können.
Die veröffentlichten Dokumente und Studien zeichnen ein erschreckendes Bild: Sie zeigen etwa, dass etwa ein Drittel der Jugendlichen, die mit psychischen Erkrankungen kämpfen, nach der Nutzung von Instagram noch schlechter abschneiden und dabei unter dem Zwang stehen, sich anzupassen und dem herrschenden, gesellschaftlichen Zwängen nachzueifern. Sie zeigen, dass das Unternehmen sich dieser Auswirkungen bewusst war - sie jedoch offenbar weitgehend ignoriert hat, um das eigenen Geschäftsmodell nicht zu beschädigen.
Intern war bereits bekannt, dass Facebook-Posts zur Gewaltverbreitung beitragen, dass großzügig Falschinformationen verbreitet wurden und gezielt Beiträge verteilt worden sind, die bei Nutzern eine besonderes große Wut auslösen. Die Dokumente zeigen auch, dass der Facebook-Algorithmus Beiträge mit Bezügen zu Essstörungen oder Fotos von gezielten Selbstverletzungen an minderjährige oder junge Nutzer weiterleitet. Mit teilweise dramatischen Folgen.
Doomscrolling - Scrollen, bis der Arzt kommt
Das Phänomen des "Doomscrolling" bezieht sich nicht ausschließlich auf soziale Medien, kann aber auch dort auftreten: Es bezeichnet den zwanghaften und übermäßigen Konsum von negativen Nachrichten mit potenziell gesundheitsschädlichen Auswirkungen. Entwicklungshistorisch betrachtet lässt sich diese Affinität zu schlechten Nachrichten und potenziellen Gefahren gut erklären: Für unsere Vorfahren war es von lebenswichtiger Bedeutung, Risiken größtmögliche Aufmerksamkeit zu schenken. Einfach ausgedrückt: Das Annähern eines Raubtiers durften unsere Ahnen nicht ignorieren, ansonsten wäre es wohl ungemütlich geworden.
Das Phänomen des "Doomscrolling" hängt zudem mit einer weiteren menschlichen Eigenschaft zusammen, nämlich der sogenannten "Negativen Voreingenommenheit": Dieser psychologische Mechanismus führt dazu, dass wir stärker von negativen Nachrichten beeinflusst werden als von positiven Meldungen. Selbst wenn wir also sowohl positive als auch negative Nachrichten konsumieren, kann dies einen negativen Einfluss auf unser mentales Wohlbefinden haben.
Dieses Phänomen lässt sich dabei auf die heutige Zeit und die Feeds in sozialen Netzwerken übertragen. Zwar geht es dort nicht primär um die typischen Nachrichten. Allerdings: Interpretieren wir einen Beitrag negativ, etwa weil wir meinen, dass der Poster ein besseres Leben führt als wir selbst, mehr Freunde hat oder eine bessere Figur besitzt, dann empfindet unser Unterbewusstsein dies durchaus als eine Art negative Nachricht.
Aufgrund unserer angeborenen Vorliebe für negative Nachrichten folgen wir diesen Inhalten grundsätzlich bewusster. Das Problem wird dazu noch von sogenannten Content-Filtern und intelligenten Algorithmen verstärkt. Sie unterstützen uns dabei, genau diese Art von Inhalten zu konsumieren.
Vielfach können auch Nachrichtenagenturen und Pressehäuser mit diesem Phänomen in Verbindung gebracht werden - schlechte Nachrichten verkaufen sich eben einfach besser.
Cybermobbing wird durch soziale Medien erst möglich gemacht
Nicht nur Kinder und Jugendliche sind stark von Cybermobbing betroffen - obwohl diese Altersgruppen möglicherweise am stärksten betroffen sind. Auch unter Kolleginnen und Kollegen kann es schnell zu heftigen Angriffen auf das Selbstwertgefühl und die persönliche Ehre kommen. Dabei sind die Voraussetzungen im Internet für Mobbing ideal: Täter können anonym agieren und ihre Opfer angreifen und die Resultate sind sofort für alle Schadenfreudigen sichtbar. Darüber hinaus müssen sie sich nicht einmal mit den Konsequenzen ihres Handelns auseinandersetzen - das Leid ihrer Opfer spielt sich in der Regel vor dem heimischen Bildschirm ab.
Besonders bekannte Fälle wurden unlängst untersucht, wie die ständigen Angriffe auf den YouTuber "Drachenlord".
Je größer die Nutzungsdauer, desto stärker der Einfluss
In einer groß angelegten Studie wurden über einen Zeitraum von vier Jahren die Auswirkungen von sozialen Medien auf Teenager untersucht. Die Ergebnisse zeigten negative Auswirkungen. Besonders die seelische Gesundheit der Probanden wurde durch lange Nutzung in Mitleidenschaft gezogen. Eine wichtige Beobachtung der Wissenschaftler war, dass die schädlichen Effekte nicht allein darauf zurückzuführen sind, dass bei übermäßigem Konsum mitunter zu wenig Zeit für normale, soziale Aktivitäten bleibt. Das Treffen mit Freunden im echten Leben, Sport oder die Zeit mit der Familie wurden aus dem Fokus verbannt.
