Billigtarif bei Flugbuchung: Stornierung erlaubt?
Viele Flugunternehmen bieten Flüge mittlerweile zu verschiedenen Tarifen an. Beim Billigtarif zahlt der Urlauber zwar weniger, dafür kann er die Tickets häufig nicht mehr stornieren und auch nicht mehr umbuchen.
Wird dagegen die teurere Tarifvariante gewählt, bleibt der Fluggast bei Stornierung und Umbuchung flexibler. Wer sich für den Billigtarif entschieden hat und den Flug doch nicht antreten kann, stellt sich regelmäßig die Frage, welche Rechte er nun hat.
Online-Flugbuchung mit Folgen
Kurz nach Weihnachten 2015 buchte ein Familienvater über das Online-Buchungssystem einer Fluggesellschaft Flüge für sich, seine Frau und seine beiden Kinder. Die Reise nach Los Angeles sollte am 06.07.2016 beginnen – allerdings stornierte das Familienoberhaupt die Flüge am 12.02.2016 wieder. Auch verlangte er die vollständige Rückzahlung der Flugkosten, was die Gesellschaft aber ablehnte.
Sie wies den Familienvater darauf hin, dass er sich bei der Flugbuchung für den Tarif „Economy Basic“ entschieden habe, der günstiger sei, aber auch weniger flexibel bei der Stornierung. Nach Auswahl dieses Tarifs könne der Urlaubswillige das Feld „Erstattung“ öffnen – dort werde erläutert, dass eine Stornierung nicht möglich sei und bei Nichtantritt des Flugs lediglich die nicht verbrauchten Gebühren und Steuern erstattet werden. Mehr Flexibilität bei der Stornierung hätte der Familienvater bei der Auswahl des Tarifs „Economy Basic Plus“ gehabt.
Das Familienoberhaupt war jedoch der Ansicht, dass die Vorgehensweise des Flugunternehmens unwirksam ist, und klagte vor Gericht die Rückzahlung des Flugpreises in Höhe von ca. 3652 Euro ein.
Fluggesellschaft muss Flugpreis erstatten
Das Amtsgericht (AG) Köln gab dem Familienvater größtenteils recht – er hatte den Flugbeförderungsvertrag mit dem Flugunternehmen wirksam gekündigt und konnte daher den Flugpreis in Höhe von ca. 3469 Euro zurückverlangen.
Stornierung war rechtlich zulässig
Der Familienvater konnte den Flugbeförderungsvertrag nach § 649 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kündigen. Nach dieser Vorschrift darf ein Unternehmer dann zwar die vereinbarte Vergütung behalten – er muss sich unter anderem aber den Betrag anrechnen lassen, den er sich aufgrund der Kündigung erspart hat.
Die Fluggesellschaft musste vorliegend die vierköpfige Familie nach der Kündigung nicht mehr nach Los Angeles transportieren. Daher wäre sie nun verpflichtet gewesen, nachzuweisen, welche Vergütung ihr trotz der Kündigung noch zusteht. So hätte sie z. B. darlegen können, dass der Flieger während der Zeit zwischen der Kündigung und des Abflugdatums nie ausgebucht war, also die vier frei gewordenen Plätze daher nicht neu besetzt werden konnten, und sie daher einen Vergütungsausfall erlitten hat. Weil sie Derartiges aber nicht vorgetragen hatte, war § 649 Satz 3 BGB anzuwenden, wonach vermutet wird, dass der Unternehmer lediglich 5 % der Vergütung behalten darf, also vorliegend ca. 183 Euro (5 % von 3652 Euro).
Kündigungsausschluss war unwirksam
Die Kündigungsmöglichkeit nach § 649 BGB war auch nicht wirksam ausgeschlossen worden. Zwar konnte der Familienvater im Online-Buchungssystem zwischen zwei verschiedenen Tarifen – „Economy Basic“ und „Economy Basic Plus“ – wählen. Damit hat er aber die Vertragsklausel zur Stornierung.möglichkeit nicht individuell mit der Fluggesellschaft ausgehandelt.
Das wäre nämlich nur möglich, wenn der Buchende eigene Textvorschläge machen – den Vertragsinhalt also mitbestimmen – könnte. Hier jedoch hat das Flugunternehmen nach dem „Alles-oder-Nichts“-Prinzip den Buchenden nur zwei Tarife zur Verfügung gestellt, aus denen gewählt werden konnte. Weil der „Economy Basic Plus“-Tarif mit der flexiblen Stornierung.möglichkeit aber erheblich teurer war als der Billigtarif, spielte er für die Urlaubswilligen keine wirkliche Rolle.
Der Kündigungsausschluss stellte somit vielmehr eine allgemeine Geschäftsbedingung dar, die den Familienvater unangemessen benachteiligte und deshalb unwirksam war. Denn die Fluggesellschaft durfte nicht pauschal sämtliche Flugkosten – abgesehen von den Steuern und Gebühren – einbehalten, ohne dem Familienvater die Chance zu geben, nachzuweisen, dass der Anspruch der Fluggesellschaft auf die Vergütung nicht bzw. nicht in dieser Höhe existiert.
Letztlich war der Kündigungsausschluss und das pauschale Einbehalten der Flugkosten aus einem weiteren Grund unwirksam: Die Vergütung war im Fall der Stornierung unangemessen hoch. Hätte die Fluggesellschaft die vier Plätze neu besetzen können, hätten sie die Ticketkosten zweimal „eingestrichen“: einmal von den neuen Fluggästen und ein weiteres Mal vom klagenden Familienvater. Und die Wahrscheinlichkeit, dass die vier Tickets erneut gebucht werden, war angesichts der Tatsache, dass der Familienvater den Flugbeförderungsvertrag Monate vor dem Abflugdatum gekündigt hatte, gar nicht so gering.
Daher durfte das Flugunternehmen nicht den vollen Flugpreis behalten, sondern nur ca. 183 Euro. Den Rest, also ca. 3469 Euro, musste es an den Familienvater zurückzahlen.
(AG Köln, Urteil v. 19.09.2016, Az.: 142 C 222/16)
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