Fußball, Joggen, Kickboxen – Droht die Kündigung bei zu viel Sport?

Leistungsfähiger, ausgeglichener, gesünder, produktiver: alles Assoziationen, die sich gerne mit sportlichen Menschen verbinden. Auch Arbeitgeber sehen aktive Mitarbeiter mehrheitlich positiv. Von denen nennen wiederum viele gern Sportarten im Lebenslauf – oft ist es Fußball, Joggen oder Tennis. So mancher mag es auch extremer. Egal, ob jemand boxt oder Bälle jagt – bei Verletzungen sinkt die Begeisterung im Betrieb bei Arbeitsausfällen. Ist auch dann Lohn fortzuzahlen? Lassen sich ständig verletzte Mitarbeiter gar kündigen?
Kein Lohn bei eigenem Verschulden?
Beschäftigte haben bei Krankheit bekanntermaßen Anspruch auf Entgeltfortzahlung – allerdings nur bei unverschuldeter Erkrankung. Wortwörtlich genommen ließe sich die Lohnfortzahlung danach leicht verweigern. Es würde reichen, sich beispielsweise beim allzu beschleunigten Bergab-Biken die Beine zu brechen – doch so einfach ist es mit Blick auf die geltende Rechtsprechung nicht. Denn ob verschuldet oder unverschuldet ist von Mensch zu Mensch und von Sport zu Sport verschieden.
Sich beim Sport selbst überschätzt?
Fürs Bundesarbeitsgericht in Erfurt liegt die Schwelle fürs Verschulden hoch. Das oberste deutsche Arbeitsgericht verlangt, dass sich ein Arbeitnehmer schon erheblich selbst überschätzt hat, um seine Lohnfortzahlung zu riskieren. Sorgen machen muss sich danach, wer sich deutlich über seine Kräfte und Fähigkeiten sportlich betätigt und infolgedessen verletzt hat. Allerdings: Untrainiert Fußball spielen, unerfahren Skifahren oder auf ein Pferd schwingen reicht dafür nicht. Schnell ändern kann sich das aber für jene, die gleich auf die schwarze Piste gehen oder sich am Springreiten versuchen. Sich selbst überschätzen dürfte auch, wer unvorbereitet einen Marathon oder alpines Bergsteigen bestreitet.
Gegen anerkannte Regeln verstoßen?
Neben der Selbstüberschätzung gefährden auch schwere Regelverstöße die Lohnfortzahlung. Nicht nur der Fairness und eigenen Sicherheit zuliebe sollten Sporttreibende die anerkannten Regeln einer Sportart besser nicht grob und leichtsinnig missachten. Dazu zählt es auch die für die Ausübung vorgeschriebene Schutzkleidung, wie etwa beim Eishockey einen Helm, anzulegen. Bei alldem gilt: Will der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung wegen krasser Selbstüberschätzung oder Regelverletzung verweigern, muss er sie im Streitfall beweisen.
Bei Extremsportart automatisch Lohnverlust?
Besonderes gilt für Verletzungen bei Extremsportarten, also besonders gefährlichen Sportart.n. Denn bei diesen genügt bereits die Ausübung, damit Gerichte ein Verschulden bejahen. Diese entscheiden dabei jedoch nicht anhand einer Liste besonders gefährlicher Sportart.n. Vielmehr entscheidend ist das Verletzungsrisiko einer Sportart. Ist es so hoch, dass auch erfahrene Sportler bei Beachtung aller Regeln es nicht beherrschen können, ist von einer besonderen Gefährlichkeit auszugehen. Auch hier muss der Arbeitgeber die besondere Gefährlichkeit beweisen. Auf diese Weise als besonders gefährlich eingestuft wurde Kickboxen. Verneint wurde es dagegen für normales Boxen bei Betreuung durch einen Trainer. Dasselbe gilt bei Beachtung der Sicherheitsvorkehrungen und Regeln für Motorsport und Drachenfliegen.
Häufige Verletzungen als Kündigungsgrund?
Nehmen die Verletzungen überhand, setzen Arbeitnehmer nicht nur die Lohnfortzahlung aufs Spiel, sondern gleich ihren Arbeitsplatz. Arbeitsausfälle in unzumutbarem Ausmaß können durchaus eine krankheitsbedingte Kündigung rechtfertigen. Aus Sicht des Arbeitgebers muss eine Vorhersage ergeben, dass der Mitarbeiter seine Arbeitspflichten künftig nicht mehr erfüllen kann bzw. wird. Entscheidend dafür ist insbesondere das Mitarbeiterverhalten. Mitarbeiter, die nicht von ihren sportlichen Aktivitäten lassen, obwohl sie sich regelmäßig verletzen, schießen zugunsten des Arbeitgebers aufs eigene Tor. Denn belasten die verletzungsbedingten Ausfälle das Unternehmen wirtschaftlich erheblich oder beinträchtigen sie betriebliche Abläufe, hängt die rote Karte für den sportbegeisterten Arbeitnehmer nur noch von einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit und Interessenabwägung ab.
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