Die seelischen Gefahren resultieren häufig aus dem Vergleich mit anderen, der zu negativen Selbstbildern führt, insbesondere wenn man die anderen als privilegierter oder glücklicher einschätzt als sich selbst. Das klare Fazit der Untersuchung lautet: Je länger die Jugendlichen in sozialen Medien unterwegs waren, desto höher war ihr Risiko, seelische Erkrankungen zu erleiden.
Mit Apps für mehr mentale Gesundheit
Um mit dem Chaos, der Unruhe oder den negativen Gefühlen umzugehen, die mit der Nutzung sozialer Medien einhergehen können, gibt es inzwischen eine Reihe erfolgreicher Apps. Im Folgenden präsentieren wir Ihnen eine Auswahl hilfreicher Anwendungen.
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7Mind
Mit 7Mind haben wir die Möglichkeit zu lernen, nach hektischen oder stressigen Situationen zu relaxen oder besser in den Schlaf zu kommen, falls uns das sonst schwerfällt. Die App bietet Hunderte von Meditationsübungen und lenkt unseren Fokus auf positive Aspekte des Lebens wie Gelassenheit oder Dankbarkeit. Die Stiftung Warentest hat die App bereits als nützlich bewertet. Auch für Schulkinder gibt es spezielle Programme. Mit den sogenannten "SOS-Meditationen" können wir in herausfordernden Momenten kurzfristig Ruhe und Entspannung finden.
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MindDoc
MindDoc möchte insbesondere Menschen unterstützen, die unter hohem mentalen oder psychischer Druck stehen. Mit der App können wir die aktuelle Stimmungslage protokollieren, unser Verhalten reflektieren und Muster erkennen, die uns helfen, negative Gedanken bewusst wahrzunehmen und ihnen entgegenzuwirken. Durch das Beantworten persönlicher Fragen erarbeitet das Programm individuelle Therapiepläne und bietet ein umfangreiches Angebot an verschiedenen Kursen zur Konfliktlösung. Die App ist grundsätzlich zwar kostenlos, jedoch gibt es einige In-App-Käufe.
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Headspace
Headspace ist eine App, die sich auf Meditation spezialisiert hat und uns dabei unterstützen soll, Hektik, Stress und negativen Emotionen entgegenzuwirken. Die App bietet geführte Achtsamkeitsübungen, Kurse und Meditationen. Selbst mit wenig Zeit können wir hier in wenigen Minuten innere Ruhe finden, und es gibt auch ausführlichere Meditationen für den Feierabend. Insbesondere für Anfänger ist die benutzerfreundliche App gut geeignet, und es stehen auch Einschlafhilfen zur Verfügung. Die App kann im monatlichen Abo für 12,99 Euro genutzt werden, es gibt jedoch auch ein Freemium-Modell und das Jahresabo mit deutlichem Rabatt.
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Mindshine
Mit Mindshine können wir daran arbeiten, Selbstzweifel, negative Emotionen und ungesundes Verhalten zu vermeiden. Die App bietet Kurse und Übungen, um unser persönliches Wohlbefinden zu verbessern, unser Selbstwertgefühl zu stärken und uns beizubringen, mit Stress umzugehen, ohne uns davon überwältigen zu lassen. Es stehen 25 virtuelle Kurse zur Verfügung, eine Art Tagebuch hilft dabei, die eigenen Gefühle im Blick zu halten und viele Inhalte helfen uns dabei, unsere Wahrnehmung von äußeren Einflüssen auf uns selbst zu lenken. So sollen negative Ereignisse weniger Einfluss auf uns haben. Die App kann im Abonnement für etwa 13 Euro pro Monat genutzt werden, es gibt Rabatte für das Jahresabonnement und auch ein Einmalkauf ist möglich.
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Calm
Calm ist eine App, die Nutzern dabei helfen möchte, zur Ruhe zu kommen. Oft bemerkt man die Hektik und Unruhe, die mit der intensiven Nutzung sozialer Medien einhergehen kaum. Später, wenn man dann unruhig im Bett liegt oder von negativen Stimmungen überwältigt wird, werden die Probleme umso deutlicher. Calm unterstützt uns dabei, Ängste aktiv anzugehen, Stress zu lindern und ungesunde Gewohnheiten zu verlieren. Die App legt einen besonderen Fokus auf die Entwicklung von Dankbarkeit, die Stärkung des Selbstwertgefühls und bietet verschiedene Meditationen an. Darüber hinaus sind etwa 100 Schlafgeschichten verfügbar. Die App kann einen kostenlosen Testmonat genutzt werden und danach kostet das Jahresabonnement etwa 60 Euro.